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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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die Hand. Zu seiner Erleichterung waren sie unversehrt. Während der Orgie hatte er sich durchaus gefragt, ob er sie unbeschadet überleben würde. Er hatte noch niemals so harten Sex gehabt. An einem Punkt hatte er ernsthaft gefürchtet, die Amazonen könnten ihn hinterher umbringen, wie die Schwarze Witwe, die das Männchen nach der Paarung auffrisst.
    Er setzte sich auf und griff nach seiner Hose, die auf dem anderen Bett lag. Er zog sie sich über die Beine, stellte die Füße auf den kalten Boden und stand auf. Er dachte an den Augenblick zurück, als Aclla mit blankem Schwert in der Tür gestanden hatte. Ihr wütender Gesichtsausdruck hatte ihn glauben lassen, dass sie ihn töten wollte.
    Er fuhr sich durch die Haare und seufzte.
    »Was tue ich hier?«
    Er wusste nicht so recht, ob er das Erlebnis genossen hatte oder ob es ihm zuwider war. Rein körperlich war es ein Genuss gewesen, aber durch den völligen Mangel an Gefühl und Zärtlichkeit fühlte er sich ausgelaugt und unbefriedigt. Es mochte daran liegen, dass sie in erster Linie Kriegerinnen waren, sagte er sich. Wahre Intimität war ihnen fremd. Sie waren aufs Töten gedrillt und von Geburt an zu strikter Disziplin erzogen worden, daran änderte auch ihr exotisches Äußeres nichts.
    Es war immer Wilsons Theorie gewesen, dass Frauen die besseren Mörder abgaben. Wenn nötig, konnten sie zielstrebig und rücksichtslos und, wie er jetzt gesehen hatte, einem Mann auch physisch überlegen sein.
    Er hob sein Hemd hoch und fand darunter seinen Hut. Er hatte ihn in Vilcabamba verloren, als er über die Böschungsmauer und in die Schlucht gesprungen war. Die Amazonen hatten ihn gefunden und mitgebracht, was zumindest eines hoffen ließ: Sie hatten nicht vor, ihn umzubringen. Außerdem hätten sie das sonst längst getan.
    Er hörte das Regenwasser vom Rand des Strohdachs plätschern und den Wind heulen. Es war recht kalt, immerhin lag die Festung gut dreitausendsechshundert Meter hoch. Nachdem er sich angezogen hatte, stieg Wilson in seine Stiefel und schnürte sie zu. Dann nahm er seine Regenjacke, die ihm recht trocken erschien, obwohl sie die Nacht über auf dem Boden gelegen hatte.
    Jetzt musste er erst einmal etwas in den Magen kriegen.
    Wilson schlang sich den Ranzen über die Schulter. Morgen um Mitternacht sollte er am Brunnen auf der Plaza de Armas stehen, so hatte er es mit Helena verabredet.
    Beim Blick auf das leere Bett wurde ihm das Herz schwer. Wie passte Helena in diese sonderbaren Ereignisse? Inwieweit schuldete er ihr Loyalität? Er war unsicher, ob er ihr am vergangenen Abend untreu geworden war.
    Wilson holte tief Luft.
    Die Chancen, je wieder mit ihr zusammen zu sein, waren winzig. Sie waren durch eine Barriere von über hundert Jahren getrennt, und er hatte sie acht Jahre lang nicht gesehen. Seine Verbindung mit ihr würde ihm hoffentlich bei der Wiederbeschaffung des Inka-Würfels helfen, aber alles andere war reine Illusion.
    Wilson zog den Riegel beiseite und zog die Tür auf. Draußen fiel dichter Regen, und man konnte höchstens sieben Meter weit sehen. Er setzte den Hut auf, trat hinaus und fühlte einmal mehr, wie der Regen auf seine wasserdichte Kleidung prasselte.
    Bei Tageslicht wirkte alles anders.
    Die Quartiere der Kriegerinnen sahen größer und beeindruckender aus als in der Nacht. Er nahm denselben Weg zum Haupttempel, den er gekommen war. Es war bitterkalt, und er war nervös. Wen würde er als Erstes sehen? Wie würden die Kriegerinnen reagieren, wenn er plötzlich vor ihnen im Dunst auftauchte?
    Die Silhouette des Tempels hob sich langsam aus dem Grau des Regens ab. Auch er war größer, als Wilson ihn in Erinnerung hatte. Als er die Stufen hinaufstieg, schaute er nach beiden Seiten, doch es waren keine Kriegerinnen zu sehen.
    Mit Herzklopfen näherte er sich der mittleren Tür.
    Was erwartet mich dahinter? Die drei alten Frauen mit den hellen Augen?
    »Du darfst nicht hinein!«, rief eine vertraute Stimme hinter ihm.
    Wilson drehte sich um. Aclla stand nur zwei Schritte entfernt. Wegen des Regens hatte er sie nicht kommen hören.
    »Ist das Wetter hier oben immer so mies?«, fragte er.
    »Pitcos liegt sehr hoch«, antwortete sie emotionslos. »Das Wetter ist wechselhaft.« Sie trug einen Kapuzenponcho, vermutlich aus Alpakaleder. Als sie auf ihn zukam, zeigte sie auf die Tempeltür. »Die Orakel haben mich gebeten, dir das zu geben.« Sie hielt ihm ein Röhrenetui aus glänzendem Leder hin, das an einem Ende zugebunden

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