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Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)

Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)

Titel: Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
Autoren: Stefanie Mohr
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Zeit, die volle Weißweinflasche aus dem Rucksack zu holen und der niedergestreckten Gestalt damit den Schädel einzuschlagen, wie sie es ursprünglich vorgehabt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass er sich bei dem Sturz genügend Verletzungen zugezogen hatte, um nie wieder das Bewusstsein zu erlangen.
    Während sie zur Treppe rannte, die zur nächsten, tiefergelegenen Terrasse führte, hörte sie hinter sich lautes Rufen. Die Leute hatten den am Boden liegende Mann entdeckt – wenn nicht sogar ihre flüchtende Gestalt. Sie beschleunigte ihre Schritte so sehr sie konnte, und flog förmlich die kurze Treppenflucht in den vierten Burggarten hinab. Ihr Puls raste, und ihr Atem ging keuchend, während sie den Garten durchquerte und noch einmal eine Treppe hinunter hastete. Im letzten Burggarten hielt sie sich dicht bei der Mauer, bis sie zu der schmalen, unscheinbaren Pforte kam, die aus der Anlage führte.
    Sie holte ein paar Mal tief Atem, bevor sie die alte Klinke hinunterdrückte und die Holztür mit einem leisen Quietschen öffnete.

16
     
    Als das Telefon um kurz nach elf zu läuten begann, ignorierte Hackenholt es geflissentlich – es bestand immerhin der Hauch einer Chance, dass es nichts Dienstliches war. Er spürte, wie Sophie, die eng an ihn geschmiegt neben ihm auf dem Sofa lag, beim ersten Klingelton unter seinem Arm zusammenzuckte.
    »Einfach nicht darauf achten«, flüsterte er ihr leise ins Ohr, während er weiterhin über ihren Rücken streichelte. Als jedoch nur ein paar Sekunden später sein Diensthandy zu piepsen begann, konnte er es nicht weiter ignorieren. Resignation machte sich in ihm breit – der Anruf konnte nur eins bedeuten. Zögernd löste er sich von Sophie, stand vom Sofa auf und meldete sich verärgert.
    Es war Mur. Sie hörte wohl an seinem Tonfall, dass sie störte. Daher entschuldigte sie sich kurz, was sie sonst nie tat, bevor sie zur Sache kam. »Ich bin gerade in die Burggärten gerufen worden, weil ein Mann die Treppe hinuntergestürzt ist.« Sie machte eine kurze Pause, bevor sie hinzufügte: »Es ist Jürgen Degel. Er hat noch gelebt, als der Notarzt eintraf. Es sieht jedoch nicht sonderlich gut für ihn aus: Er hat eine schwere Kopfverletzung. Ich dachte, du würdest dir den Tatort gerne selbst anschauen, denn, dass Degel nicht einfach nur so über seine Füße gestolpert ist, ist ganz offensichtlich.«
    »Gut. Ich mach mich gleich auf den Weg. Trommelst du bitte das restliche Team zusammen?«, bat Hackenholt.
    Nachdem er das Gespräch beendet hatte, schloss er für einen kurzen Moment die Augen. Jeder, absolut jeder Moment wäre ihm willkommener gewesen als ausgerechnet jetzt. Langsam drehte er sich zu Sophie um und versuchte sie anzulächeln, was ihm jedoch kläglich misslang. Obwohl sie nur seinen Teil des Gesprächs mitbekommen hatte, war ihr der Wechsel in seinem Tonfall nicht entgangen.
    »Komm, gehen wir«, sagte sie ohne erkennbare Verärgerung, während sie sich vom Sofa erhob.
    Er legte seine Arme um sie und zog sie an sich. »Es tut mir leid«, murmelte er in ihr Haar. »Es ist etwas passiert, ich muss weg.« Er seufzte. »Ich weiß nicht, wann ich wieder zurück bin. Es wird sicher ein paar Stunden dauern, aber ich würde mich unsäglich freuen, wenn du nicht gehst. Bitte bleib hier bei mir, Sophie.« Er gab ihr noch einen kurzen Kuss auf die Augenbraue, bevor er sich von ihr abwandte und im Hinausgehen nach seiner Jacke griff.
     
    »Es gibt zwei Zeugen, die gesehen haben, wie sich eine dunkel gekleidete Gestalt von dem Mann abgewandt hat und weggerannt ist. Manfred und Ralph sind mit ihnen ins Kommissariat gefahren, um sie dort zu vernehmen«, informierte Mur den schweigsamen Hauptkommissar, während sie ihn zum Rand der Treppe führte. Auch dieses Mal hatte die Spurensicherung die nächtliche Szene mit Scheinwerfern taghell erleuchtet.
    »Auf unverfälschte Spuren brauchst du gar nicht erst zu hoffen. Als Erstes ist hier das Pärchen, das Degel gefunden hat, zweimal rauf und runter gelaufen, und dann eine komplette Rettungswagenmannschaft mit Notarzt und Fahrer«, teilte sie ihm mit. »Natürlich werden wir trotzdem so gründlich wie möglich arbeiten, aber es würde an ein Wunder grenzen, wenn wir hier noch einen brauchbaren Abdruck bekämen.«
    Beim Hinabsteigen sah Hackenholt die vielen Glasscherben und inspizierte den dünnen Draht, auf den ihn die Kollegin hinwies. Nun konnte er sich ein klares Bild vom Ablauf machen: Degel musste die Stufen hinuntergegangen
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