Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
durchbrach das Schweigen. »Ich habe gehört, Lady Mary Pierreponts Vater plant, sie mit Clotworthy Skeffington, dem Erben des Viscount Massereene, zu verheiraten. Aber es geht das Gerücht, Lady Mary habe ihrem Vater erklärt, sie würde ihre Hand eher den Flammen als ihm überlassen.«
»Und ich habe gehört, sie sei heimlich mit Edward Wortley verlobt«, erzählte Teresa. »Aber wenn sie den heiratet, wird der Graf sie komplett enterben. Von Wortley heißt es zwar, er sei leidenschaftlich in sie verliebt, aber man weiß ja, dass sie ein Vermögen erben wird.«
Die Kutsche krachte in ein Schlagloch, und alle drei wurden nach vorn geschleudert. Blitzschnell stemmte sich Teresa mit einem Fuß ab, um nicht zu fallen. Sie wusste, sie saß in einer Kutsche ebenso sicher wie ein Reiter auf einem gut dressierten Pferd – viel besser als Arabella, die sich abstrampelte, um wieder auf den Sitz zu kommen.
»Nur ist Edward Wortley dreist genug, sich eines solchen Opfers für wert zu erachten«, fügte Teresa hinzu. »So ein mürrischer, überheblicher Wichtigtuer!«
»Oh, er ist genau der Typ Mann, den Frauen wie Mary Pierrepont faszinierend finden«, meinte Arabella mit wiedergewonnenem Selbstbewusstsein. »Er hat keinen nennenswerten Charme, seine Kleidung ist langweilig, seine Perücke ungepflegt, er redet lauthals darüber, wie böse die Torys sind, und wie nobel die Whigs, als sei das eine universelle Wahrheit, der jedermann zustimmen müsste. Er beherrscht keinen Plauderton, keine leichte Konversation, und nie macht er einem Komplimente über ein Kleid oder bietet gar an, einem Erfrischungen zu besorgen. Kurz gesagt, er gehört zur Sorte dieser gescheiten Mannsbilder, die glauben, ihre Gescheitheit wöge jeden anderen Fehler auf – und vermutlich ist Mary Pierrepont eitel und stolz genug auf ihre eigenen Reize, dass sie ihm glaubt.«
»Zweifellos weiß Lady Mary auch sehr viel genauer, dass es härter wäre, auf ein Leben in Wohlstand und Luxus zu verzichten, als sie nach außen zu erkennen gibt«, mischte sich Martha ein, die es satthatte, wie Teresa und Arabella sich gegenseitig mit ihrem Tratsch überboten. »Ich denke, sie wird Wortley nicht heiraten, wenn es drauf ankommt.«
Teresa wandte sich ihr mit allwissender Miene zu. »Wenn ich mit einem Clotworthy Skeffington verlobt werden sollte – dann erschiene mir der zweite Sohn eines Lakaien im Vergleich dazu wie ein glanzvoller Gewinn«, verkündete sie.
»Wortley ist nicht ohne Vorzüge«, erwiderte Martha bestimmt. »Gut möglich, dass man ihn als englischen Botschafter ins Ausland schickt, wenn die Whigs jemals wieder an die Regierung kämen. Nach Frankreich oder Deutschland vielleicht, oder in die Türkei – das wäre selbst für Lady Mary etwas Neues. Und ich bin überzeugt, sie denkt auch daran, wenn sie Wortleys Werbung erwägt.«
Inzwischen war die Kutsche am Haus der Mädchen angelangt, und alle drei waren plötzlich anderweitig beschäftigt – sagten einander, wie müde sie waren und sich nach dem Bett sehnten, wie kalt die Nacht sei … Arabella wünschte Teresa und Martha gute Nacht, sie kaum eines Blickes würdigend, und zog die Decke fester um ihren fröstelnden Körper.
Als sie endlich zu Hause ankam, zitternd und gähnend, reichte sie dem übernächtigten Diener, der die Tür öffnete, ihr Cape und eilte die Treppe hinauf. Sie beschloss, nicht nach ihrer Zofe zu klingeln, um den impertinenten Fragen zu entgehen, die Betty immer stellte, wenn sie spät in der Nacht geweckt wurde. Arabella stieß die Tür zu ihrem Zimmer auf und wurde empfangen von dem friedlich schlummernden Shock in seinem kleinen Korb neben ihrem Bett und dem Feuer in ihrem Kamin, das spärlich, aber einladend flackerte, wie ein Freund, der halb wach darauf gewartet hatte, sie willkommen zu heißen. Aber statt sie zu besänftigen, erwachte bei diesem Anblick in ihr erneut jene wilde Entschlossenheit, die so jäh zunichtegeworden war durch das Bild, wie Lord Petre den Arm ausstreckte, um Lady Castlecombers Hand zu streicheln.
Sie hatten so vertraut miteinander geredet, wenn auch nur kurz. Sie war schockiert gewesen, und doch wurde dieser Schock blitzartig begleitet durch etwas Unerwartetes. Vermischt mit dem Schmerz der Eifersucht und des verletzten Stolzes verspürte sie eine untergründige Faszination. Sie sehnte sich danach, das zu tun, was die beiden taten; sie sehnte sich nach ihrer Nonchalance, ihrem sorglosen Raffinement. Ihre beiläufige Freizügigkeit verriet
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