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Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme

Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme

Titel: Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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ich dir erweisen soll«, zischte der Geist, »und laß mich wieder gehen. Deine bloße Gegenwart beleidigt mich.«
    Dendybar kochte vor Wut, aber er setzte den Streit nicht fort. Bei einem Beschwörungszauber arbeitete die Zeit gegen Dendybar, denn es zehrte seine Kräfte auf, einen Geist auf der stofflichen Ebene zu halten, und jede Sekunde schwächte ihn ein wenig mehr. Die größte Gefahr bei jeder Beschwörung war, daß der Beschwörer die Herrschaft zu lange wahren wollte und dann zu geschwächt war, um die Gewalt über die Wesenheit, die er gerufen hatte, zu behalten.
    »Heute verlange ich von dir nur eine simple Antwort, Morkai«, erklärte Dendybar, der jedes Wort sorgfältig auswählte, das er in den Mund nahm. Morkai fiel diese Vorsicht auf, und er vermutete, daß Dendybar etwas zu verbergen hatte. »Wie lautet denn die Frage?« drängte der Geist.
    Dendybar gab seine Vorsicht jedoch nicht auf, sondern überdachte jedes Wort, bevor er es aussprach. Morkai sollte nicht den kleinsten Hinweis auf die Beweggründe seiner Suche nach dem Dunkelelfen erhalten, denn der Geist würde wahrschein lich diese Information auf allen Ebenen weitergeben. Viele mächtige Wesen, vielleicht auch Morkais Geist, würden sich auf die Suche nach dem Relikt begeben, sobald sie einen Hinweis auf den Verbleib des Gesprungenen Kristalls hätten.
    »Vier Reisende, unter ihnen ein Dunkelelf, sind heute von Eiswindtal nach Luskan gekommen«, erklärte der bunte Zauberer. »Was haben sie hier in der Stadt zu suchen? Warum sind sie hier?«
    Morkai musterte aufmerksam seinen Peiniger und versuchte, den Grund für diese Frage zu erkennen. »Das ist eine Frage, die du besser deiner Stadtwache stellen solltest«, erwiderte er. »Beim Betreten der Stadt mußten die Reisenden doch bestimmt den Grund für ihren Besuch angeben.«
    »Aber ich frage dich!« schrie Dendybar, der plötzlich vor Wut platzte. Morkai hielt ihn hin, und jede Sekunde kostete Dendybar Kraft. Morkais Wesen war durch seinen Tod nur geringfügig geschwächt worden, und er kämpfte dickköpfig gegen die magische Bindung der Beschwörung an. Dendybar riß eine Pergamentrolle vor ihm auf.
    »Davon habe ich bereits ein Dutzend geschrieben«, warnte er.
    Morkai zuckte zusammen, denn er wußte, was damit gemeint war. Auf dieser Schriftrolle stand der Name seines wahren Seins geschrieben. Und wenn sein Name erst einmal gelesen, der Schleier seines Geheimnisses gelüftet und die Ungestörtheit seiner Seele aufgehoben war, dann würde Dendybar die wahre Kraft der Schriftrolle hervorrufen, indem er Morkais Namen mit Absicht falsch aussprach und somit die Harmonie seiner Seele störte und ihn bis zum Kern seines Wesens marterte. »Wie lange soll ich nach deinen Antworten suchen?« fragte Morkai.
    Dendybar lächelte über seinen Sieg, wenn seine Kräfte auch weiter abnahmen. »Zwei Stunden«, antwortete er unverzüglich, da er bereits vor der Beschwörung sorgfältig die Dauer der Suche bestimmt hatte. Er hatte diese Frist gewählt, damit Morkai ausreichend Zeit hatte, einige Antworten zu finden, aber nicht genug, um mehr zu erfahren, als er sollte.
    Auf einmal lächelte Morkai, da er den Grund für diese Entscheidung durchschaute. Ruckartig drehte er sich um und verschwand in einem Rauchwölkchen. Die Flammen, die seine Gestalt aufrechterhalten hatten, nahmen wieder ihren Platz in der Kohlenpfanne ein und warteten auf seine Rückkehr. Dendybar empfand sofort Erleichterung. Er mußte sich zwar immer noch konzentrieren, um das Tor zu jenen Ebenen offenzuhalten, aber der Widerstand gegen seinen Willen und damit auch der Kräfteverlust ließen mit dem Verschwinden des Geistes spürbar nach. Morkais Willenskraft hatte ihn während dieser Begegnung fast zerbrochen, und Dendybar schüttelte den Kopf voller Unglauben darüber, daß der alte Meister selbst im Tod dazu noch in der Lage war. Ihm lief ein Schauder den Rücken hinunter, als er darüber nachdachte, ob es wirklich klug gewesen war, gegen einen derart mächtigen Zauberer zu intrigieren. Jedesmal, wenn er Morkai zu sich rief, wurde er daran erinnert, daß ihm selbst der Tag der Abrechnung noch bevorstand. Morkai gelang es ohne Schwierigkeiten, Informationen über die vier Abenteurer einzuholen. Tatsächlich hatte der Geist schon vorher viel über sie gewußt. Während seiner Zeit als Meister des Nordturms hatte er großes Interesse an Zehn-Städte gehabt, und seine Neugierde war nicht mit seinem Körper gestorben. Selbst jetzt nahm er

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