Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
habe festgestellt, dass unser Almosenier eine Frau ist.«
    Sie strahlte. »Sie macht ihre Sache wirklich gut!«
    Er ergriff ihre Hand. »Wir brauchen doch nicht achtzehn Waschweiber und zwölf Milchmädchen, Gwyn.«
    »Natürlich brauchen wir sie«, erwiderte sie ruhig und entzog ihm ihre Hand. »Du wirst schon sehen, warum wir sie brauchen. Dein Bettzeug wird weißer sein als das aller anderen Edlen in Northumbrien.«
    »Selbst reiner als das des Erzbischofs?«, fragte er mit gespieltem Erstaunen. Er zog sie hoch.
    »Auf jeden Fall.«
    Er küsste sie auf die Nasenspitze. »Komm, ich möchte dir etwas zeigen.«
    Griffyn führte sie aus der Kammer und auf den Treppenabsatz davor. Drei schmale Fenster schnitten tief in die sechs Fuß dicke, runde Mauer des Wohnturms.
    »Sieh mal aus dem Fenster.«
    Sie ging zu dem nordöstlich gelegenen Fenster und schaute hinaus. Hinter der Baumlinie im Osten herrschte rege Geschäftigkeit. Rauch stieg auf. »Du rodest noch mehr Land«, stellte sie fest.
    Dann streckte sie sich und schob sich so weit wie möglich in die Fensterlaibung, um die Vorgänge genauer beobachten zu können. »Das ist wunderbar!«, hörte er ihre Stimme, die durch den Stein dumpf zu ihm drang. »Wirklich wunderbar.« Als sie sich wieder aufrichtete, lächelte sie nicht mehr. »Das ist natürlich fürs nächste Jahr. Wir haben nicht einmal genug Saatgut, um die Felder zu bestellen, die wir bisher gepflügt haben.«
    Er umfasste ihre Schultern und drehte sie zum nach Süden liegenden Fenster. Sie blickte nach draußen. »Ochsenkarren?«
    »Wie viele siehst du?«
    Sie schaute erneut hinaus. »Vier, fünf...«
    »Es kommen noch mehr, Gwyn. Sieh doch nur.«
    Sie gehorchte. »Was bringen die Karren ?«
    »Was glaubst du denn?«
    Sie richtete sich auf und schaute ihn an. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt und kniff ein Auge zu. »Luxusgüter oder Nahrungsmittel?«
    Er lächelte. »Beides. Etwas, das wir brauchen, und wenn wir es haben, werden wir uns wahrhaftig reich fühlen.«
    Sie lachte. Ihre kühlen Finger legten sich auf seinen Unterarm. »Kinder.«
    Er lachte mit ihr und legte einen Arm um ihre Schulter. Dann wies er aus dem Fenster. »Kinder kommen nicht auf Ochsenkarren, Gwyn. Deine Mutter sollte sich schämen, dass sie dir das nicht gesagt hat.
    Also, was denkst du, befindet sich auf den Karren?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.« Sie schmiegte sich an ihn. »Du könntest genauso gut Gewürze aus dem Heiligen Land oder Harfen für die Halle bestellt haben.«
    »Getreide.«
    Er spürte, wie sie erstarrte. »Wie bitte?«
    »Getreide. Einen Teil können wir jetzt mahlen, einen anderen Teil aussähen.
    Weizen, Roggen und Gerste.«
    Sie verharrte in seinen Armen. Dann begannen ihre Schultern unkontrolliert zu zucken. Er hielt sie fest an sich gedrückt und presste seine Wange auf ihren Scheitel, während sie in seinen Armen weinte.
    Sie wachte mitten in der Nacht schreiend auf. Griffyn hielt sie in den Armen, bis sie sich beruhigte. Dann fragte er: »Dein Vater?«
    Sie starrte ins Leere. Ihre Augen waren gerötet. »Ja.«
    »Warum träumst du so oft von ihm, Gwyn? Warum sind die Träume so schrecklich ?«
    Er rechnete mit keiner Antwort. Doch sie sagte schließlich mit erstickter Stimme: »Weil er mir nie vergeben hat.«
    Er strich ihr über das Haar. »Was hat er dir nie vergeben?«
    »Dass ich meinen Bruder umgebracht habe. Und danach meine Mutter.«
    Er zog die Felle höher und stopfte sie um ihren Körper, ehe er Gwyn fest in den Arm nahm. »Was ist damals passiert?«
    Sie schwieg einen Augenblick, ehe sie begann, in kurzen, abgehackten Sätzen zu reden. »Ich war zehn. Ich bin ausgeritten. Das hätte ich nicht gedurft. Es war mir verboten, die Burg allein zu verlassen. Ich durfte nicht einmal ins Dorf. Ich wusste das.
    Aber Mama hat gesagt, dass sie Holunderblüten brauche. Papas Knochen schmerzten wegen der feuchten Frühlingsluft.«
    Sie starrte an die Wand gegenüber dem Bett. »Ich wusste, wo Holunder stand. Im Sommer davor hatte ich ein paar Büsche gefunden, dicht am Fluss. Ich wollte welche holen. Ich habe sie noch gehört. Mama und Roger. Sie riefen hinter mir her. Ich wollte einfach nicht auf sie hören. Ich ... da bin ich einfach weitergeritten. Ich fand den Holunder. Ich sammelte die Blütendolden ein, die ich gepflückt hatte. Und dann hörte ich ...«
    Sie schluckte schwer. »Ich hörte Reiter. Ein Trupp kam vorbeigeprescht. Ein halbes Dutzend Kämpfer, die aus dem Norden

Weitere Kostenlose Bücher