Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall
würde ich lieber mit anderen Worten kennzeichnen«, erwiderte Drizzt, obwohl sich ein Lächeln auf seinem sonst so leidenschaftslosen Gesicht zeigte. Er wußte, daß sein Plan sicher war und der Sieg den Bewohnern von Zehn-Städte gehören würde. »Geh jetzt und stelle die Falle auf — du hast nicht mehr viel Zeit!«
»Wir waren gerade dabei, die Frauen und Kinder auf die Boote zu bringen, als uns Knurrbauch die Nachricht überbrachte«, erklärte Bruenor. »Wir werden dieses Pack von unseren Grenzen verjagen, noch bevor der Tag zu Ende geht!« Der Zwerg stand breitbeinig in der für ihn typischen Kampfstellung da und schlug zur Unterstreichung seines Standpunktes mit seiner Axt gegen den Schild. »Du hast ein Auge für Strategie, Elf. Dein Plan wird die Überraschung der Barbaren ausnutzen und den Ruhm gleichmäßig unter denen aufteilen, die Ruhm nötig haben.«
»Selbst Kemp aus Targos dürfte erfreut sein«, setzte Drizzt hinzu.
Bruenor schlug seinem Freund auf den Arm und wandte sich zum Aufbruch. »Du wirst also an meiner Seite kämpfen?« fragte er über die Schulter, obwohl er die Antwort bereits kannte.
»So wird es sein«, versicherte Drizzt ihm.
»Und die Katze?«
»Guenhwyvar hat bereits seinen Anteil an der Schlacht geleistet«, erwiderte der Dunkelelf. »Ich werde meinen Freund bald nach Hause schicken.«
Bruenor war über die Antwort erleichtert, denn er traute dem seltsamen Tier nicht. »Es ist einfach nicht von normaler Natur«, sagte er zu sich, während er durch Bremens Paß auf das versammelte Heer von Zehn-Städte zu marschierte.
Bruenor war bereits weit entfernt, so daß Drizzt seine letzten Worte nicht mehr verstand, aber er kannte den Zwerg gut genug, um sich einen Reim auf sein Murren machen zu können. Er hatte Verständnis für das Unbehagen, das Bruenor und viele andere in Gegenwart der geheimnisvollen Katze befiel. Während für sein Volk, die Bewohner der Unterwelt, die Magie ein wichtiger und notwendiger Bestandteil ihres Lebens war, fand sie bei dem einfachen Volk auf der Oberfläche so gut wie keine Anwendung und stieß auf wenig Verständnis. Gerade Zwerge hatten normalerweise ein ungutes Gefühl dabei und machten mit ihrer Abneigung nur bei kunstvollen magischen Waffen und Rüstungen, die sie allerdings häufig selber herstellten, eine Ausnahme.
Der Dunkelelf dagegen hatte vom ersten Tag an, an dem er Guenhwyvar kennengelernt hatte, keine Angst vor ihm gehabt. Die Statuette hatte Masoj Hun'ett gehört, einem hochangesehenen Dunkelelfen aus einer bedeutenden Familie der großen Stadt Menzoberranzan, und sie war das Geschenk eines Tanar-Ri-Fürsten gewesen, dem Masoj bei einem Problem mit einigen lästigen Gnomen geholfen hatte. Im Laufe der Jahre waren sich Drizzt und die Katze viele Male, vor allem bei verabredeten Treffen, in der dunklen Stadt begegnet. Sie konnten sich gut ineinander einfühlen, wodurch ihre Beziehung über die der Katze zu ihrem damaligen Herrn hinausging.
Guenhwyvar hatte Drizzt einmal sogar vor dem sicheren Tod bewahrt, ohne von ihm gerufen worden zu sein, als hätte er schützend über ihn gewacht. Das war zu einer Zeit gewesen, als Drizzt noch nicht sein Herr war. Der Dunkelelf hatte sich allein zu einer Reise von Menzoberranzan zu einer Nachbarstadt aufgemacht. Dabei geriet er in die Gewalt eines Höhlenfischers, eines der krabbenähnlichen Bewohner der dunklen Höhlen, die sich normalerweise in einer Nische hoch über der Erde in einem Tunnel einnisteten und von dort eine unsichtbare, klebrige Leine herabließen. Wie ein Angler hatte dieser Höhlenfischer gewartet, und wie ein Fisch war Drizzt ihm in die Falle gegangen. Die klebrige Leine hatte sich um ihn gewickelt, und wehrlos war er an der Steinwand des Tunnels hinaufgezogen worden.
Er hatte keine Hoffnung gehabt, diese Begegnung zu überleben, und hatte es als gegeben hingenommen, daß ihm ein schrecklicher Tod bevorstünde.
Doch plötzlich war Guenhwyvar aufgetaucht und über die rissigen Vorsprünge in der Wand auf die gleiche Höhe wie das Ungeheuer gelangt. Ohne Rücksicht auf sich selbst hatte die Katze den Fischer ohne jedes Zögern angegriffen und ihn von seinem Platz gestoßen. Das Ungeheuer, das nur noch wünschte, sich selbst in Sicherheit zu bringen, hatte sich davonzuschleichen versucht, aber Guenhwyvar war ungestüm über es hergefallen, als wollte er es für den Angriff auf Drizzt bestrafen.
Von diesem Tag an wußten der Dunkelelf und die Katze, daß sie für immer
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