Die Vergessene Welt
Bescheid«, sagte ich.
»Ich habe William viel von dir erzählt«, sagte Gladys. »Wir
haben keine Geheimnisse voreinander. Es tut mir ja so leid.
Aber so tief kann deine Liebe zu mir nicht gegangen sein, sonst
wärst du nicht um die halbe Welt gereist und hättest mich
allein hier zurückgelassen. Du bist doch jetzt nicht
eingeschnappt, oder?«
»Überhaupt nicht. Aber ich glaube, ich muß jetzt wieder
gehen.«
»Wollen Sie nicht etwas trinken?« fragte der mickrige
Rotschopf. »Es ist offensichtlich immer wieder dasselbe, was?
Muß ja aber auch so sein, wenn wir die Polygamie nicht
einführen wollen.«
Er lachte idiotisch, während ich zur Tür ging.
Ich war schon draußen, als ich einer plötzlichen Eingebung
folgend noch einmal zurückging.
»Würden Sie mir bitte eine Frage beantworten?« bat ich.
»Kommt darauf an«, sagte Mr. Potts.
»Wie haben Sie es denn geschafft? Haben Sie einen
verborgenen Schatz ausgegraben, einen neuen Pol entdeckt, als
Pirat die Welt umsegelt, oder sind Sie über den Kanal geflogen?
Mit welcher Art von Romantik haben Sie ihr imponiert?«
Aus dem gutmütigen, dümmlichen Gesicht sahen mich zwei
Augen entgeistert an.
»Finden Sie diese Fragen nicht etwas sehr persönlich?«
meinte er.
»Nein«, sagte ich. »Noch eine letzte Frage: Was sind Sie von
Beruf?«
»Ich bin Buchhalter«, sagte Mr. Potts stolz. »Zweiter Mann
bei der Firma Johnson und Merrivale in der Chancery Lane
Nummer einundvierzig.«
»Aha«, sagte ich. »Dann gute Nacht.«
Und damit ging ich endgültig. Und wie allen Helden, denen
das Herz gebrochen wird, brodelte in mir eine Mischung aus
Zorn, Kummer und Heiterkeit, während ich in die Dunkelheit
hinausstapfte.
Noch eine letzte kleine Szene, und ich bin fertig. Gestern
waren wir in Lord Johns Appartement zum Abendessen
eingeladen. Hinterher saßen wir in guter Kameradschaft
rauchend beisammen und unterhielten uns über unsere
Abenteuer. Es war sonderbar, diese alten vertrauten Gesichter
in so veränderter Umgebung zu sehen. Da war Challenger mit
seinem herablassenden Lächeln, dem unduldsamen Blick, den
halb gesenkten Lidern, seinem angriffslustigen gesträubten
Bart und seinem gewaltigen Brustkasten, der sich blähte und
vorwölbte, während er Summerlee die Meinung sagte. Und
Summerlee selbst saß da, die kurze Stummelpfeife zwischen
dem dünnen Schnurrbart und dem grauen Ziegenbart, das
faltige Gesicht im Eifer des Gefechts vorgebeugt, während er
alles, was Challenger sagte, der Reihe nach bestritt. Und
endlich war da unser Gastgeber mit seinem kantigen
Adlergesicht und den kalten, gletscherblauen Augen, aus deren
Tiefe Übermut und Humor schimmerten. Das ist das letzte
gemeinsame Bild von ihnen, das sich meinem Gedächtnis
eingeprägt hat.
Nach dem Abendessen in Lord Johns Allerheiligstem – dem
Zimmer mit der rötlichen Beleuchtung und den unzähligen
Trophäen – war es, daß Lord John uns noch etwas zu sagen
hatte. Er hatte eine alte Zigarrenkiste aus dem Schrank geholt
und vor sich auf den Tisch gestellt.
»Da wäre noch eine Sache«, sagte er, »die ich vielleicht
schon früher hätte zur Sprache bringen sollen, aber ich wollte
erst mal genau wissen, woran ich bin. Es hat schließlich keinen
Zweck, unnötig Hoffnungen zu wecken, aus denen dann
nichts wird. Aber jetzt haben wir es ja mit Tatsachen zu tun,
nicht mit Hoffnungen. Erinnern Sie sich noch an den Tag, als
wir die Pterodactylenkolonie im Sumpf entdeckten? Nun, an
der Bodenbeschaffenheit dieses Platzes fiel mir etwas auf.
Vielleicht ist es Ihnen entgangen. Es war ein vulkanischer
Trichter mit blauem Ton.«
Die Professoren nickten zustimmend.
»Bisher habe ich nur an einer einzigen Stelle auf der ganzen
Welt einen Krater mit blauem Ton gesehen. Das war bei der
großen De-Beers-Diamantenmine in Kimberley. Ich habe den
Gedanken an die Diamanten nicht mehr aus dem Kopf
vertreiben können und mir deshalb diesen Apparat
zusammengebastelt, der mir die stinkenden Biester vom Leibe
hielt, und dort einen wunderschönen Tag mit der Hacke
verbracht. Das hier habe ich gefunden.«
Er öffnete die Zigarrenkiste, kippte sie um und schüttete
etwa vierzig bohnen- bis haselnußgroße, unansehnliche Steine
auf den Tisch.
»Sie werden vielleicht sagen, ich hätte Ihnen gleich von
meinem Fund erzählen müssen«, fuhr er fort. »Das mag richtig
sein. Nur wußte ich, daß es für den Unerfahrenen eine Menge
Täuschungsmöglichkeiten gibt und
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