Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Anschein hat. Es
ist besser, wenn wir vorsichtig sind.«
Mike sah den Inder scharf an. Ihm war keineswegs
entgangen, daß Singh seiner Frage geschickt ausgewichen war, statt sie wirklich zu beantworten.
»Jemand sollte beim Schiff zurückbleiben«, sagte Miß
McCrooder. »Was ist, wenn es abgetrieben wird?« Sie
klang ziemlich nervös, und Mike mußte nicht einmal
in ihr Gesicht sehen, um die mühsam unterdrückte
Furcht zu erkennen.
»Das ist nicht nötig«, antwortete Singh. »Wir brauchen es nicht mehr. Außerdem bleibt uns vielleicht
nicht mehr genug Zeit, um zurückzugehen und den zu
holen, der hiergeblieben ist.«
»Wieso?« fragte Miß McCrooder erschrocken.
»Weil wir die Insel auf einem anderen Wege verlassen«, antwortete Singh geduldig. »Wenn wir Erfolg haben, in Freiheit. Und wenn nicht - als Gefangene auf
dem Kriegsschiff.«
»Als Gefangene? Aber ... aber sie können doch auf
keinen Fall hierherkommen, oder?« stammelte Miß
McCrooder. »Ich meine, sie kennen die Passage nicht,
und das Schiff ist viel zu groß, um hier hereinzukommen.«
»Die LEOPOLD sicher«, sagte Paul. »Aber sie hat Beiboote. Und sie haben gesehen, wohin wir gefahren
sind.«
»Ich fürchte, Paul hat recht«, sagte Singh. »Sie werden
bestimmt eine Weile brauchen, um die Passage durch
die Riffe zu finden. Vielleicht verlieren sie sogar ein
Boot dabei oder auch mehr. Trotzdem glaube ich
nicht, daß wir mehr als zwei oder drei Stunden haben.«
»Eher weniger«, sagte Paul düster. »Unterschätzt mei
    nen Vater nicht. Ich kenne ihn. Und die Männer, die
er bei sich hat, sind verdammt gut.«
»Sicher«, höhnte Ben. »Deshalb sind wir ihnen ja bisher auch entkommen, nicht wahr?«
»Sei lieber froh, daß es so ist«, sagte Mike rasch und
ehe Paul antworten konnte. Die Zeit, die ihnen noch
blieb, war einfach zu kostbar, um sie mit einem weiteren sinnlosen Streit zu vergeuden. Mit einer beinahe
befehlenden Geste wandte er sich an den Sikh. »Also
los! Geh voraus, Singh.«
Der Sikh war der erste, der über Bord sprang. Sofort
versank er bis an die Hüften im glasklaren Wasser,
drehte sich noch einmal um und hob die Arme, um
den anderen zu helfen. Mike, Paul, Juan, Ben und
André ignorierten seine angebotene Hilfe, während
Miß McCrooder und auch Chris sich von seinen starken Armen über die Reling heben und so weit zum
Ufer hin absetzen ließen, wie es ging. Mike spürte,
wie sich ein sonderbares Gefühl in ihm breitzumachen begann, während sie den flachen Strand hinaufwateten. Es war eine Mischung aus Neugier, mühsam
beherrschter Angst vor dem, was sie vielleicht entdecken mochten, und Faszination.
In den ersten Minuten jedenfalls gewahrten sie nichts
als Ruinen und moosbedeckte Steine. Ein paar kleine
Tiere huschten davon, als sie sich vorsichtig dem ersten der großen Quaderbauten näherten, die den
Strand säumten, und einmal glaubte er einen Schatten hinter einem Fenster zu sehen, der hastig zurückzuckte, als er genauer hinsah, war sich aber nicht sicher. Aus dem Dschungel drang ihnen eine verwirrende Vielfalt von Gerüchen und Geräuschen entgegen,
doch nichts davon war menschlichen Ursprungs. Und
trotzdem... Er konnte es nicht begründen, aber Mike
hatte mit jedem Schritt, der sie den Ruinen näher
    brachte, mehr das Gefühl, aus unsichtbaren Augen beobachtet zu werden.
Schließlich wurde es so stark, daß er stehenblieb und
sich an
Singh wandte. »Bist du sicher, daß hier niemand mehr ist?« fragte er.
»Es ist lange her, daß ich hier war«, antwortete Singh.
»Du warst schon einmal
hier?« fragte Mike überrascht.
Singh nickte. »Vor langer Zeit«, sagte er.
»Aber du ... hast doch gesagt, du wüßtest nicht, wo
die Insel liegt!« sagte Mike.
»Das war auch die Wahrheit«, erwiderte Singh mit einem um Verzeihung bittenden Lächeln. »Ich war Passagier auf dem Schiff Eures Vaters, damals. Müßtet
Ihr jetzt aus England lossegeln - ohne die Karte und
Euer Amulett -, würdet Ihr diese Insel wiederfinden?«
Mike mußte zugeben, daß an diesem Argument etwas
dran war. Vermutlich würde er die Vergessene Insel
nicht einmal mit der Karte seines Vaters wiederfinden. Singhs Worte erklärten auch, wieso er von der
verborgenen Passage durch die Riffe gewußt hatte.
Und doch ... völlig stellte Mike diese Antwort nicht zufrieden. Singh verschwieg ihm etwas, selbst jetzt noch.
    Das Gefühl, beobachtet zu werden, wurde stärker, als
sie in das erste Gebäude eindrangen.
Aber was sie im Inneren des leerstehenden Hauses sahen, das war so

Weitere Kostenlose Bücher