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Die Verführung der Mrs. Jones

Die Verführung der Mrs. Jones

Titel: Die Verführung der Mrs. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Laurent
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genug werden. Außerdem stand sie immer noch ein wenig neben sich. Sie spürte jeden Muskel ihres Körpers, und die Erinnerung an die Stunden mit Reto machten sie melancholisch. Planeten, deren Umlaufbahnen sich gerade kreuzen … Wie romantisch, überlegte sie, und dann so ein Abgang. Beim Duschen hatte sie darüber nachgedacht, warum er sich so auf sie konzentriert und seiner eigenen Begierde so wenig nachgegeben hatte. Sie hatte keine Antwort darauf gefunden und beschlossen, es auf sich beruhen zu lassen. Sie füllte das Schälchen vor sich mit Müsli und setzte sich zu zwei italienischen Redakteurinnen an den Tisch. Wie erwartet, konnten die beiden kein Deutsch und auch so gut wie kein Englisch, so dass es bei einer freundlichen Begrüßung blieb.
    Mit dem Kaffee, den ein aufmerksamer junger Kellner servierte, kehrten Sandras Lebensgeister mehr und mehr zurück, und ihre trüben Gedanken wichen einer leichten Neugierde, was den Verlauf des Tages betraf. Die Reiseleitung hatte sich zum genauen Zeitplan sehr bedeckt gehalten. Aber das kannte Sandra schon; damit sollte verhindert werden, dass zu viele Journalisten auf eigene Faust losmarschierten und sich Themen für ihre Reportagen suchten. Schließlich wollten die Veranstalter einer Pressereise erreichen, dass ihre Gäste später über das schrieben, was den zahlenden Hotels wichtig war. Sandra hörte am Brummton ihres Handys, dass sie gerade eine SMS erhalten hatte. Sie verdrehte die Augen. Ja, sie wusste jetzt auch, wie es ist, nach einer durchgebumsten Nacht kaum laufen zu können. Aber sie hatte kein Bedürfnis, das jemandem mitzuteilen. Noch weniger Lust hatte sie auf irgendwelche Erfolgsmeldungen aus Katharinas Bett. Es wird wirklich Zeit, dass sie mal jemanden kennenlernt, der ihr Herz berührt, ging es ihr durch den Kopf. So wie du meines, Reto …
     
    Die erste Etappe des Ausflugs führte sie zum Monte Brè, einem der beiden Hausberge Luganos. Mit der Standseilbahn ging es hinauf zum Gipfel, von wo aus die Gruppe mit einem sensationellen Blick über den See und die ringsum liegenden Berge belohnt wurde. Die Stimmung war locker und ausgelassen; die Kollegen hatten nach dem Dinner am Vorabend noch bis tief in die Nacht an der Hotelbar gesessen und sich gegenseitig mit ihren Reiseanekdoten übertrumpft. Dass sie nicht dabei gewesen war, schien nicht weiter aufgefallen zu sein. Sandra wollte ein Foto machen und zog das Handy hervor, da fiel ihr wieder die SMS vom Morgen ein. Sie konnte sich schon denken, was Katharina geschrieben hatte.
     
    Mrs. Jones, sind wir noch auf einer gemeinsamen Umlaufbahn? Wenn ja, freue ich mich auf ein Wiedersehen. Reto
     
    Sandra guckte verdutzt auf das Display. Sie konnte sich nicht daran erinnern, ihm ihre Nummer gegeben zu haben. Mrs. Jones … Sie musste daran denken, wie sie miteinander getanzt hatten. Seine Nähe hatte sie elektrisiert, ihr Herz hatte geflattert wie ein kleiner Vogel in einer geschlossenen Hand. Doch plötzlich verwandelte sich das Gefühl von Schmetterlingen im Bauch in Wut. Erst abhauen und ein paar Stunden später eine SMS schreiben? Nein danke. Sie drückte die Nachricht weg, ohne die Nummer zu speichern. Außerdem, ein Wiedersehen wäre sicherlich nur enttäuschend gewesen. Dieser Zauber und ein solches Prickeln ließen sich nicht wiederholen. Oder doch? Sandra legte den Kopf schief und bedachte die Reiseleiterin mit einem interessierten Blick. Sie war eine der wenigen, die halbwegs wach waren. Der Großteil des Trüppchens döste hinter Sonnenbrillen vor sich hin.
    Wieder eine SMS. Diesmal wirklich von Katharina.
     
    Hallo Süße, alles ok bei dir? T ist wirklich schnuckelig, er kann den Hals nicht vollkriegen. Hihi, ich den Mund auch nicht. Doof nur: Er ist noch verheiratet. Wusstest du das? KussKuss
     
    Bei Sandra läuteten die Alarmglocken. KussKuss bedeutete immer, dass ein Anfall von Emotionalität bevorstand. So schrieb Katharina nur, wenn sie mit den Nerven ziemlich am Ende war. Sandra seufzte. Dieser Thomas. Wer hätte das gedacht. Ihr gegenüber hatte er auch ganz ungebunden getan. Ob seine Frau wusste, dass er sich wie ein Hallodri aufführte? Sie schrieb zurück:
     
    Sitze in der Sonne und schaue auf die Stadt. Alles etwas langweilig hier, war ja klar. Mit T das wusste ich nicht. So was! Liebste Grüße, S.
     
    Sandra wusste, die Antwort war wirklich mau. Etwas zu mau. Falls Katharina sich nicht schon mitten im Tal der Tränen befand, würde sie eins und eins zusammenzählen und

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