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Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)

Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)

Titel: Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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Register«, informierte er Wünnenberg, bevor sie sich gemeinsam der Küche, sowie der angrenzenden Speisekammer zuwandten. Letztere hätte eigentlich vielmehr die Bezeichnung Getränkekammer verdient: Neben acht Kästen Bier, und hierbei handelte es sich nicht um gängige norddeutsche Sorten, sondern um verschiedene fränkische, wirkten die zwei Wasser- und Orangensaftkästen lächerlich.
    Das Badezimmer förderte nichts Verwunderliches zutage. Der Raum war spartanisch eingerichtet: Toilette, Wanne, die offensichtlich auch als Dusche genutzt wurde, und ein Handwaschbecken mit einem großen geschwungenen Sechziger-Jahre-Spiegel über der Ablage. Bademöbel gab es nicht. Ein Handtuch hing neben dem Waschbecken, und ein Badetuch lag vor der Wanne. Rasierzeug, Zahnpasta und -bürste waren auf der Ablage unter dem Spiegel aufgereiht. Keine Spur von Kosmetika. Das Zimmer machte einen sauberen Eindruck, genau wie die Küche. Auch die restlichen Zimmer waren auf den ersten Blick unauffällig.
    Als Hackenholt und Wünnenberg gerade beschlossen hatten, dass es für sie in der Wohnung im Moment nichts weiter zu entdecken gab, rief Mur nach ihnen. Eilig stiegen sie die wenigen Stufen hinunter zu der Stelle, an der eine kleine Plastikflasche mit einer strohhalmähnlichen Verlängerung stand. Mur nahm die Flasche in die Hand und spritzte ein paar Tropfen Flüssigkeit auf den Holzboden. Dann massierte sie energisch mit dem Finger in kleinen Kreisen auf der Stelle herum. Wünnenberg konnte sich trotz aller Mühe ein Grinsen nicht komplett verkneifen.
    »Schaut!«, sagte Mur barsch.
    Hackenholt ging neben ihr in die Hocke. Auf der Stufe hatte sich Schaum gebildet. Schnell schlüpfte Hackenholt in einen Handschuh, bevor er seinen Finger hineintauchte und ebenfalls darin herumrieb. Es fühlte sich glitschig, fast schmierig an. Als er seine Finger an die Nase hielt, nahm er einen schwachen Seifengeruch wahr. Mur sah ihn auffordernd an.
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Könnte das nicht jeder Haushaltsreiniger sein?«
    »Glaube ich nicht. Normale Scheuermilch schäumt nicht so stark. Außerdem sind die meisten Mittel heute sehr scharf und haben irgendeinen Duft beigemischt, aber das hier riecht einfach nur nach Seife.«
    Wünnenberg sah sie skeptisch an. »Du meinst, jemand hat mit Seife auf den Stufen herumgerieben, damit der Mann ausrutscht?«
    Mur schüttelte den Kopf. »Nicht Körperseife«, antwortete sie mit einem leisen Lächeln. »Ich würde das für gute alte Schmierseife halten. Mal schauen, was das Labor dazu sagt.«
    Mehr gab es im Moment nicht zu tun. Wünnenberg versiegelte Sieberts Wohnungstür. Mur wollte sich noch in der Nacht darum kümmern, dass die sichergestellten Proben zum LKA nach München gesandt wurden. Für den Morgen plante sie, mit einem Team in die Wohnung zurückzukehren, um sie sich gründlich vorzunehmen. Wünnenberg wurde die Anwesenheit bei der Obduktion aufs Auge gedrückt. Hackenholt selbst nahm sich vor, die Eltern des Toten zu informieren und eine erste, behutsame Befragung vorzunehmen. Das hatte jedoch bis zum Morgen Zeit. Er wollte ihnen noch eine letzte ruhige Nacht gönnen.
     
    Als der Hauptkommissar das Haus in der Meuschelstraße verließ, bemerkte er, dass sich das Wetter verschlechtert hatte: Leichter Nieselregen hatte eingesetzt, und die Temperatur war spürbar gesunken.

4
     
    Zurück in seiner Wohnung, blieb Hackenholt einen Moment vor dem Spiegel stehen. Während er die grauen Haare betrachtete, die sich an den Schläfen in seine kurzgeschnittenen dunkelbraunen zu mischen begannen, ließ er den vergangenen Abend nochmals vor seinem geistigen Auge Revue passieren.
    Die Möllenhäußers mit ihrer hübschen Villa am Stadtrand waren für ihn der Inbegriff des friedlichen Ehepaares. So hatte er sich sein Leben vorgestellt: mit Kindern, einem Haus und einem großen Garten. Jetzt wurde er bald vierzig. Und was war aus ihm geworden? Ein müder Mann, dessen Haare allmählich grau wurden, und der, genau wie Wünnenberg es in naher Zukunft tun würde, jeden Abend in eine kalte leere Wohnung zurückkehrte. Er sollte etwas an seinem Leben ändern, wieder auf Menschen zugehen, er wurde schließlich nicht jünger. Resigniert wandte er sich vom Spiegel ab und ging ins Schlafzimmer.
     
    Natürlich fühlte er sich zerschlagen, als das Läuten seines Weckers ihn knapp zwei Stunden später aus dem Schlaf riss. Der Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass das Wetter weiterhin mit grauen Wolken

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