Die Verfuehrung einer Fremden
dass es ein wundervoller sonniger Tag in New York werden würde. Dann robbte ich aus dem Bett, um mir den Rest seiner Wohnung anzusehen.
Das Wohnzimmer lag direkt gegenüber seines Schlafzimmers und war fast doppelt so groß, sah aber im Grunde genauso aus wie das Schlafzimmer. Weiße Wände, ein dunkler Parkettboden, edle Möbel und teure Gemälde an den Wänden. Etwas Persönliches fand ich zunächst nicht, die Wohnung sah fast so aus wie aus dem Katalog eines teuren Möbelhauses. Ziemlich unpersönlich eben. Ich sah mich weiter um und fand das Badezimmer, mit beigen Kacheln und einer Dusche, unter die mindestens vier Personen gepasst hätten. Dies war die beeindruckenste Wohnung, die ich jemals gesehen hatte, das musste ich zugeben. Dennoch suchte ich vergebens nach etwas Persönlichem, etwas, das die Wohnung wärmer gemacht und mir etwas mehr über Ben verraten hätte. Ich ging zurück ins Schlafzimmer und da fand ich es. Auf einem kleinen Tisch neben dem Kleiderschrank standen drei eingerahmte Bilder. Eins zeigte ihn mit einem älteren Paar, das wahrscheinlich seine Mutter und sein Vater waren. Ein weiteres Bild zeigte nur ihn selbst, beim Golf spielen. Wie stereotypisch, dachte ich. Und auf dem dritten Bild war er neben einer jungen blonden Frau zu sehen, beide strahlten glücklich in die Kamera und hielten die Hand des Anderen. Das musste Alicia sein, seine Ex-Verlobte. Ich kniete mich hin um das Foto besser begutachten zu können. Aus irgendeinem Grund wollte ich es nicht einfach hochheben, als könnte ich meine Fingerabdrücke darauf hinterlassen. In diesem Moment fühlte ich mich ein wenig wie ein Einbrecher. Das Bild war nun direkt vor meinem Gesicht. Alicia war ungefähr 26 bis 28 Jahre alt schätzte ich, hatte langes, glattes, blondes Haar, dass offen und lebendig um ihren Kopf fiel. Auch ihr Lächeln war offen und ihre Zähne waren weiß, gerade und perfekt, wie aus einem Werbespot einer Zahnpastamarke. Ihre blau-grünen Augen strahlten mit Bens smaragdgrünen Augen um die Wette und ihre weiß-blaue Bluse ließ sie nur noch mehr strahlen. Die beiden sahen zusammen aus wie Barbie und Ken oder wie das Königspaar aus einem Märchen und ich musste zugeben, dass Alicia eine wirkliche Schönheit war. Meine Augen ließen ab von ihrem Bild und ich wanderte weiter durch die Wohnung, öffnete vorsichtig eine weitere Tür, als könne sich dahinter jemand verstecken. Und dort sah ich noch mehr persönliche Dinge. Einen Haufen Frauenkleidung, die fein säuberlich sortiert worden und auf das große schwarze Ledersofa in der Ecke des Raums gelegt worden war. Ich nahm an, dass das der Rest der Kleidung war, die Alicia bisher nicht mitgenommen hatte. Wieder siegte meine Neugier und ich sah mir ihre Kleidung genauer an. Jedes einzelne ihrer Kleiderstücke war eine Designermarke, von Armani, über Prada bis zu Hugo Boss war alles dabei. Ihre Kleidung war stilvoll, klassisch, fast schon etwas langweilig, fand ich. Und eben so ganz anders als mein eigener Stil. Für einen kurzen Moment fragte ich mich, wie Ben überhaupt mit mir schlafen konnte, wenn sein Typ Frau doch eigentlich Alicia war, Typ Barbie mit perfektem Make Up, perfekten Designer-Klamotten und High Heels. Schnell verwarf ich diesen Gedanken, denn das passte nicht zu mir. Ich wußte, dass ich kein Supermodel aus einer Zeitschrift war, fand mich aber selbst attraktiv. Und im Grunde wollte ich nichtmal aussehen wie eine dieser Barbies, die auf ihren High Heels täglich durch Manhattan stolzierten.
Als ich in die Küche ging, blieb mir fast der Mund offen stehen. Auf dem großen Esstisch aus Holz stand eine große blaue Obstschale mit Orangen, Pfirsischen und Äpfeln, ein weiterer Korb mit verschiedenen Arten von Brot , drei Donuts mit Zuckerguß und Besteck sowie ein Teller, auf dem ein beschriebener Zettel lag. Ich ging näher an den Tisch heran, um den Zettel lesen zu können.
„Guten Morgen Sarah, ich hoffe du hast gut geschlafen. Das Obst, das Brot und die Donuts sind für dich, iss so viel wie du willst. Im Kühlschrank sind außerdem frischer Orangensaft, Käse, Wurst und Aufstrich, wenn du Kaffee willst kannst du dir auch gern einen machen. Ich bin heute abend gegen acht Uhr zurück- Bleib, wenn du möchtest. Ben“
Ich las den Zettel zwei Mal, als hätte ich etwas überlesen können. Wieder hatte er mich überrascht, hatte ich ihn doch für selbstverliebt gehalten, als wäre der einzige Mensch, für den er etwas tue, er selbst. Anscheinend hatte
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