Die Verfuehrung Des Ritters
stützte die Ellbogen auf die Knie und legte die Stirn auf die Hände. »Verschwinde.«
»Griffyn, mein Streben war stets, dir zu dienen. Wenn ...«
»Lass mich allein.«
Einen Augenblick zögerte Alex noch, dann drehte er sich um und ging. Die Fackel bewegte sich im Luftzug, ehe sie wieder
ruhiger brannte. Griffyn legte das Gesicht in beide Hände. Er konnte den kalten Geruch der Schlüssel riechen, der an seinen Fingern haftete. Wieder hockte er in einem Keller, während ihn draußen die Welt erwartete.
Hinter der verschlossenen Tür stand Duncan. Er hielt das Kurzschwert in der Hand und war zu allem bereit. Schweiß rann seine Schläfen hinab. Er war bereit, sein Leben für seine Herrin zu geben. Prinz Eustace lag sterbend auf seiner Bettstatt, aber da er den Prinzen nie gekannt hatte, war ihm das nicht wichtig. Es ging allein um die gute Lady Gwyn und ihr strahlendes Lächeln, mit dem sie ihn bedachte.
Sie hatte ihn und seine kleine Schwester gerettet, als die Rebellen versucht hatten, ganz England bis auf die Grundmauern niederzubrennen. Papa und Mama waren verbrannt, aber er hatte sich schleunigst auf den Weg nach Everoot gemacht und Alice hinter sich hergezogen. Sie war neben ihm hergestolpert und hatte unter dem zerrissenen Mantel geweint, den er einem betrunkenen Soldaten abgenommen hatte. Papa hatte ihm vorher aufgetragen, zu Lady Gwyn zu gehen, wenn ihm irgendwas passierte. Und er hatte recht behalten. Ohne ihm Fragen zu stellen, hatte sie Duncan und Alice aufgenommen, hatte ihnen zu essen und einen Schlafplatz gegeben und ihnen versprochen, dass sie bleiben durften.
Das Geräusch gedämpfter Stimmen verklang. Duncan senkte das Schwert. Sein Herz hämmerte in der Brust. Er setzte sich neben das sterbende Menschenbündel und hoffte, Lady Gwyn würde bald kommen und ihm erzählen, was oben in der Burg vor sich ging. Er hatte kein langes Leben erwartet, aber bis er Lady Gwyn kennenlernen durfte, hatte er auch nicht geglaubt, ein so aufregendes führen zu dürfen.
Griffyn kam aus dem Gewölbe wieder nach oben und wurde in der großen Halle von William von York abgefangen, der so nervös und mürrisch wie immer war. »Mylord.
Da ist schon wieder ein Bote.«
Griffyn blickte in die Richtung, in die William zeigte. Ein kräftiger Mann mittleren Alters saß an einem der Tische. Als er Griffyn sah, stand er rasch auf.
»Mylord«, begrüßte er ihn lächelnd.
Griffyn erwiderte das Lächeln. »Ralph«, sagte er herzlich und umfasste den Arm des Mannes, der, wie er wusste, zu Henris Boten gehörte. Er selbst hatte ihn so manches Mal mit Henris Erlaubnis losgeschickt, wenn er höchst delikate Nachrichten zu überbringen hatte. »Was gibt es Neues?«, fragte er und ließ Ralphs Arm los.
»Warum bist du zweihundert Meilen nördlich von Henris Lager unterwegs? Hat man dir schon eine Mahlzeit serviert?«
Er warf William über Ralphs Kopf einen Blick zu, der daraufhin einem Diener bedeutete, in die Küche zu eilen. In der Halle vertrieben sich einige Männer die Zeit, sie waren in Gespräche vertieft oder würfelten. Einige Frauen saßen am Feuer und spannen Wolle. In ihren bunten Kleidern waren sie ein sehr hübscher Anblick, und ihre Stimmen hoben sich hell vom Lärm ab.
Ralph zog ein Pergament aus der Lederhülle, die er am Gürtel trug. »Der fitzEmpress kommt nach Everoot.«
»Ich weiß.« Griffyn überflog das entrollte Dokument. »In ein paar Wochen. Sobald er den Vertrag unterzeichnet hat.«
»Nein, er kommt schon bald. Er wird morgen hier eintreffen.«
Griffyn blickte überrascht auf. »Was? Wieso?«
Ralph hielt seinem Blick stand. »Es schien ihm geboten, erst hierherzukommen.«
»Also gut.« Griffyn nickte. Aber er war verwirrt. Erneut las er den Brief, dann blickte er auf und schaute aus dem Fenster. Es war inzwischen kälter geworden. Wolken ballten sich am Horizont.
»Warum?«
»Unser Herr Henri hat schon immer getan, wonach ihm der Sinn stand.«
»Das stimmt. Aber dennoch frage ich mich, warum er herkommt«, entgegnete Griffyn leise.
Der Bote wich seinem Blick aus. »Henri hatte schon immer viel für dich übrig.«
»Aber nicht so viel«, erwiderte Griffyn. »Seine Zuneigung war nie so groß, dass er eine Vertragsunterzeichnung verschoben hätte, die ihm dieses Land zusichern wird.« Er blickte erneut auf die Nachricht.
»Vor zwei Tagen ist ein Bote von fitzMiles bei ihm gewesen«, berichtete Ralph widerstrebend.
Griffyn nickte nachdenklich. »Aber was hat das mit mir zu
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