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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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diesem Dorf überall herumwuseln. Sie nennen sich die Gatate oder Gataten . Dann gibt es noch die Spinnenmenschen, die wohl eher wie Tiere sind. Wilde, grausame Menschenfresser, die auf allen vieren laufen, aber mit dem Bauch nach oben, sodass sie die Arme und Beine wie Spinnen verdreht haben. Diese Spinnenmenschen, die von den Gataten Kenekenkelu genannt werden, sind wohl durchgedreht, weil inmitten des Waldes ein drittes Volk oder ein mächtiger Gott, genannt Utté , aufgetaucht ist und alles an sich gerissen hat. Möglicherweise beten die Spinnenmenschen diese oder diesen Utté sogar an, aber das ist alles verflixt unklar. Unsere einzigen Informationen über die ganze Sache sind die Aussagen einiger Gataten , die auf Einbäumen die Meeresküste entlang in den südwestlichen Regenwald geflohen sind, um Timbare und seine Leute um Hilfe zu bitten, sowie die Visionen des Geisttänzers von Timbares Stamm, der – wie hat er es noch mal gleich ausgedrückt?«
    Â» Der andere Regenwald. Dürre und Blut und das Sterben der Augen «, murmelte Timbare finster.
    Â»Richtig. Das hat der Geisterbeschwörer gesehen – was auch immer das zu bedeuten hat. Auch er selbst weiß es nicht, es gibt wohl keinen Übersetzungskodex für Geistererscheinungen. Dann ist da noch Oberpriester Darnock, der geflüchtete Gataten bei sich aufgenommen hat, die ihm von furchtbaren Gräueln im Inneren des Urwaldes berichteten. Abergläubischer Mumpitz. Rasende Spinnenmenschen, deren Schritte glühen. Vögel, die in Kreisen vom Himmel fallen. Und Tiere, die bis zur Küste kommen, auf der Suche nach Wasser, aber auch dort natürlich nichts zu trinken finden, weil hier alles salzig ist. Irgendetwas sehr Großes geht dort drinnen vor sich, aber wir wissen nicht, was. Wir haben uns bislang einfach noch nicht reingetraut.« Ijugis bedachte Timbare mit einem tadelnden Seitenblick, um klarzustellen, dass er schon längst »dort drinnen« wäre, wenn Timbare ihn nicht wieder und wieder zurückgehalten hätte. »Jedenfalls hatte Timbare Schwierigkeiten, seine eigenen Leute davon zu überzeugen, sich um den südöstlichen Regenwald zu kümmern, wo doch seine Heimat, der südwestliche, zur Zeit gerade vermehrt mit Skerb zu kämpfen hat. Also haben wir eine Abmachung getroffen. Erdbeben hilft ihm bei dieser Sache aus, und dafür können wir dann anschließend zusammen mit seinen Leuten einen Konterfeldzug gegen Skerb führen und sämtliche Beute behalten, die uns in die Hände fällt.«
    Â»Na, sieh mal einer an.« Rodraeg lächelte. »Ich dachte, Erdbeben kämpft gegen die Königin und gegen die Hauptstadt. Dann müsstet ihr doch eigentlich für Skerb sein.«
    Â»Ach«, winkte Ijugis ab, »das fällt doch ohnehin bald alles auseinander. Man muss eben sehen, wie man über die Runden kommt. Ich habe jetzt sieben Leute, die alle versorgt werden müssen. Die Hauptstadt ist ein Haufen Müll, und ich gebe ihr noch höchstens vier Jahre, dann schlagen die Wogen des Bürgerkrieges von den Rändern des Kontinents her über ihr zusammen und machen aus der Krone einen Tand, der von Hunden zerbissen wird.« Ijugis war jetzt bei seinem Lieblingsthema angekommen, und seine Augen leuchteten selbst im Dunkeln wie Talglichter. Rodraeg dachte sich, dass jemand, der Aldava so inbrünstig hasste wie Ijugis, dort geboren sein musste – und zwar nicht innen, bei den Reichen und Glücklichen, sondern im entwürdigenden Gewimmel der Außenstadt.
    Â»Und weshalb dann noch das Mammut ?« Diese Frage richtete Rodraeg an Timbare.
    Timbare schürzte die Lippen. »Der Kreis berichtete mir von euren Erfolgen an der Walküste und bei den Riesen. Und ich hoffte – wie gesagt – auf euren Magier. Aber wie ich nun sehe, seid ihr sogar ohne jegliche Ausrüstung gekommen.«
    Â»Wir haben das Nötigste«, behauptete Rodraeg, aber ihm war klar, dass diese Behauptung auf äußerst schwachen Füßen stand. Sie hatten weder Rucksäcke für Proviant noch Trinkbehälter, Seile oder Schlafdecken dabei.
    Timbare ließ nicht locker. »Und wie ich sehe, trägst du nicht mal eine Waffe.«
    Rodraeg bemühte sich, Timbares Blick standzuhalten. »Waffen haben mir in letzter Zeit kein Glück gebracht. Ich werde versuchen, es ohne zu schaffen, vielleicht werden dann unsere Begegnungen mit anderen Menschen

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