Die Verführung des Mondes (German Edition)
Ich befürchte ohnehin, zu nervös zum Essen zu sein.
„Was möchtest du denn zum Essen trinken? Wasser? Wein? Cola?“
„Nur Wasser bitte. Ich muss später noch Autofahren, also keinen Wein.“, irgendetwas an meiner Antwort scheint ihn zu erfreuen. „Verrätst du mir, warum du so erfreut lächelst?“
„Ich bin erleichtert, dass du keine Cola bestellt hast!“
„Meine Großmutter war zur Hälfte Französin. Sie hat mir beigebracht, dass man zum Essen Wasser oder Wein trinkt. Sie war der Meinung, nur Barbaren trinken Cola zu einem guten Essen, weil es den Geschmack verdirbt!“ Meine Oma war da eigen und ich finde zu Recht.
„Deine Großmutter war eine kluge Frau. Ich finde Menschen, die ständig zu allem Cola trinken irgendwie immer unsympathisch. Ein gutes Essen und dann eine Cola dazu trinken: Das ist, wie Perlen vor die Säue werfen!“ Phillip grinst und gibt bei dem wieder herannahenden Ober die Bestellung auf.
Ich fühle mich immer noch nervös und kribbelig, da ich nicht weiß, wo ich meine Hände lassen soll, greife ich nach einem Stück Brot, zeitgleich mit Phillip, unsere Hände treffen sich über dem Korb. Als ich meine Hand wegziehen will, legt er seine darauf und legt unsere beiden Hände auf dem Tisch ab, seine lässt er dabei auf meiner liegen. Mit der Spitze seines Zeigefingers beginnt er, jeden einzelnen meiner Finger entlang zu fahren. Ich schaffe es gerade eben so, ein wohliges Seufzen zu unterdrücken. Er legt den Kopf schief und schaut mich an, betrachtet mich eingehend und ich muss mich zwingen, nicht nach unten zu schauen wie ein errötendes Schulmädchen.
„Ich war enttäuscht, dass du nicht mehr da warst, als ich am Samstag aufgewacht bin.“
Ich schaue ihm in die Augen. In Enttäuschungen bin ich gut, aber das will ich ihm lieber nicht sagen.
„Aber anscheinend hast du es ganz gut verkraftet!“, antworte ich stattdessen.
„Nein, es hat mir den ganzen Tag versaut!“, er schaut mich an, wie ein kleines Kind, dem jemand sein Spielzeug weggenommen hat und ich muss lachen.
„Du bist die erste Frau, die mich einfach so alleine im Bett zurückgelassen hat. Ich kam mir irgendwie benutzt vor!“ Er verzieht sein Gesicht zu einem gespielten Schmollen.
„Dann sei froh, dass ich dir kein Geld auf dem Nachtisch habe liegen lassen!“ Ich zwinkere ihm zu und wir lachen beide.
Das Essen kommt und obwohl ich vorher fest davon überzeugt war, keinen Bissen herunter zu bekommen, ist es so köstlich, dass es sich fast wie von selber isst.
„Wie alt ist deine Tochter?“, fragt er mich plötzlich unvermittelt.
„Kate ist vier.“ Ich vermeide es, ihn anzusehen.
„Kate ist ein schöner Name. Aber er lässt wohl auch Rückschlüsse auf deine heimliche Spießigkeit zu“, er grinst.
„Sie heißt nach meiner Großmutter.“ Ich lehne mich zurück und verschränke die Arme. „Somit kann man mir im besten Fall Liebe und im schlechtesten höchstens Traditionalismus unterstellen.“ Ich unterdrücke das Bedürfnis, ihm die Zunge herauszustrecken.
Er schaut mich an und in seinen Augen blitzt ein Lachen auf.
„1:0 für dich“, er zuckt in gespielter Ergebenheit mit den Schultern. „Hat Kate auch einen Vater?“
„Wenn nicht wäre sie und ich wohl ein biologisches Wunder und du hättest vermutlich längst in allen möglichen Zeitungen über uns gelesen!“ Ich versuche, ein bisschen den Wind aus den Segeln zu nehmen, ich bin mir nicht ganz sicher, ob ihm meine Antwort gefallen wird. Und ich bin mir nicht ganz sicher, ob es klug ist, ihm die Wahrheit zu erzählen. Ob es klug ist, sie ihm überhaupt zu erzählen und wenn ja schon jetzt. Da ich aber fürchte, dass er, ganz Anwalt, nicht locker lassen wird, beschließe ich, all meinen Mut zusammen zu nehmen und ihm sozusagen schonungslos die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu berichten.
„Sie hat einen Vater. Er hat mich geheiratet, als ich mit Kate im fünften Monat schwanger war, sechs Wochen später war er verschwunden!“ Ich bemühe mich, alle Bitterkeit aus meiner Stimme heraus zu halten.
„Du hast dich scheiden lassen?“ Diese Frage hatte ich noch viel mehr befürchtet, ich würde am liebsten kurz die Augen schließen, aber ich sehe ihn stattdessen einfach tapfer weiterhin an.
„Erst fehlte mir die nötige Energie. Ich war schwanger, dann war ich allein mit einem Baby, ich hatte andere Dinge im Kopf. Seit zwei Jahren versuche ich ihn zu finden, aber er ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich versuche gerade,
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