Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Dies hatte sie nicht erwartet. Sie hatte Charles Luxton nicht einmal als ihren Verehrer betrachtet, schon gar nicht als einen, der drauf und dran war, sich zu erklären. Nur ein Mal hatte sie mit ihm auf dem Ball getanzt, und davor hatte sie ihn monatelang nicht gesehen. Und sie ertrug es einfach nicht, seiner Leidenschaft zuzuhören, nachdem sie soeben an Lord Petres Intimität mit Charlotte Castlecomber erinnert worden war. Aber Charles drängte es zu sprechen. Vor echter Befangenheit leicht stotternd, streckte er die Hände nach Arabella aus und erklärte ihr, er werde bald der glücklichste Mann auf Erden sein.
»Miss Fermor – ich weiß kaum, wie ich es sagen soll -, aber ich brenne darauf, es Ihnen zu erklären!«, stieß er schwer atmend hervor. »Ich kann an nichts anderes mehr denken. Heute Morgen habe ich um die Erlaubnis gebeten, Miss Emily Eccles zu heiraten, meine entfernte Cousine, die ich seit Monaten heiß begehre. Und ich habe die Zustimmung bekommen!« Seine Stirn, noch feucht vom Regen, glühte derartig vor heiligem Ernst und Herzenswärme, als er sprach, dass nahezu die Fenster der Kutsche davon beschlugen.
Unwillkürlich empfand Arabella es als einen Schock. Natürlich wollte sie Charles nicht heiraten, aber dass er sie nicht einmal fragte! Wie sehr hatte sie seinen Beweggrund zum Anhalten missverstanden. Sie riss sich mühsam zusammen, um wenigstens angemessen auf die Neuigkeit zu reagieren.
»Die Frau, die Sie heiratet, Mr. Luxton, muss sich immer des größten Glücksfalles bewusst sein«, gratulierte sie. Während sie sprach, erinnerte sie sich, Miss Eccles im vorigen Jahr ein oder zwei Mal auf dem Lande begegnet zu sein. Wie amüsant, dass Charles daran gezweifelt hatte, dass sein Antrag angenommen würde!
Aber Charles, der so viel freundlicher und großzügiger war, als Arabella ihn in Erinnerung hatte, erwiderte: »Wenn Sie erst mit jener Dame Bekanntschaft geschlossen haben, Miss Fermor, dann werden Sie sehen, dass der Glücksfall hierbei ganz auf meiner Seite zu verbuchen ist.«
Als die Kutsche in der Albemarle Street vor Arabellas Haus hielt, sprang Luxton hinaus und begleitete sie zur Haustür. Als er sich zum Abschied verbeugte und lächelnd zu seinem Gefährt zurückkehrte, empfand Arabella ein höchst unerwartetes Bedauern. Was für ein merkwürdiger Vormittag das gewesen war! Erst das Entzücken durch Lord Petres Brief, dann die Kränkung, Charlotte Castlecomber auf ihrem Weg zu Lady Salisburys Morgenempfang zu begegnen. Das hatte Arabella wieder einmal ihre prekäre Situation bewusst gemacht, und einen Moment lang wünschte sie sich, sie hätte sich mit dem freundlichen, gutmütigen Charles Luxton begnügt: um sich niederzulassen, um in Sicherheit zu sein. Aber sie wusste, das wäre unmöglich gewesen. Selbst, als sie ihm nachsah, wie er zu seiner Kutsche zurückkehrte, hatte sie sich insgeheim amüsiert, wie er beim Gehen die Füße nach außen kehrte und enthusiastisch mit dem Kopf nickte. Und als sie das ruinierte Flauschcape einem Diener reichte und ihn anwies herauszufinden, was sich da machen ließe, redete Arabella sich ein, hochzufrieden zu sein mit der Neuigkeit von Luxtons Verlöbnis mit Emily Eccles. Hätte Charles ein größeres Vermögen geerbt, dann hätte er sich allerdings besser verheiraten können. Aber es war doch schön zu wissen, dass er, obwohl er ärmer war, als er schien, eine Frau gefunden hatte, mit der er glaubte, glücklich zu werden.
8. Kapitel
»Sagt, was verleiht der Schönheit solche Macht,
dass sie aus Narr’n und Weisen Schwärmer macht?«
White’s Chocolate-House am Ende der St. James Street nah dem Palace war kein Ort, den Alexander aus literarischen Gründen je betreten hätte. Seine Bekannten aus der Welt der Literatur betrachteten St. James als Pfuhl aristokratischer Genusssucht, der jedem, der seine Gefilde betrat, nur Verderben bringen konnte. Sie sprachen von der Region und ihren Bewohnern oftmals mit hochmütiger Verachtung: »Seine Verse sind banal, seine Prosa plump. Natürlich wohnt er in St. James …« Ihre Affektiertheit löste in Alexander fast so etwas wie Zorn auf seine Mitschreiberlinge aus. Warum konnten sie sich nicht klipp und klar zu ihrem Neid auf die Reichen und Mächtigen bekennen, wie es der Rest der Welt ohne Bedenken tat?
Jervas und Alexander traten gemeinsam ein und wurden sogleich begrüßt von zwei Schulfreunden von Jervas, Harry Chambers und Tom Breach. Harry lud sie ein, sich auf zwei freie
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