Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
Ansonsten hätte Bestar keine Chance gehabt, sich in dem Wald stampfender Beine zu behaupten, aber auch so machte das klebrige Netz an seinen Füßen, das sich dort ballte und zog, ihm zu schaffen. Andauernd musste er um sein Gleichgewicht fürchten.
    Rodraeg schnitt unterdessen Onouk aus dem Netz. Sie war wieder bei sich und hatte ihren Speer wurfbereit in der Hand, fürchtete jedoch, Migal oder Bestar zu treffen.
    Tjarka tötete zwei der drei Angreifer. Sie schnitt sie auf wie weiches Brot, und noch immer zuckten und kreischten die kleinen vierbeinigen Menschen unablässig weiter. Der dritte hatte sich auf Jacomer gestürzt, ihn in den Hals gebissen und fraß. Tjarka wollte dorthin robben, rutschte aber in schaumigem Blut aus.
    Bestar durchschlug ein zweites, auf ihn zustoßendes Bein. Gelbliches Blut prasselte gegen ihn. Ein weiteres Bein traf ihn in den Rücken, stieß ihn nach vorne. Dort prallte dann der vorwärtsschnellende Vorderleib der Riesenspinne gegen ihn und schleuderte ihn fünf Schritt nach hinten in dichtestes Netz.
    Jetzt konnte Onouk ihren Speer werfen. Er drang in den weicheren Unterleib der Spinne ein, rief aber nichts weiter als gelbliche Blutfäden hervor.
    Migal rackerte brüllend, bis auch er durch die ständigen ruckartigen Auf-und-ab-Bewegungen des Spinnenleibes den Halt verlor und zwischen sämtlichen Beinen abwärtsrutschte. Weich fiel er in Netzgespinst. In seinen Beinen spürte er ohnehin keine Schmerzen mehr. Das Gesicht vom eigenen Speichel verschmiert, versuchte er nun, von unten mit seinem Schwert den Rumpf der Spinne aufzuschneiden, aber erst war sie zu weit oben, dann kam sie viel zu schnell herunter und drückte ihn mit ihrem Gewicht einfach in Netz und Erdreich, wie ein Hammer einen Nagel einschlägt.
    Mit erschreckend raschen Bewegungen krabbelte die Spinne nun auf Ijugis, Rodraeg und Onouk zu. Ijugis tastete, immer noch benommen, nach seinem Speer. Onouk kam gerade auf die Füße und zog grollend ihre beiden Kampfsicheln.
    Ein Speer brachte die Entscheidung.
    Er kam in gerader Bahn von weit hinten geflogen und krachte der Spinne mitten in ihre doppelten Augenleisten. Tegden hatte ihn geworfen, nachdem er den letzten der Kenekenkeluangreifer damit niedergestochen hatte.
    Die Spinne bäumte sich auf, zischte und fuchtelte, versprühte schlaffes Netzgespinst aus ihrem Hinterteil und versuchte, den Dorn in ihren Augen wieder loszuwerden, jedoch vergeblich. Ihr blieben immer noch genügend Augen, um zu sehen, höchstens eins war wirklich zerstört – aber dass dieses Ungeheuer ein Schmerzempfinden besaß, war nun deutlich zu erkennen. Von hinten arbeitete sich Bestar, der vor lauter Netzgewebe kaum noch als Mensch zu erkennen war, langsam wieder heran, doch die Riesenspinne flüchtete. Mit wackeligen Bewegungen und nur noch sechs statt acht Beinen zog sie sich vor den Menschen zurück, schabte an der Bago vorbei in den Dschungel.
    Â»Lassen wir sie fliehen!«, rief Rodraeg auch in Bestars Richtung. »Sie ist ein Wunder der Natur. Uns geht es doch nur um die Trommel!«
    Tjarka arbeitete sich unterdessen näher an den Kenekenkelu heran, der sich über Jacomer hergemacht hatte, als Jacomer plötzlich zuckend zum Leben erwachte: Er zappelte sich unter dem Kenekenkelu frei und biss diesem seinerseits in den Hals.
    Das Mädchen aus dem Thostwald verharrte an Ort und Stelle, auf allen vieren, die Handflächen im Blut fremder Männer. Sie begriff nicht, was dort vor sich ging. Warum nahm sich Jacomer, wenn er denn wach war, nicht ein Messer oder eines der nun herrenlos herumliegenden Steinbeile – oder, wenn es gar nicht anders ging, auch einen Pfeil aus dem Köcher und wehrte sich damit? Warum musste er beißen ?
    Der Angreifer erhielt durch Jacomers wildes Gebeiße Wunden überall am Körper, ließ schließlich ab und wuselte, heulende Geräusche ausstoßend, zurück ins Unterholz. Für einen Augenblick sahen sich Jacomer und Tjarka unmittelbar an. Der kleine Bogenschütze lag noch immer auf dem Rücken, auf die Ellenbogen gestützt, fiebernd, schweißnass, von unzähligen Schnitten und Narben und nun auch einer klaffenden Halswunde entstellt. Sein Mund war vom Blut des Eingeborenen verschmiert. Plötzlich bleckte er die Zähne und fauchte: »Mboki-Mateth! Mboki-Mateth!« Dann krabbelte er ins Unterholz, dem Kenekenkelu nach. Er krabbelte auf allen vieren,

Weitere Kostenlose Bücher