Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Halluzinationen.
Im buchstäblich allerletzten Moment gelang es ihm,
sich von der Jacke zu befreien. Sie sank wie ein Stein
auf den Grund des Hafenbeckens hinab, der jetzt nur
noch drei oder vier Meter unter ihm lag, während
Mike mit wilden Schwimmbewegungen wieder in die
Höhe schoß. Die Wasseroberfläche näherte sich ihm
wie ein zitternder Silberspiegel, aber der Druck in seiner Brust wurde immer stärker, überstieg die Grenzen des Erträglichen und
dann konnte er atmen.
Mike schoß, von seinem eigenen Schwung getragen,
aus dem Wasser heraus, klatschte zurück und sog gierig die Lungen voller frischer, herrlich kühler Luft.
Er war dem Tode buchstäblich um einen Atemzug
entronnen.
Für eine ganze Weile tat Mike nichts anderes, als
mühsam Wasser tretend auf der Stelle zu schwimmen
und zu atmen, ehe er wieder so weit bei Bewußtsein
war, daß er den Kopf heben und sich umsehen konnte.
Der Anblick, der sich ihm bot, war schrecklich. Der
Schlepper war weitergefahren und machte nicht einmal Anstalten, beizudrehen oder auch nur seine Geschwindigkeit zu verringern. Auf dem
Wasser
schwammen Hunderte von Trümmerstücken; allen
voran das vordere zerschmetterte Drittel der Barkasse, das kieloben trieb, aber nicht sank, und dazwischen erblickte er die Köpfe der anderen, die wie Korken auf dem aufgewühlten Wasser hüpften. Er hörte
Juan und Miß McCrooder schreien, und gleich darauf
erkannte er auch Ben, Chris und
schließlich
auch
André. Von McIntire und den drei Besatzungsmitgliedern der Barkasse war keine Spur zu entdecken. Mike
hoffte inständig, daß sie nicht ertrunken oder bei dem
Zusammenstoß ums Leben gekommen waren.
Doch auch er selbst befand sich keineswegs außer Gefahr. Zwar konnte er sich im Moment mühsam an der
Oberfläche halten, aber die Kälte drang weiter in seinen Körper ein und lahmte seine Muskeln. Er wußte,
daß er nicht die Kraft haben würde, bis zum Ufer
zurückzuschwimmen. Also hielt er nach einem größeren Trümmerstück Ausschau und kraulte los.
Etwas zupfte an seinem Bein, und Mikes Herz machte
einen erschrockenen Sprung in seiner Brust. Plötzlich
mußte er wieder an das Zyklopengesicht denken, das
er für eine Sekunde zu
sehen geglaubt hatte. Er
bemühte sich, noch schneller zu schwimmen. Nur ein
kleines Stück von ihm entfernt tauchte Juan auf und
nahm Kurs auf das gleiche Trümmerstück. Der junge
Spanier hatte tatsächlich die Kraft, den Arm aus dem
Wasser zu heben und ihm zuzuwinken.
Wieder berührte etwas seinen Fuß. Mike sah nach
hinten - und schrie entsetzt auf!
Es war keine Halluzination gewesen! Aus dem Wasser
tauchte eine dreifingrige Pranke auf und schmiegte
sich um sein rechtes Fußgelenk, und dann wurde er
auch schon mit einem so harten Ruck in die Tiefe gezerrt, daß er wieder aufschrie und
seine kostbare
Atemluft in einem Strom silberner Blasen vor seinem
Gesicht in die Höhe stieg.
Unbarmherzig wurde er weiter nach unten
gezerrt.
Mike schlug und trat wie von Sinnen um sich. Sein
freier Fuß traf den Kopf des riesenhaften Ungeheuers,
das sein
rechtes Bein umklammert hielt, mehrmals
hintereinander, aber ohne das allergeringste Ergebnis. Im Gegenteil - es war, als hätte er gegen Stahl getreten. Ein scharfer Schmerz zuckte durch seinen
Fuß.
Alles begann sich um Mike zu drehen. In seinen Ohren
rauschte das Blut, und sein Herz pochte so hart, als
wollte es aus seiner Brust herausspringen. Sein Blick
begann sich zu verschleiern. Wie durch einen immer
dichter werdenden Nebel sah er, daß plötzlich ein zweites, zyklopenäugiges Ungeheuer neben ihm auftauchte
und die Hände ausstreckte. Etwas Dunkles, Unförmiges
näherte sich seinem Gesicht.
Mike erkannte nicht mehr, was es war. Er verlor das
Bewußtsein. Seine Arme und Beine hörten auf, wild
durch das Wasser zu peitschen, während sein Körper
reglos auf den schlammbedeckten Grund des Hafenbeckens hinabsank.
    Wenn er gestorben war, dann war der Tod vollkommen anders, als man ihn sich im allgemeinen vorstellte. Mike erwachte nicht auf Wolken gebettet und zu
den Klängen einer himmlischen Laute, sondern auf einer unbequemen Pritsche aus Metall liegend, und in
seinen Ohren war das Dröhnen eines schweren Motors. Der Geruch von heißem Öl und frischer Farbe
lag in der Luft, und er hatte erbärmliche Kopfschmerzen. Nein - im Himmel war er nicht.
Mike öffnete stöhnend die Augen und blickte gegen eine Decke aus weißgestrichenem Metall, von der hier
und da schon die Farbe abblätterte. Das nächste, was
er sah, war Miß

Weitere Kostenlose Bücher