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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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leuchtender Sand, und dann krabbelten sie davon. Neugierig schaute ich mir an, wohin sie krabbelten: durch feine Poren im Gestein aufwärts, in vorher nicht wahrnehmbare Gänge ans Licht und in Freiheit.
    (unleserlicher:)
    Das geht nun schon seit zwei Tagen so, und noch immer ist der Strom der Ameisen nicht versiegt.
    Ich kann das Gitter alleine nicht heben. All meine Werkzeuge fruchten hier nicht. Auch bin ich zu groß, den Ameisen in ihre Gänge zu folgen. Ich möchte winzig sein oder viel, viel größer und kräftiger wie ein Riese, doch ich bin nur ein Mensch und somit inmitten einer Entwicklung stecken geblieben. Am Hof wird man über mich lachen, weil ich immer darauf bestand, alleine zu gehen. Ich fühlte mich sicherer so, angesichts von verblendendem Reichtum. Ich Einfältiger.
    (noch unleserlicher:)
    Meine Trinkvorräte sind aufgebraucht. Von jetzt an wird es nur noch schmutzig.
    Ich schreibe in völliger Dunkelheit.
    Das Rauschen der Ameisen hält an. Ich habe eine Quelle eröffnet, die niemals zu versiegen scheint. Wird nun der ganze Kontinent von Ameisen geflutet werden? Ich weiß es nicht. Was kümmert es mich noch, was aus der Welt wird?
    Was aus der Welt wird.
    Es kümmert mich. Ich weine um mich und das Land. Um meine schöne, wunderschöne Königin.
    Es geht zu Ende. Das Schreiben im Dunkeln ist fürchterlich.
    Jeder Schatten besteht aus Insekten.
    Jeder!
    Ich war Lerth Evaress, königlicher Schatzfinder, im Rauchmond des Jahres 628 nach der Königskrone.
    (kaum noch zu entziffern:)
    Ich kann nicht mehr.
    Ich will nicht tot sein, abr ich wiß nicht wi
    (krakelig in einer ganz anders wirkenden Handschrift:)
    Masudi Momolu Dituma Miweme
    Mamodimi Sumotuwe Dilumame
    Mamamosudimidi Sumomomotuwelu Didilutumamema
    (wieder klar leserlich in derselben Handschrift wie zu Beginn:)
    Miweme blaibt

    Alle schwiegen.
    Â»Ein schrecklicher Tod«, sagte Kinjo, »aber man muss zugeben: ein angemessenes Grab für einen Schatzfinder.«
    Ijugis schnaubte verächtlich. »So ein arroganter Idiot! Was muss er hier herumkrauchen und alles kaputt machen in seiner Gier nach einem Juwel, das er dann der Königin überreicht, damit sie sich eine neue prunkvolle Badewanne davon kaufen kann! Seinetwegen fluten die Ameisen nun den Wald. Seinetwegen regnet es wahrscheinlich auch nicht mehr!«
    Â»Ich verstehe den Zusammenhang noch nicht«, gab Timbare zu. »Er ist hier unten verdurstet vor zwei Monden, und seitdem verdurstet draußen auch der Wald. So weit, so … poetisch, aber auch beliebig. Wie kommt es vom einen zum anderen? Ameisen können nicht beeinflussen, ob es regnet oder nicht. Sie sind am Boden und der Regen am Himmel. Und das Problem hier besteht ja nicht darin, dass der Boden verändert wurde und nun kein Regenwasser mehr aufnehmen kann, sondern dass überhaupt kein Regen mehr fällt!«
    Â»Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken, was hier unten eigentlich geschehen ist«, sagte Onouk. »Dieses Gebäude im Kopf der eingeborenen Königin, dieser Tempel – ist offensichtlich ein Heiligtum der Ameisenverehrung. Selbst der Schatzfinder spricht von den Amenschen . Hat er denn nichts weiter bei sich? Keine Schatzpläne, Überlieferungen, zusätzliche Informationen?«
    Timbare untersuchte den Toten gründlicher, während Migal immer noch schweißüberströmt unter dem Gitter stand und es sicherte. Timbare fand tatsächlich einige Notizen und Schriftstücke, aber er konnte nicht schlau daraus werden: Die Texte waren verschlüsselt, die Karten so vage, dass vermutlich nur ihr Besitzer wusste, wie auch immer man sie überhaupt halten musste. »Sein Testament sollte von anderen verstanden werden können, seine Informationen jedoch wollte er für sich behalten«, schloss er.
    Â»Also ist dieses Kauderwelsch gegen Ende auch eine Verschlüsselung?«, vermutete Onouk.
    Â»Es ist jedenfalls nicht die Regenwaldsprache, die wir kennen«, erläuterte Kinjo. »Aber vielleicht kann Enenfe uns weiterhelfen, wenn wir ihm dies vorlesen.«
    Â»Wie auch immer«, ließ Onouk sich nicht beirren. »Die entscheidende Frage lautet: Was ist hier geschehen? Der Schatzfinder hat Dutzende von Fallen umgangen, um dann eine Großfalle auszulösen und daran zugrunde zu gehen. Hat er damit eine seit Jahrhunderten vorausgeplante Kettenreaktion ausgelöst? Ein weißer Eindringling frevelt

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