Die vergessene Frau
Mittwoch gingen sie ins Mocambo tanzen. Täglich beschenkte er sie mit Champagner, Blumen oder Schmuck. Während der letzten Jahre war Franny schon von einigen reichen Männern umworben worden, aber keiner hatte sich so um sie bemüht, und keiner hatte ihr so unerbittlich nachgestellt. Max gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein und bewundert zu werden, und das gefiel ihr besser als alles andere.
Beim Abschied – »Ich muss nach San Francisco und von dort aus nach Chicago fliegen« – versprach er ihr, dass er am ersten Freitag des folgenden Monats nach L. A. zurückkommen würde.
»Da bist du doch frei, oder?«
Sie schenkte sich die Antwort, vor allem, weil es eher nach einem Befehl als nach einer Frage klang.
Lily war von der frisch erblühten Romanze ihrer Freundin weniger begeistert.
»Ich bekomme dich überhaupt nicht mehr zu sehen«, beschwerte sie sich, als Franny endlich ihren Anruf erwiderte.
»Ich weiß.« Franny gab sich redlich Mühe, zerknirscht zu klingen. »Aber weißt du …«
»Was denn?«, drängte Lily.
»Ganz ehrlich, ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt.«
Der letzte Satz war als hastiges Geständnis hingehaucht. Wenn sie gehofft hatte, damit die Neugier ihrer Freundin zu wecken, hatte sie sich allerdings getäuscht. Lily schnaubte verächtlich.
»Du verliebst dich doch jedes Mal.«
»Das ist nicht wahr!« Franny reagierte verletzt, wie so viele Menschen, wenn sie eine unangenehme Wahrheit zu hören bekommen.
»Ist es wohl.« Lily scherte sich nicht um die Gefühle ihrer Freundin. »Aber ich mache mir da keine Sorgen«, fuhr sie fort. »Ich bin überzeugt, es wird so enden wie immer. Ich wette, in zwei Monaten weißt du nicht mehr, wer Maximilian Stanhope ist.«
Die Unterstellung, sie sei flatterhaft, traf Franny so tief, dass sie das Gespräch lieber beendete.
Lily war nicht die Einzige, der das Techtelmechtel zwischen Max und Franny unheimlich war. Lloyd wusste nicht recht, was er von der Romanze seiner weiblichen Darstellerin mit dem neuen Mehrheitsinvestor halten sollte. Einerseits machte er sich insgeheim Sorgen, dass Franny irgendwann das Interesse an Max verlieren und ihn verlassen könnte. Und wer wusste schon, wie der Magnat dann reagieren würde? Max war ein Rätsel: Er war klug und charismatisch, aber vor allem schwer zu durchschauen. Seit dem Tod seiner Frau vor fünfzehn Jahren lebte er eisern allein. Natürlich hatte man ihn immer wieder mit verschiedenen Frauen gesehen: ausnahmslos bekannten Damen der Gesellschaft oder wunderschönen Filmstars. Doch so ernst wie diesmal schien es ihm noch nie gewesen zu sein.
Etwa einen Monat nachdem Franny und Max im Cocoanut Grove getanzt hatten, wurde Lloyd vor Augen geführt, wie ernst es sein Investor tatsächlich mit der wichtigsten Schauspielerin bei Juniper meinte. Am Ende eines Routinetelefonats erwähnte der Geschäftsmann noch einen Punkt, der ihm an diesem Tag bei der Lektüre der Variety aufgefallen war: eine kleine Notiz, dass Frances Fitzgerald die Hauptrolle in einem Film über Königin Elizabeth I. spielen sollte. Der Mann ihres Herzens, Robert Dudley, sollte von Duke Carter gespielt werden.
»Duke und Franny, waren die früher ein Paar?«, wollte Max wissen.
»Ja«, bestätigte Lloyd vorsichtig.
»Und sie haben sich erst vor Kurzem getrennt?«
»Stimmt.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass es schwierig ist, mit jemandem zusammenzuarbeiten, mit dem man liiert war.«
Lloyd wusste nicht recht, was er von dieser Bemerkung halten sollte. Max hatte betont, dass er sich in die künstlerischen Aspekte des Geschäfts nicht einmischen würde – verstieß er jetzt schon gegen seine Grundsätze? Nur um sicherzugehen, wechselte der Studiochef die Besetzung und verbannte Duke vorerst auf die Ersatzbank. Aber noch während er das anordnete, hoffte er um Frannys willen, dass sie Max Stanhope nicht vor den Kopf stoßen würde. Diesen Mann wollte man nicht zum Feind haben.
»Und habe ich dich inzwischen beeindruckt?«, fragte Max, als er sie nach einem weiteren Abendessen im Musso & Frank nach Hause brachte.
Franny zuckte gelangweilt mit den Achseln. Sie hatte heute erfahren, dass Duke doch nicht den Dudley in Elizabeth spielen würde; dank der frohen Botschaft war sie noch aufgekratzter als üblich.
»Mal sehen. Abendessen im Frank, Mittagessen im Derby«, zählte sie ihre Aktivitäten an den Fingern ab. »Tanzen im Ciro’s. Nichts, was ich nicht schon ohne dich getan hätte. Ich warte immer noch darauf, dass
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