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Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)

Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)

Titel: Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
Autoren: Stefanie Mohr
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das Gespräch so kurz wie möglich halten. Es war mittlerweile schon dämmrig und die Temperatur um einige Grade gesunken.

Lila – 8
     
    Sie schulterte ihren großen, schwarzen Stoffrucksack, in dem sich all die Dinge befanden, die sie für ihr Vorhaben brauchte. Dann brach sie in Richtung Nürnberger Innenstadt auf. Ihr Ziel war der um diese Jahreszeit verlassene Burggarten.
    Die kleinen, versteckt gelegenen Burggärten hatten sie schon seit jeher fasziniert, gerade weil sie heute kaum mehr Beachtung fanden. Sie stammten aus dem Mittelalter, als Nürnberg eine Veste war. Genau genommen waren es früher Bastionen, die der Rat der Stadt Nürnberg vor dem Schwedenkrieg hatte errichten lassen. Zwischen innerer und äußerer Burgmauer eingekeilt, bestanden sie nun aus mehreren terrassenförmig aneinander gereihten Grünflächen, die durch Treppen miteinander verbunden waren. Da die Burggärten jedoch in keiner Weise mit den riesigen, traumhaft angelegten Gärten der französischen Schlösser zu vergleichen waren, warf so mancher Tourist nur einen kurzen Blick hinter das Zugangstor, und wandte sich dann enttäuscht anderen Sehenswürdigkeiten zu.
    Aber genau die Gärten waren ihr Ziel in der kühler werdenden Oktobernacht. Obwohl sie die Zeit wie immer großzügig bemessen hatte, legte sie einen Schritt zu, schließlich wollte sie sich nicht verspäten. Sie musste unter allen Umständen als Erste dort sein.
     
    Gestern hatte sie den Brief persönlich bei ihm eingeworfen. Sie hatte ihm geschrieben, dass er heute Abend um halb elf in den dritten der aneinander grenzenden Gärten auf Höhe des Tiergärtner Tors kommen sollte. Nun hoffte sie inständig, dass er die darin enthaltenen Anweisungen befolgen würde – sie wollte die Sache heute Abend zum Abschluss bringen. Das war sie ihrer Schwester schuldig. Vielleicht fand sie dann auch selbst ihren Seelenfrieden wieder.
     
    Eiligen Schritts lief sie über die alte Holzbrücke, die am Hexenhäuschen vorbei über den Burggraben in den alten Burgvorhof führte. Wie eine verspätete Touristin ging sie zur großen Aussichtsplattform und schaute über die Dächer von Nürnberg, bevor sie sich dem Eppeleinsprung an der Nordseite der Burganlage zuwandte. Dabei behielt sie den Eingang zu den Burggärten im Auge. Niemand beachtete das alte, abgelegene Tor. Es waren sowieso nur wenige Leute unterwegs. An der Burgmauer standen außer ihr nur ein knutschendes Pärchen und ein paar Jugendliche, die sicher aus der nahe gelegenen Jugendherberge stammten.
    Sie sah auf ihre Uhr, bevor sie von der Mauer zurück trat und sich in den Schatten der alten Burggebäude stellte. Es war erst halb zehn – ihr blieb also noch genügend Zeit. Als sie sicher war, dass sie niemand beobachtete, schlüpfte sie unauffällig durch das unscheinbare Tor.
     
    Der oberste Burggarten lag verlassen vor ihr. Sie durchschritt ihn zügig, versuchte, sich immer im Schatten der Bäume und der Mauer zu halten, und stieg über die alten unregelmäßigen Sandsteinstufen zum zweiten, tiefer gelegenen Burggarten hinunter. Er war nicht nur etwas kleiner als der erste, sondern auch weniger geschützt, da in ihm nur schmale Buchsbaumhecken standen, die im Sommer üppige Rosenbeete umgaben.
    Sie trat an den oberen Rand der langen Treppenflucht, die zum dritten Garten führte, in dem sie verabredet war und sah hinunter. Von hier aus konnte man das Ende der Treppe nicht erkennen, und den dort gelegenen Terrassengarten schon gar nicht. Er würde also hinuntergehen müssen, um zu sehen, wo sie war.
    Die Stufen der fast drei Meter breiten Treppe, bestanden aus altem, handbehauenem und mittlerweile ausgetretenem Sandstein. Einer Freitreppe ähnlich wurde sie links und rechts von einer sandsteinernen Balustrade begrenzt, hinter der auf dem schmalen Streifen bis zur Mauer dichtes Gestrüpp wucherte, das seit vielen Jahren nicht mehr geschnitten worden war.
    Sie zwängte sich seitlich etwa fünf Stufen weit durch das Gebüsch hinab. Für ihren Plan war die Stelle, an der sie sich nun befand, wie geschaffen, da man von hier aus jeden sehen konnte, der aus dem ersten Garten herunterkam. Und natürlich würde er den Garten oben von der Burg aus betreten. Nicht nur, weil das Tor seiner Wohnung näher lag, sondern vor allem, weil nur wenige Menschen von der Existenz der enorm gut versteckten Pforte unten im fünften Burggarten wussten.
    Noch ein Blick auf die Uhr: Eine Dreiviertelstunde bis zum Treffen. Auf allen Vieren kletterte sie den
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