Die Vergessene Welt
glücklich
schätze, daß diese Herren gesund und munter von ihrem
schweren und gefährlichen Auftrag zurückgekehrt seien. Es
könne doch nicht bestritten werden, daß ein unglücklicher
Ausgang dieser Expedition für die zoologische Wissenschaft
einen nie wieder gutzumachenden Verlust bedeutet hätte. Es
folgte allgemeiner Beifall, an dem Professor Challenger sich
beteiligte.
Als Professor Summerlee sich anschließend erhob, brach
ein neuer Begeisterungssturm los, der während seiner Rede
immer wieder anschwoll. Sein Vortrag kann hier nicht in
seinem ganzen Wortlaut wiedergegeben werden, denn ein
ausführlicher
Bericht
aus
der
Feder
unseres
Sonderberichterstatters über den Gesamtverlauf der Expedition
befindet sich im Druck. Einige Andeutungen in groben Zügen
mögen deshalb hier ausreichen.
Professor Summerlee erzählte zunächst die Vorgeschichte
und zollte dabei seinem Freund, Professor Challenger, den
schuldigen Tribut, verbunden mit einer Entschuldigung wegen
der Ungläubigkeit, mit der er zunächst dessen jetzt voll
gerechtfertigte Behauptungen aufgenommen habe. Dann
beschrieb er den Verlauf der Reise, wobei er sorgfältig
jegliche Information vermied, die der Öffentlichkeit hätte
behilflich sein können, die geografische Lage dieses
bemerkenswerten Plateaus festzulegen. Nach einem knappen
Bericht über den Reiseweg vom Amazonas bis zum Fuß der
Klippen schilderte er die Schwierigkeiten, denen sich die
Expedition bei ihren wiederholten Versuchen, nach oben zu
gelangen, gegenübersah. Der Erfolg mußte schließlich mit dem
Leben ihrer beiden treuen halbblütigen Diener bezahlt
werden.
Als er so seine Zuhörer im Geiste auf den Gipfel geführt und
ihnen dort durch den Absturz der Brücke den Rückweg
abgeschnitten hatte, ging der Professor dazu über, die
Schrecken und die Vorzüge dieses bedeutungsvollen Landes
aufzuzählen. Von persönlichen Erlebnissen sprach er nur
wenig, legte aber um so größeres Gewicht auf die
Erkenntnisse, die für die Wissenschaft mit der Erforschung des
wunderbaren Tier-, Vogel-, Insekten- und Pflanzenlebens auf
dem Plateau gewonnen werden konnten. Als besonders
reichhaltig hätten sich die Coleoptera erwiesen, von denen
sechsundvierzig,
und
die
Lepidoptera,
von
denen
vierundneunzig neue Arten innerhalb weniger Wochen
gesichert werden konnten. Das Interesse des Publikums galt
jedoch besonders den größeren Tieren, vor allem den
Riesenungeheuern, die man bisher längst ausgestorben glaubte.
Professor Summerlee zählte eine stattliche Anzahl dieser Tiere
auf und betonte, die Liste sei noch lange nicht vollständig, was
zweifellos eine nähere Erforschung des Plateaus zu einem
späteren Zeitpunkt beweisen werde.
Er und seine Gefährten wären wenigstens einem Dutzend
von Lebewesen begegnet, die zu keiner der Wissenschaft
bekannten Art gehörten. Im Laufe der Zeit würden auch diese
klassifiziert und näher untersucht werden. Er führte eine
Schlange
an,
deren
abgestreifte,
purpurrote
Haut
einundfünfzig Fuß lang war, und erwähnte ein weißes
Geschöpf, das in der Dunkelheit deutliche Phosphoreszenz
erkennen ließ; ferner einen schwarzen Falter, dessen Biß bei
den Indianern als äußerst giftig galt. Ungeachtet dieser völlig
neuen Arten sei das Plateau überaus reich an bekannten
urzeitlichen Lebensformen, die zum Teil bis in den frühen Jura
zurückreichten.
Unter
anderem
erwähnte
Professor
Summerlee den gigantischen und grotesken Stegosaurus, den
Mr. Malone einmal am See beobachtet habe und der schon im
Skizzenheft des amerikanischen Abenteurers Maple White
abgebildet sei. Weiter beschrieb er das Iguanodon und den
Pterodactylus.
Dann versetzte Professor Summerlee die Versammlung in
atemlose Spannung, als er einen kurzen Bericht gab über die
furchtbaren fleischfressenden Dinosaurier, die bei mehreren
Gelegenheiten Mitglieder der Expedition verfolgt hatten.
Anschließend kam er auf einen riesigen, bösartigen Vogel, den
Phororachus, zu sprechen sowie auf einen großen Elch, der das
Hochland durchstreift. Als Professor Summerlee die
Geheimnisse des Gladys-Sees schilderte, erreichten Interesse
und Begeisterung der Zuhörer den Höhepunkt. Man kniff sich
unwillkürlich in den Arm, um sich zu vergewissern, daß man
nicht träumte, während der nüchterne und sachliche Professor
in kühlen, gemessenen Worten die ungeheuren Fischechsen
und riesigen Seeschlangen beschrieb, die dieses
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