Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube
jetzt klar, dass er der Grund ist, weshalb ich in Cusco bin. Endlich werde ich der Diener des Inka-Würfels sein.«
52.
C USCO , P ERU H OTEL M ONASTERIO O RTSZEIT : 17.35 U HR 24. J ANUAR 2014
Der Himmel war dunkler geworden, während Helena zu ihrem Hotel ging, das nur fünf Minuten Fußweg von der Plaza de Armas entfernt war. Völlig erschöpft vom Tag, fiel ihr ein, dass sie auch die Nacht zuvor nicht geschlafen hatte. In der Ferne donnerte es. Sie wollte sich im Hotel ein wenig erholen, bevor sie am späten Abend wieder zum Brunnen lief.
Als sie von der Seitengasse aus das Hotel betrat, fiel ihr das spanische Königswappen auf, das in die Mauer gemeißelt war. Die Flügeltür aus Zedernholz war sechs Meter hoch und mit messingbeschlagenen Querbalken verstärkt. Drinnen gab es moderne Glastüren mit dem Hotelemblem darauf.
Als der Portier die Tür aufmachte, prasselte der Regen plötzlich stärker, und Chad und Helena eilten ins Trockene. Hanna ging etwa zehn Schritte hinter ihnen und bekam von dem Guss noch etwas ab. Es genügte, um ihn völlig zu durchnässen.
»Wenn es hier regnet, dann richtig!«, sagte er beim Eintreten und schüttelte sich das Wasser aus den Rastalocken.
Helena war vergleichsweise trocken geblieben und sah durch die Glastür in den Regen hinaus, der schon in Bächen über das Kopfsteinpflaster floss. Plötzlich überkam sie ein tiefes Bedauern, dass sie das Treffen mit Wilson verpasst hatte. Nun hatte sie überhaupt keine Ahnung mehr, was los war und wo er sich jetzt aufhielt. Sie drehte sich zum Foyer um und blickte auf zwei lebensgroße Ölgemälde, die die hohen Wände schmückten. Rechts hing eine prächtige Jungfrau Maria, links ein stiller Josef von Nazareth, beide in langen, wallenden Gewändern und mit Heiligenschein. Dass das Hotel klimatisiert war, spürte Helena deutlich, während sie die Kunstwerke an den meist braun gestrichenen Wänden betrachtete.
Von außen schien das zweigeschossige Hotel ein ganz gewöhnliches Gebäude zu sein, mit weiß verputzten Mauern und einem Sockel aus nacktem Stein, der sicherlich noch von den Inkas stammte. Erst wenn man das Foyer betrat, merkte man, dass es ein Renaissancebau von außergewöhnlicher Größe war, der einen geschützten Innenhof hatte. Dort gab es ringsum einen zweistöckigen Säulengang, von dem man in den gepflegten Garten schaute. In der Mitte stand eine große Zeder, die dreimal so hoch war wie das Gebäude. Der Portier sah, wie Helena in den Innenhof schaute, und bemerkte, dass die Zeder der älteste Baum in ganz Cusco sei.
Es donnerte so stark, dass die Wände zitterten. Das Regenwasser strömte wie ein Wasserfall vom Dach in den Innenhof, sodass man kaum bis zur anderen Seite sehen konnte.
Trotz der eindrucksvollen Umgebung konnte Helena nur daran denken, wie sie mit Wilson Verbindung aufnehmen könnte. Sobald sie sich ausgeruht hatte, würde sie im Business Center des Hotels ins Internet gehen, um zu sehen, ob sich ein Hinweis auf Wilsons Verbleib finden ließe.
»Der Manager möchte Sie sprechen«, sagte Chad, als sie mit Helenas Kreditkarte von der Rezeption kam. Zwei Hotelangestellte in einheitlicher Dienstkleidung standen hinter ihr.
»Ich will mit niemandem sprechen«, erwiderte Helena. »Ich möchte nur den Zimmerschlüssel.«
»Ms. Capriarty ist müde und möchte ihr Zimmer beziehen«, sagte Chad zu den Bediensteten. »Ich werde das angrenzende Zimmer nehmen und Mr. Hanna das Zimmer auf der anderen Seite.«
»Es war ein langer Tag«, bemerkte Hanna und riss Helena aus ihren Gedanken. »Ich weiß ja nicht, was Sie suchen, aber ich weiß, dass Sie es finden werden, wenn Sie sich Mühe geben.«
Helena rang sich ein Lächeln ab. »Stellen Sie fest, wo das Business Center ist, John. Ich muss etwas im Internet recherchieren.«
Hanna begab sich sofort an die Rezeption, während Helena durch die großzügige Lobby schlenderte, die wie ein mittelalterlicher Saal aussah. Der Steinboden war mit bunten Teppichen aus Alpakawolle ausgelegt. Es gab mehrere Sitzgruppen mit Ohrensesseln, die einander paarweise gegenüberstanden. In der Mitte stand ein Tisch mit zehn Stühlen aus der Kolonialzeit. Vier runde schmiedeeiserne Kronleuchter hingen zwischen den Mauerbögen, und an der Decke sah man die nackten Holzdielen der darüberliegenden Etage. Am hinteren Ende des Raumes befand sich ein großer Kamin mit sorgfältig aufgeschichteten Scheiten, die nur darauf warteten, dass sie jemand anzündete.
In einem der Sessel
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