Die Vergessene Welt
ich mir noch den Kopf zerbrach, wie ich es
beschreiben sollte, fiel mein Blick auf die Morgenausgabe
meiner eigenen Zeitung vom 8. November mit einem
ausführlichen und ausgezeichneten Bericht meines Freundes
und Kollegen Macdona. Was könnte ich Besseres tun, als
diesen Artikel – Überschriften und Text – einfach
abzuschreiben? Ich gebe zu, daß die Zeitung, angesichts ihrer
eigenen Initiative, einen Korrespondenten mitzuschicken, die
Sache etwas hochgespielt hat. Aber die anderen großen
Tageszeitungen brachten kaum weniger ausführliche Berichte.
Hier folgt also der Artikel meines Freundes Mac:
DIE NEUE WELT
GROSSE VERSAMMLUNG IN DER QUEEN’S HALL
CHAOTISCHE SZENEN
AUSSERGEWÖHNLICHER ZWISCHENFALL
NÄCHTLICHER AUFLAUF IN DER REGENT STREET
(Sonderbericht)
§
Die vieldiskutierte Tagung des Zoologischen Instituts, die
einberufen wurde, um den Bericht der Prüfungskommission
entgegenzunehmen, die im vergangenen Frühjahr nach
Südamerika entsandt wurde, um die Behauptungen Professor
Challengers zu überprüfen, fand am vergangenen Abend in der
großen Queens Hall statt. Man darf getrost sagen, daß dieses
Datum in die Geschichte der Wissenschaft eingehen wird,
denn der Ablauf des Abends gestaltete sich derart
bemerkenswert und sensationell, daß keiner der Anwesenden
ihn wohl je vergessen wird.
Die Eintrittskarten waren theoretisch auf Mitglieder des
Instituts und deren Freunde beschränkt. Aber letzteres ist ein
dehnbarer Begriff. Schon lange vor acht Uhr, der für den
Beginn festgesetzten Zeit, war die Halle gedrängt voll. Die
Öffentlichkeit, wütend darüber, ausgeschlossen zu sein,
stürmte in ihrer Unvernunft um Viertel vor acht die Eingänge.
Hierbei wurden mehrere Personen verletzt, darunter auch
Inspektor Scoble von der Ordnungsabteilung, der sich
unglücklicherweise
ein
Bein
brach.
Nach
dieser
unverantwortlichen Invasion, die nicht nur alle Gänge
verstopfte, sondern auch vor den für die Presse reservierten
Bänken nicht haltmachte, dürften es an die fünftausend
Menschen
gewesen
sein,
die
das
Erscheinen
der
Forschungsreisenden erwarteten. Auf dem Podium hatten die
führenden Wissenschaftler unseres Landes, Frankreichs und
Deutschlands Platz genommen. Schweden war ebenfalls
vertreten, und zwar durch Professor Sergius, den berühmten
Zoologen der Universität Uppsala.
Als die vier Helden des Tages den Saal betraten, erhob sich
die gesamte Zuhörerschaft von den Plätzen und jubelte ihnen
minutenlang zu. Ein scharfer Beobachter jedoch konnte
zwischen
dem
allgemeinen
Applaus
vereinzelt
Mißfallenskundgebungen heraushören und voraussagen, daß
das Programm einen eher lebhaften als harmonischen Verlauf
nehmen würde. Man darf jedoch getrost behaupten, daß
niemand die außerordentliche Wendung hätte voraussehen
können, die dann tatsächlich eintreten sollte.
Über die äußere Erscheinung der vier Reisenden braucht nur
wenig gesagt zu werden, da ihre Fotografien in den letzten
Tagen durch die Presse gegangen sind. Sie zeigen kaum Spuren
der Entbehrungen, die sie durchgemacht haben sollen,
Professor Challengers Bart ist vielleicht struppiger, Professor
Summerlees Gesicht noch asketischer und Lord John Roxtons
Gestalt etwas hagerer. Alle drei sind tief gebräunt von der
Sonne. Jeder einzelne schien sich bester Gesundheit zu
erfreuen. Was unseren eigenen Vertreter betrifft, den bekannten
Sportsmann und internationalen Fußballspieler E. D. Malone,
so wirkt er durchtrainiert bis auf die Knochen. Während er über
die Menge hinblickte, erschien ein gutmütig-zufriedenes
Lächeln auf seinem ehrlichen, offenen Gesicht.
Nachdem Ruhe eingetreten war und das Publikum seine
Plätze wieder eingenommen hatte, hielt der Vorsitzende, der
Herzog von Durham, eine Ansprache. Er wolle, sagte er, die
große Versammlung keinen Augenblick länger als nötig auf
die Folter spannen. Es wäre nicht seine Sache,
vorwegzunehmen, was Professor Summerlee, der Sprecher des
Komitees, gleich zu sagen habe. Aber es sei bereits allgemein
bekannt, daß die Expedition von außergewöhnlichem Erfolg
gekrönt sei. Es folgte stürmischer Applaus. Das Zeitalter der
Romantik sei anscheinend noch nicht vorbei, fuhr der
Vorsitzende fort, und es gebe noch Gefilde, in denen die
wildesten Phantasien des Dichters den tatsächlichen
wissenschaftlichen Forschungen entsprechen würden. Ehe er
sich setze, wolle er nur noch hinzufügen, daß er sich
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