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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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sehr guter Lehrer. Oder der Thostwald ein sehr, sehr lehrreiches Gelände. Und du machst einfach nur deine Sache … sehr, sehr gut.«
    Sie lächelte fast, aber nur fast.
    In der Nacht wachten überwiegend der Erleuchtete, Tegden, Migal und Bestar. Die beiden Klippenwälder sprachen immer noch kein Wort miteinander, aber aufgrund einer ungeplanten Überschneidung der Schichten bewachten sie zu zweit den sicheren Schlaf der anderen, und es gab keinerlei Zwischenfälle.

    Am achten Tag kämpfte die Expedition sich auf immer noch unsicheren Beinen voran durch den Dürrewald. Tjarka führte. Das Wasser ging langsam zur Neige. Jacomer erlegte ein Gürteltier und schlürfte dessen Blut, um den anderen Wasser zu sparen. In der Nacht herrschte eine drückende Stille. Nicht einmal Insekten waren mehr zu hören. Die Trockenheit hielt Tiere fern.
    Â»Dies ist das Grab eines Waldes«, raunte der Erleuchtete.

    Am neunten Tag erreichten sie die Königin Umsilika.
    Zuerst hielten sie sie nur für einen mit ausgetrockneten Schlingpflanzen überwucherten Felsblock, doch dann blieb Kinjo Utanti unvermittelt stehen und sah die Gesichter. Erst eines, dann zwei. Während sie den Felsen umrundeten, zählten sie sechs.
    Der Kopf der Königin war mehr als drei Mannslängen hoch. Was zuerst wie natürliche Unebenheiten gewirkt hatte, entpuppte sich nun als Nasenrücken, Lippen, angedeutete Ohren und pupillenlose Augen. Rau in den Felsen gemeißelt und dennoch von großer Sicherheit und Anmut. Sechs riesige Gesichter mit verschiedenen Gesichtsausdrücken – Milde, Schlaf, Zorn, Heiterkeit, Trauer und Schmerz. Alle zeigten unmissverständlich dieselbe schöne und stolze Frau. Alle waren so um den Stein herum angeordnet, dass sie sich jeweils die angedeuteten Ohren teilten und in sechs verschiedene Richtungen blickten. Zu sechst beschrieben die Gesichter der schönen, dunklen Königin einen vollen Kreisumlauf.
    Die Ähnlichkeit mit Rodraegs Oobokopf war eher gering. Oobo war plastisch, die Königin Relief.
    Â»Nicht schlecht«, sagte Ijugis dennoch, und er hatte recht. Die Gesichter der Königin drückten Würde und Anmut aus.
    Â»Das Symbol«, stellte Kinjo fest. »Nicht drei Linien, die sich kreuzen, sondern sechs Blickrichtungen, die von einem Mittelpunkt im Stein ausgehen. Die Königin Umsilika.«
    Â»War das eine Königin der Gataten oder eine der Kenekenkelu?«, fragte Onouk Enenfe, der den Blicken der steinernen Königin auszuweichen schien.
    Der klein gewachsene Eingeborene bewegte beide Hände mit abwehrender Geste. Er schien nichts zu tun haben zu wollen mit diesem sechsgesichtigen Kopf.
    Â»Tjarka?«, fragte Timbare. »Führt die Spur hierhin?«
    Tjarka lief noch ein paar Sandstriche lang geschäftig umher, ohne zu antworten. Dann sagte sie: »Die Spur endet hier. Wo genau, kann ich nicht sagen. Ich bin nicht gut darin, Spuren im Inneren eines Bereiches zu sehen. Ich würde sagen: Die Nähe des Steinkopfes ist wie das Innere eines Bereiches, und irgendwo hier verliert sich die Fährte.«
    Â»Führt keine Spur wieder weg?«, fragte Ijugis, sich den Kinnbart kraulend.
    Â»Nein«, antwortete Tjarka und blickte fragend zu Rodraeg.
    Â»Dann ist der Mann, den wir suchen, also noch in der Nähe.« Timbare nickte. »Das ist ja mal etwas.«
    Â»Seit mehr als vier Monden?«, gab Rodraeg zu bedenken. »Das würde bedeuten, dass er mit ziemlicher Sicherheit hier gestorben ist. Die Kenekenkelu können ihn den Ameisen zum Fraß vorgeworfen haben.«
    Â»Wir werden es herausfinden«, ließ Timbare sich nicht beirren. »Irgendwelche Spuren und Überreste muss es geben. Die alte Frau im Dorf hat doch von einer Tempelruine gesprochen. Irgendwo in der Nähe können also auch noch andere Gebäude sein. Schwärmt aus, Leute, haltet jedoch Sichtkontakt zu mindestens zwei anderen! Achtet auf jeden Schritt, den ihr macht, dass ihr nicht in ein Loch stürzt! Wir suchen einen Eingang oder einen Tempelbau.«
    Die Expeditionsteilnehmer breiteten sich auf dem Gelände aus.
    Â»Großartiger, markanter Punkt für einen Hinterhalt«, knurrte der Erleuchtete.
    Tegden Baudo hielt ihm entgegen: »Gibt es in diesem Dschungel irgendeinen Ort, der sich nicht für einen Hinterhalt eignet?«
    Eine halbe Stunde lang suchten sie die Umgebung ab, dann sagte Kinjo: »Die Linien kreuzen sich

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