Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
McCrooders Gesicht, aus dem ein
Paar dunkler, sehr besorgter Augen auf ihn herabblickte. Ihr Haar war naß, und sie trug nicht mehr
das wollene Winterkleid und die modische, allerdings
viel zu dünne Jacke, sondern war in eine grobe graue
Decke eingehüllt. Sie zitterte am ganzen Leib.
Mike richtete sich mit einem so plötzlichen Ruck auf,
daß ihm prompt schwindelig wurde und er mit einem
Stöhnen wieder zurücksank. Seine
Kopfschmerzen
wurden schlimmer. Ertrinken war offensichtlich kein
sehr angenehmer Tod, dachte er. Wenigstens nicht,
wenn man ihn überlebte.
    »Beweg dich nicht«, sagte Miß McCrooder. »Du wärst
fast ertrunken, weißt du das?«
Die Warnung kommt ein wenig spät, dachte Mike,
während er mit zusammengebissenen Zähnen darauf
wartete, daß seine Kopfschmerzen wieder auf ein erträgliches Maß sanken. Dann setzte er sich ein zweites Mal auf; diesmal aber entsprechend vorsichtiger.
Er sah, daß sie sich in einem winzigen Raum befanden, der keine Fenster hatte und kaum Platz für sein
Bett und den niedrigen Hocker bot, auf dem Miß
McCrooder saß. Wände, Decken und Fußboden bestanden aus Metall. Offensichtlich waren sie an Bord eines Schiffes.
»Wo sind wir?« murmelte er verwirrt. »Wie sind wir
hierhergekommen, und wie -«
Plötzlich funktionierten
seine Erinnerungen wieder,
und Mike fuhr erschrocken zusammen. »Haben die
Ungeheuer Sie auch erwischt?« stieß er hervor. »Und
was ist mit den anderen?«
»Ungeheuer? Was für Unge -« Miß McCrooder verstummte mitten im Wort, dann lächelte sie kurz. »Ja,
vermutlich könnte man sie so nennen«, fuhr sie fort.
Sie seufzte. »Wo wir sind, kann ich dir auch nicht genau sagen. Aber deine Freunde sind ganz in der
Nähe.«
Nun verstand Mike überhaupt nichts mehr. Doch bevor er eine entsprechende Frage stellen konnte, wurde
die Tür ihres Gefängnisses geöffnet, und eine hochgewachsene Gestalt in
dunkelblauer
Kapitänsuniform
betrat den Raum. Hinter ihm erschienen zwei Matrosen in gestreiften Hemden, die aber nicht hereinkamen.
Mike riß erstaunt die Augen auf, als er den Mann erkannte. »Kapitän Winterfeld!« rief er. »Gott sei Dank,
daß Sie -«
    Er sprach nicht weiter, als er den Ausdruck auf Winterfelds Gesicht
gewahrte. Allmählich dämmerte ein
schrecklicher Verdacht in ihm.
Dafür fuhr Miß McCrooder wütend auf ihn los.
»Sie
Wahnsinniger! Wissen Sie, daß er um ein Haar ums
Leben gekommen wäre? Es ist ein reines Wunder, daß
wir nicht alle umgekommen sind!«
»Ich weiß«, antwortete Winterfeld. »Ich bedauere die
Umstände. Glauben Sie mir, daß ich andere Befehle
erteilt hatte. Niemand sollte in Gefahr gebracht werden.«
»Das haben wir gemerkt«, sagte Miß McCrooder spitz.
»Die Verantwortlichen werden bestraft werden«, sagte
Winterfeld ruhig. »Darüber hinaus kann ich Ihnen
versichern, daß niemand ernstlichen Schaden genommen hat.« Er wandte sich zu Mike.
»Nun zu dir, mein junger Freund. Fühlst du dich in
der Lage, ein paar Fragen zu beantworten?«
»Ist das ... wahr?« flüsterte Mike fassungslos. »Stimmt
das, daß Sie hinter allem stecken?« Er konnte es nicht
glauben. Nicht Kapitän Winterfeld! Warum um alles
in der Welt sollte
ausgerechnet Kapitän Winterfeld
versuchen, sie umzubringen?
»Ich sehe, du bist in der Lage dazu«, sagte Winterfeld
kalt, ohne auf seine Frage einzugehen. »Dann komm
mit!«
Mike schwang die Beine von der Liege. Sich zu widersetzen hatte nach alledem
wohl kaum einen Sinn.
Auch Miß McCrooder wollte sich erheben, doch Winterfeld winkte ab. »Ich denke, Michael und ich kommen für einen Moment allein klar«, sagte er. »Danke.«
Sie verließen die Kabine und traten auf einen schmalen Gang hinaus. Das
Pochen schwerer Maschinen
wurde lauter, und Mike, der wie Miß McCrooder statt
seiner nassen Sachen nur eine grobe Wolldecke trug,
spürte ihr mächtiges Vibrieren durch die nackten
Fußsohlen hindurch wie das Schlagen eines großen,
eisernen Herzens. Auch hier gab es keine Fenster.
Das Licht kam von einer Anzahl elektrischer Glühbirnen unter der Decke.
Mike fragte sich, wo sie waren, Winterfelds Anblick
hatte ihn im ersten Moment glauben lassen, er wäre an
Bord der LEOPOLD aufgewacht - aber dafür war hier
alles viel zu klein und beengt und die Luft zu stickig.
Der Korridor war nicht sehr lang. Mehrmals mußten
sie sich durch niedrige, aus schweren Eisenplatten bestehende Türen ducken, doch Mike begriff erst, wo sie
sich befanden, als sie an einer offenstehenden Tür
vorbeikamen - und er sich

Weitere Kostenlose Bücher