Die Vergangenheit des Regens
Ausdruck im glänzenden Gesicht in die Tiefe. Von weiter unten erstattete er Bericht: »Es geht nur fünf Schritt abwärts. Von hier aus führt ein runder Gang weiter. Es ist stickig hier. Man ist schon ziemlich tief unter dem Urwaldboden.«
»Wir kommen«, brummte Timbare.
»Warte!«, sagte Kinjo von unten. »Es riecht seltsam. Ein biÃchen wie ⦠Lampenöl!«
»Verflucht, das kann eine Falle sein«, sagte Ijugis. »Wenn wir mit Fackeln da runtergehen, setzen wir vielleicht alles in Brand.«
»Wir haben zwei Laternen«, stellte Timbare fest. »Wir benutzen nur noch die. Kein offenes Feuer mehr.« Die Laternen wurden entzündet, dann seilten sich alle auÃer Jacomer auf die nächste Ebene ab.
Von dort aus führte ein Gang dreiÃig Schritt nach vorne ins Dunkel. Die Farben waren nun anders als oben, wo sich noch Tageslicht mit Fackelschein vermischt hatte. Kein Blau und Grün mehr. Nur noch Braun und Schwarz.
Kinjo ging mit einer Laterne voran. Timbare mit der zweiten Laterne in der Mitte der Gruppe. Sie bewegten sich sehr langsam, obwohl Timbare sagte, dass sie, solange sie genau denselben Weg nahmen wie der Schatzfinder, eigentlich keine Fallen zu fürchten brauchten. Aber das war nur theoretisches Wissen. In Wirklichkeit mochte es Vorrichtungen geben, die der Schatzfinder nur durch schieres Glück nicht ausgelöst hatte, oder weil er als Einzelner leichter war als eine Gruppe.
Rodraeg spürte, wie ihm der Schweià ausbrach, und er roch auch die Ausdünstungen der anderen. Hier unten war es gleichzeitig kühl und warm, trocken und klamm, still und blutrauschend laut in den Ohren. Der Brandölduft wurde stärker und zerrte zusätzlich an den Nerven.
Sie erreichten eine Kammer. Geradeaus führte der Gang weiter.
Die Wände und auch die Decke der Kammer waren mit Reliefs und Schriftzeichen bedeckt, die ihrerseits wie stilisierte Bildnisse aussahen. Die Reliefs zeigten Frauen mit riesigen Brüsten, sechs GliedmaÃen und einem Helmschmuck, der an die BeiÃwerkzeuge und Fühler einer Ameise erinnerte. Es waren sechs solcher Frauen zu erkennen, die alle unterschiedlich aussahen.
»Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren«, hauchte Onouk, »dass die Bezeichnung Spinnenmenschen nicht ganz zutreffend ist.«
»Das würde mich nicht wundern«, pflichtete Rodraeg ihr bei. »Mein ganzes Leben lang habe ich alles, was in der Bebilderthen Encyclica unserer Thierwelt steht, für bare Münze genommen. Aber je länger ich nun mit dem Mammut auf Reisen bin, desto mehr erweist sich das alles als Unsinn. Ob aus Unkenntnis, Faulheit oder gezielter Falschinformation â ich weià es nicht.«
»Ich könnte euch mindestens zehn Gründe nennen, weshalb der Königin ein dummes Volk lieber ist als ein denkendes.« Ijugis grinste. »Aber auch ich vermute nicht hinter allen Fehlleistungen unserer Gesellschaft einen Plan. Manchmal denke ich eher, die Hauptursache allen Ãbels ist Ignoranz.«
»Jedenfalls sind wir hier in einem Ameisentempel«, sagte Kinjo, der die Reliefs zärtlich berührte. »Oder einem Tempel, der ein Bündnis zwischen Menschen und Ameisen feiert. Die Königin Umsilika könnte eine Ameisenkönigin sei, dieser Tempel ihr Ameisenbau. Oder sie ist sechs Königinnen, die ⦠seht ihr das da hinter ihrem Rücken, beinahe unsichtbar, weil durchscheinend? ⦠die geflügelt ausschwärmen in sechs Himmelsrichtungen, um neue Völker zu gründen. Die Völker der Welt?«
Tegden zählte an seinen Fingern ab: »Die Menschen, die Spinnen- oder Ameisenmenschen, die Affenmenschen, die Untergrundmenschen, die Riesen ⦠was fehlt denn noch?«
»Die Schmetterlingsmenschen«, brummte Bestar.
»Richtig. Ergibt tatsächlich sechs.«
»Die Riesen zählen bis sieben, wenn sie von Völkern sprechen«, ergänzte Rodraeg. »Das siebte nennen sie Tsekoh . Die Tsekoh entsprechen dem, was wir in den Sonnenfeldern den Geisterfürsten und sein Gefolge nannten.«
»Auch ich habe das Wort Tsekoh wispern gehört«, sagte Tegden Baudo. »Auf dem zum Untergang verurteilten Affenmenschenfeldzug raunten es die Magier; je kränker sie waren und näher dem Tode, desto eindringlicher zischten sie dieses Wort. Aber ich habe es so verstanden, dass Tsekoh ein Wort für welche ist, die nicht â oder nicht mehr â von
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