Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
vom schlichten Revolver bis zur MP5. »Lassen Sie die Waffe fallen!«, verlangten sie gleichfalls und zielten auf Chad.
    Pablo warf sich wie die übrigen Reisenden und das Zugpersonal zu Boden. »Gelobt sei Jesus Christus, mein heiliger Beschützer«, murmelte er.
    Währenddessen saßen Don Eravisto und Helena einander gegenüber, blickten sich in die Augen und verzogen keine Miene. Helena zeigte keine Spur von Angst. Sie blieb vollkommen ruhig, runzelte nicht einmal die Stirn.
    Langsam hob sie die Hand, worauf einen Moment lang Ruhe einkehrte. »Stecken Sie die Waffe weg, Chad«, sagte sie und hörte hinter sich Chads erregten Atem. »Ich habe die Situation unter Kontrolle.«
    »Das kann nicht Ihr Ernst sein«, entgegnete Chad, die den Lauf zwischen den fünf Bewaffneten am hintersten Tisch hin und her schwenkte. Von ihrem Platz aus konnte sie nicht auf Don Eravisto schießen.
    Helena legte den Arm auf die Rückenlehne der Sitzbank und drehte sich zu ihrer Leibwächterin um; Chad hatte die Farbe verloren, auch ihre Lippen waren blass. »Wenn er mich erschießen wollte, hätte er schon abgedrückt«, sagte Helena ruhig.
    Es dauerte einen Moment, bis Chad sich entschließen konnte, die Waffe wegzustecken.
    »Ihre Männer bleiben, wo sie sind«, sagte Helena zu Don Eravisto.
    »Bringen Sie mir Zigaretten!«, rief Don Eravisto.
    »Sie dürfen hier nicht rauchen«, beharrte Helena.
    »Ich tue, was ich will!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Dachten Sie wirklich, ich komme ohne Schutz hierher? Mit meinen Verbindungen zur Vergangenheit weiß ich mehr, als Sie jemals wissen werden!«
    Don Eravisto runzelte die Stirn.
    »Sie haben es mit Kräften zu tun, die Ihr Verständnis übersteigen, Señor. Ich habe Sie ebenso erwartet, wie Sie mich. Ich weiß, was passieren wird und warum. Und darum werden Sie genau das tun, was ich sage.«
    Don Eravisto sah sie mit unnachgiebiger Miene an.
    »Sie werden Ihre Waffe wegstecken, und Ihre Männer werden das Gleiche tun.« Helena langte über den Tisch und drückte mit dem Zeigefinger seinen Revolver weg. »Es gibt vieles zu besprechen; da ist Ihre Waffe nicht erforderlich.«

20.
    A NDEN , P ERU
74 K ILOMETER NORDWESTLICH VON C USCO
O RTSZEIT : 17.13 U HR
17. J ANUAR 1908
    Aclla verfolgte mühelos, wie die vier Pfeile ihrem Ziel entgegenflogen. Die zwei weißen Männer waren bis zur Mitte der Brücke gelangt, ungefähr vierzig Schritt von ihr entfernt. Der Blauäugige trug den Hageren auf den Schultern, hielt ihn mit der einen Hand an den Armen, mit der anderen an einem Bein gepackt. Der Kopf des Hageren baumelte hin und her, als ob der Mann entweder tot oder bewusstlos wäre. Der Blauäugige rannte so schnell, dass er auf den Handlauf aus Lianen nicht angewiesen war. Geschickt hielt er das Gleichgewicht und glich die Schwankungen der Brücke aus.
    Aclla und ihre Kriegerinnen standen, den ungespannten Bogen in der Hand, zu viert nebeneinander am Rand der Schlucht und beobachteten das außergewöhnliche Schauspiel. Es war keine Zeit zum Reden, aber sie waren eins und dachten dasselbe. Wie kann sich dieser Mann so schnell und so kraftvoll bewegen? Solche Stärke hatten die Sonnenjungfrauen noch nicht gesehen. Und sie wussten, dass sie Zeuginnen ungewöhnlicher Tüchtigkeit wurden, die sie selbst trotz genetischer Auslese und strengem Drill nicht erreichten.
    Während die Pfeile durch den Regen auf den Blauäugigen zuschossen, krümmte sich Aclla innerlich zusammen bei dem Gedanken, wie sich die vergifteten Spitzen in sein Fleisch bohren würden. Die Aussicht, einen Mann von solcher Kraft und Anmut zu töten, kam ihr verabscheuungswürdig vor. Nachdem sie gesehen hatte, wozu er in der Lage war, wollte auch sie über diese Fähigkeiten verfügen, und falls dies nicht möglich war, wollte sie sie ihren Nachfahren mitgeben.
    Die vier Pfeile schossen durch den Dunst. Der Blauäugige sprang noch einmal vorwärts – seine Kraft widersprach aller Logik – und erreichte den tiefsten Punkt der Brücke, wo er mit dem schwierigen Aufstieg zur anderen Seite begann. Die drei Kriegerinnen neben Aclla zogen synchron die Bogensehne zurück, Aclla jedoch nicht. Sie wusste, dass wenigstens einer der Pfeile treffen würde. Sie hatte höher gezielt als die anderen.
    Drei Pfeile verfehlten ihr Ziel um eine Handspanne, aber Acllas Geschoss traf den Blauäugigen am linken Oberschenkel und steckte nun im dicken, wasserdichten Stoff seiner Hose. Der Mann fuhr erschrocken zusammen und griff sich ans Bein, während

Weitere Kostenlose Bücher