Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Plätze zu ihnen zu setzen und raffte mit einladendem Lächeln seinen Muff von einem der Stühle. Tom fragte, ob er für Jervas und Pope Kaffee oder Schokolade holen könne, und blickte dabei Alexander unsicher an, als zweifle er, ob der je von einem dieser Getränke gehört hätte. Jervas sagte, er nähme Schokolade, und Alexander Bohea-Tee.
Sie saßen noch kaum, da bemerkte Harry: »Wieso ist deine Perücke noch so perfekt onduliert, Charles, trotz des teuflischen Wetters? Die hast du doch wohl nicht bei Monsieur Duvillier gekauft, du extravaganter Hund?«
Jervas stritt es ab. »Selbst ich reise nicht meiner Perücken wegen nach Paris. Aber ich räume ein, es ist heute schon meine zweite«, gestand er. »Ich bin heute Vormittag bis auf die Haut durchnässt worden.«
»Und dies ist mein zweites Hemd!«, erzählte Harry. »Vorige Woche habe ich fünfzehn verbraucht, und es würde mich nicht überraschen, wenn es diesmal zwanzig werden.« Er zog seine Schnupftabaksdose hervor und tippte beiläufig mit dem Finger darauf. Dann öffnete er den Deckel. Tom, der gerade mit den Getränken ankam, blickte ihn verblüfft an.
»Es ist Mode, auf die Schnupftabaksdose zu klopfen, ehe man sie aufmacht, Tom«, meinte Harry träge lächelnd. »Hier kann ich es nicht demonstrieren, aber wenn ich dasselbe im Theater täte, dann würden sich zwanzig Frauen bei dem Geräusch nach mir umdrehen.«
»Oh Harry«, stöhnte Tom. »Was bist du doch für ein ergebener Gefolgsmann der Mode! Aber der Gentleman, der dort am Tresen lehnt, ist dir weit voraus, denn er trägt bereits rote Absätze, obwohl es doch noch nicht Abend ist.«
Harry gab ein ungläubiges Grunzen von sich und reckte den Hals, um die anstößigen Schuhe zu sehen. »Aber du siehst wohl auch, dass er ein Achselband trägt«, meinte er, und sein bedeutungsvoller Blick zu Tom hieß so viel wie: Der fragliche Mensch war unaussprechlich vulgär.
Alexander gefiel es, dass Jervas ihn ins White’s mitgenommen hatte und ihm die Gelegenheit verschaffte, die Absurditäten des Gespräches zwischen Tom und Harry zu genießen. Er überlegte, ob das womöglich Stoff böte, den man in einem neuen Gedicht verarbeiten konnte? Selbst Tonson würde zugeben müssen, dass es für die Leser unterhaltsam wäre – jeder liebte es doch, über Charaktere zu lesen, die wiederzuerkennen waren. Aber wie sollte man das machen? Wenn Leute in Versen sprachen, dann doch nicht im Umgangston der Alltagssprache. Er konnte sich wahrhaftig kein modernes Gedicht vorstellen, das sich mit dem Alltagsleben beschäftigte, am allerwenigsten eins, über das man lachte. Alexander betrachtete Jervas, der dasaß und vergnügt über das unbekümmerte Geschwätz der beiden schmunzelte, ohne die leiseste Ironie durchblicken zu lassen. Es käme Jervas natürlich auch nie in den Sinn, sich über Männer wie Tom und Harry lustig zu machen. Auch seine Bilder waren ja niemals satirisch. Er war ein viel zu ergebener Bewunderer der mondänen Welt, um sich über ihre Absurditäten zu mokieren. Jervas fragte Tom, was es in der Stadt an Neuigkeiten gäbe.
»Letzten Mittwoch habe ich Mylady Purchase besuchen wollen, aber sie war nicht zu Hause«, erzählte Tom gähnend. »Dabei stand sie am Fenster ihres Salons und blickte sehr genau auf mich herunter, während der Diener mich abwies.«
»Lady Purchase ist für Besucher nur dienstags und donnerstags zu Hause, ich bin also nicht überrascht, dass sie dich nicht sehen wollte«, erwiderte Harry gedehnt und begutachtete dabei seine Strümpfe, die er sich über den Beinen glatt zog. »Das ist eine Regel, die strikt eingehalten wird. Mylady Sandwich betrachtet sie sogar so sehr als Zeichen guter Erziehung, dass sie an Tagen, an denen sie offiziell ›nicht zu Hause‹ ist, sich mit eigener Stimme den Besuchern verweigert.« Er war mit seinen Strümpfen fertig und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
»Ich kann kaum glauben, dass Mylady Sandwich noch fähig ist, den eigenen Mund zu bewegen«, entgegnete Tom, »so übertüncht mit Farbe und Puder, wie sie neuerdings ist.«
»Tom, tu doch bloß nicht so, als seien dir die Kunstgriffe der Frauen fremd«, blaffte Harry als Antwort. »Du bist ja Maler, Charles, du weißt doch bestimmt, wie es gemacht wird: Tragen nicht alle Frauen Gesichter, die am Morgen aufgemalt und am Abend abgewaschen werden?«
Jervas hütete sich, seine eigenen Beobachtungen preiszugeben und sagte stattdessen: »Ich würde lieber von deinen Erlebnissen mit
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