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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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Wasserschwall plätscherte von oben aus der Dachrinne auf das Straßenpflaster, aber er war fest entschlossen, auszugehen und sich nicht vom Regen die Laune verderben zu lassen. Er hörte ein Rascheln aus dem Salon, und als er hineinschaute, saß da bereits Alexander über ein Buch gebeugt, ein Papierbündel neben sich auf einem Tisch. Es war ja erst halb neun, da machte es ihm nichts aus, dass sein Gast ihm beim Aufstehen zuvorgekommen war.
    Alexander blickte auf, als er eintrat, sagte aber nichts. Jervas ging hinüber an das hell lodernde Kaminfeuer und schürte es noch einmal kräftig. Dann drehte er sich um und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, während er seinen Gast betrachtete. Es war nicht zu glauben, wie Alexander da trotz seiner schlechten Gesundheit so verbissen auf ein und demselben Platz hockte, Zeile für Zeile seinen Homer las und kaum einmal in das Lexikon blickte, das er neben sich liegen hatte. Ihm fiel auf, dass Alexander nicht zurücklächelte. Er konnte doch wohl nicht immer noch verärgert sein wegen der Sache mit Martha Blount und dem Wein. Das war fast zwei Tage her.
    Alexander war wirklich seit dem Ball befremdet gewesen von Jervas, verstimmt über sein endlos lockeres Gehabe, sein ewig heiteres Naturell. Dadurch fühlte er sich noch stärker wie ein Ausgestoßener, als er es ohnehin schon tat – einer der sich fast schämte für seine ernsthaften Anstrengungen, seinen verbissenen Ehrgeiz. Jervas würde nie begreifen, wie das war, auf die Großzügigkeit von Freunden angewiesen zu sein. Aber sogleich wurde Alexander rot bei dem Gedanken – denn genau durch Jervas’ Großzügigkeit saß er schließlich hier. Dennoch, er konnte einfach nicht anders, als Jervas irgendwie zu triezen – etwa durch die Zurschaustellung seiner eigenen geistigen Zucht und Disziplin. Denn als er seinen Gastgeber die Treppe herunterschlurfen hörte, da hatte Alexander sich mit sichtlich angestrengter Konzentration über sein Buch gebeugt, sehr zufrieden, dass Jervas ihn so als Frühaufsteher bei der Arbeit sah. Er tappte mit den Füßen auf den kleinen Schemel und wartete, dass sein Gastgeber in der Tür erschien. Und da war er dann auch, lächelnd wie immer. Es war dasselbe Lächeln, mit dem er auch Martha jedes Mal bedacht hatte, während er ihr Weinglas nachfüllte. Alexander hatte nichts gegen Jervas’ Galanterie gegenüber Frauen oder seine witzigen Schilderungen, wie charmant er zu den Dienstmägden und Kokotten seiner Freunde gewesen war. Aber bei Martha Blount war das etwas anderes. Wie sollte sie wissen, dass Jervas ständig mit Frauen flirtete, sich aber nie verliebte? Was, wenn sie sich zu ihm hingezogen fühlte, um dann zu merken, dass es bei ihm nicht der Fall war?
    Alexander schnäuzte sich geräuschvoll die Nase. Er war am Morgen nach dem Ball mit einer grässlichen Erkältung aufgewacht, die sich jetzt über Tage hinzuziehen drohte. Wie eingeschnappt Jervas gewesen war, als Alexander am Ende des Balles darauf gedrängt hatte, ins Bett zu gehen. Auf der Heimfahrt hatte er wie ein schmollendes Kind in der Ecke der Kutsche gesessen, obgleich der Ballsaal doch praktisch leer gewesen war. Alexander hatte auch nicht versucht, ihn aufzuheitern, weil er über das nachgrübelte, was er gerade im Droschkenhof beobachtet hatte. Douglass und Lord Petre hatten weniger als eine Woche zuvor öffentlich gemeinsam im Pontack’s gespeist; warum also trafen sie sich jetzt so heimlich in der Dunkelheit? Er konnte sich keinen Reim darauf machen.
    Alexander und Jervas wurden durch einen Diener aus ihren Gedanken gerissen, der im Zimmer nebenan mit Schokoladenkanne und Porzellantassen herumklapperte. Jervas, dessen Rücken inzwischen durch das Feuer gewärmt war, stieß einen zufriedenen Seufzer aus. Wieder betrachtete er seinen im Sessel zusammengesunkenen Gast, der in sein Buch starrte. Aber er sah, das auch Alexander innehielt, denn sein Finger blieb an einer Zeile des Textes stehen.
    »Aha! Ich wusste doch, du bist nicht so versunken, wie es den Anschein hatte«, spöttelte Jervas mit einem breiten Lächeln. »Gib’s zu, Alexander – bei all seiner Geistesgröße ist Homer doch verteufelt langweilig.«
    Alexander blickte auf und sah Jervas wie einen großen hungrigen Dachs auf sich herabäugen, mit den Pfoten die Seiten seines Hausmantels tätschelnd. Wider Willen musste er lachen und legte sein Buch hin.
    »Na, also gut, so sei es«, seufzte Alexander. »Aber weil es solche Freude macht, ihn gelesen zu

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