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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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je.
    Wilson stützte sich mit einer Hand auf den Felsen und schwang sich mit einem Satz darüber hinweg. Noch im Sprung sah er das schreiende Tier, das hilflos im Gras lag, weil ihm jemand an allen Beinen die Sehnen durchgeschnitten hatte. Wilson landete geschmeidig wie eine Katze, stieß dem Tier das Messer in den Hinterkopf und ruckte die Klinge aufwärts, um die Wirbelsäule zu durchtrennen.
    Endlich herrschte Stille.
    Das Blut war in die Fußspuren gelaufen, die rings um das tote Tier zu sehen waren – es mussten mindestens drei Leute gewesen sein, und sie trugen keine Schuhe. Die Abdrücke waren groß und stammten damit vermutlich von Männern. Und sie hatten dem Tier größtmögliche Schmerzen zufügen wollen, ohne es gleich zu töten.
    Alarmiert zog Wilson das Messer aus dem Eselskopf und wischte mit Daumen und Zeigefinger geschickt das Blut von der Klinge. Dabei hörte er schwere Schritte kommen und wusste, dass es Bingham war, dessen Stiefel auf dem nassen Boden einen unverwechselbaren Schmatzlaut von sich gaben.
    »Nicht schießen, Hiram!«, rief Wilson.
    Sekunden später bog Bingham mit blassem Gesicht um den Felsblock. »Was ist passiert?«
    Wilson deutete auf die Schnittwunden an den Eselsbeinen, wo die durchtrennten Sehnen zu sehen waren.
    Bingham sah aus, als müsste er sich gleich übergeben. Er ging in die Hocke und lehnte sich mit dem Rücken an den Felsen, das Gewehr nervös an die Schulter gedrückt. Er neigte sich dicht an Wilsons Ohr. »Warum hat jemand das getan?«
    »Das ist eine Botschaft«, flüsterte Wilson.
    »Aber wozu?«
    »Die Spuren führen dort entlang.« Wilson wies auf die Abdrücke am Boden.
    Bingham schwenkte den Lauf in die entsprechende Richtung. »Sollen wir ihnen folgen?«
    Plötzlich gellte noch ein Eselsschrei durch die Luft. Wieder unmittelbar vor ihnen. Erschrocken sprang Bingham auf. Ein verwundetes Tier so qualvoll schreien zu hören war für ihn unerträglich. »Warum tut das jemand?«
    Wilson fasste ihn am Ärmel und zerrte ihn in Richtung Hütte.
    Mit Tränen in den Augen lauschte Bingham auf die schrecklichen Schreie. »Wir müssen das Tier von seiner Qual erlösen«, sagte er und sah Wilson über die Schulter hinweg an.
    Der zog ihn ein Stück zurück. »Genau das wollen sie erreichen, schätze ich.«
    »Wohin gehen wir?«, fragte Bingham, der bemerkte, dass Wilson von ihrer Spur zur Hütte abwich.
    »Da drüben ist eine Granitwand«, flüsterte Wilson. »Gleich hinter den Gleisen. Hab ich gestern Abend beim Holzsuchen gesehen. Dort gibt es hauptsächlich Schieferboden, und es wird schwieriger sein, unsere Spur zu verfolgen.«
    Hinter ihnen schrie der Esel, doch sie entfernten sich weiter.
    »Was ist mit unseren Sachen?«, fragte Bingham.
    »Die müssen wir zurücklassen.«
    »Aber mein Whiskey!«
    Wilson zog Bingham so schnell er konnte am Ärmel über den aufgeweichten Boden. »Sie werden ohne ihn auskommen müssen.« Er rückte seine Tasche zurecht und war froh, dass er sie sofort mitgenommen hatte.
    »Wenigstens habe ich meinen Tabak«, sagte Bingham und klopfte auf seine ausgebeulte Jackentasche. Dann blickte er über die Schulter zurück. »Meinen Sie nicht, wir könnten mal eben hinlaufen und unseren Proviant holen?«
    Wilson blieb abrupt stehen und packte Bingham kräftig an der Schulter. »Hören Sie das?« Er zeigte in die Richtung, wo der Esel schrie. »Das ist der Ruf des Todes, und der erwartet Sie, wenn Sie zurück zur Hütte gehen. Sie sollten sich mal fragen, ob eine Flasche Whiskey das wert ist.«
    Bingham lauschte, dann schüttelte er den Kopf. »Sie haben recht. Und wahrscheinlich brauchen wir nur einen Tag bis nach Cusco.«
    »Wir gehen nicht nach Cusco.« Wilson überquerte die Schienen. »Wir gehen weiter nach Vilcabamba.«
    »Aber wir haben überhaupt nichts mehr zu essen dabei!«
    »Ich habe die Berge schon mal durchquert«, hielt Wilson ihm entgegen, während er einen Hang mit losem Schiefer hinaufstieg. »Wir können uns von der Wildnis ernähren, bis wir dort sind – das ist kein Problem.«
    »Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
    Vor ihnen ragte jetzt eine rote Granitwand auf und verlor sich im Nebel. Das Regenwasser lief an ihr herab und ließ die verschiedenen Rottöne des Steins glänzen. Wilson hielt die geöffneten Lippen unter ein Rinnsal, um sich den schrecklichen Geschmack des Todes aus dem Rachen zu spülen.
    »Warum tun sie meinen Eseln das an?«, fragte Bingham, der nervös in den Nebel hinter ihnen spähte. »Ich habe noch nie

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