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Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme

Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme

Titel: Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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schwächlich wirkte, war bei eingehender Betrachtung eine Kraft an ihm wahrzunehmen, die bei weitem gefährlicher sein konnte als hervorquellende Muskeln. Sein wohlverdienter Ruf, ihm sei das Leben viel weniger wert als das Streben nach Wissen, schüchterte die meisten Personen ein, die ihm begegneten. »Haben die Reisenden denn einen Grund für ihren Besuch angeführt?« »Keinen, den ich glauben würde«, erwiderte Jierdan ruhig. »Der Halbling sprach davon, den Markt zu erforschen, aber ich…«
    »Unwahrscheinlich«, fiel Dendybar ihm ins Wort. »Diese vier haben sich durch ihre Taten schon viel zu sehr verdient gemacht, als daß sie eine simple Handelsexpedition sein können.«
    Um bei dem Meister des Nordturms unverändert in Gunst zu stehen, drang Sydney auf Jierdan ein. »Wo sind sie jetzt?« fragte sie ihn.
    Jierdan wagte nicht, sich in Anwesenheit von Dendybar gegen diese Ausfragerei zur Wehr zu setzen. »Im Hafenviertel… irgendwo«, antwortete er und zuckte die Achseln.
    »Du weißt es nicht genau?« zischte die junge Magierin.
    »Sie sollten ja im Wirtshaus Zum Entermesser übernachten«, gab Jierdan zurück. »Aber nach dieser Schlägerei sind sie auf der Straße gelandet.«
    »Du hättest ihnen folgen müssen!« Sydney ließ den Soldaten nicht in Ruhe.
    »Selbst ein Stadtsoldat wäre ein Narr, nachts allein an den Anlegestellen herumzulaufen«, sagte Jierdan. »Außerdem spielt es wirklich keine Rolle, wo sie sich gerade jetzt aufhalten. Ich lasse die Tore und die Anlegestellen überwachen. Ohne mein Wissen können sie Luskan nicht verlassen!«
    »Ich will, daß sie gefunden werden!« herrschte Sydney ihn an, aber dann brachte Dendybar sie zum Schweigen.
    »Laß die Bewachung so, wie sie ist«, sagte er zu Jierdan. »Sie dürfen nicht ohne mein Wissen verschwinden. Du kannst gehen. Komm wieder, sobald du Neuigkeiten berichten kannst.«
    Jierdan nahm Haltung an und wandte sich zum Gehen. Dabei warf er einen letzten finsteren Blick auf seine Rivalin um die Gunst des bunten Zauberers. Er war zwar nur ein Soldat und kein angehender Magier wie Sydney, aber in Luskan, wo der Hauptturm des Geheimwissens die eigentliche treibende Kraft hinter all den Machtstrukturen der Stadt war, tat ein Soldat gut daran, die Gunst eines Zauberers zu gewinnen. Ein Hauptmann der Wache erhielt seine Stellung und die damit verbundenen Vergünstigungen nur mit vorheriger Zustimmung des Hauptturms.
    »Wir dürfen nicht zulassen, daß sie frei herumlaufen«, wandte Sydney ein, nachdem sich die Tür hinter dem Soldaten geschlossen hatte.
    »Im Augenblick können sie nichts anrichten«, erwiderte Dendybar. »Selbst wenn der Dunkelelf das Artefakt bei sich hat, wird er Jahre brauchen, um die Gesamtheit seiner Möglichkeiten zu erkennen. Geduld, meine Freundin. Mir stehen genügend Wege zur Verfügung, um etwas darüber in Erfahrung zu bringen, was wir wissen müssen. Schon in Kürze werden wir alle Teile des Puzzles zusammengesetzt haben.«
    »Der Gedanke, daß diese Macht in unserer Reichweite ist, macht mich ganz verrückt«, seufzte die ungeduldige, junge Magierin. »Und dann noch im Besitz eines Unwissenden!« »Geduld«, wiederholte der Meister des Nordturms.
    Sydney hatte Kerzen angezündet, die in einem Kreis angeordnet waren und die Umgrenzung dieses besonderen Zimmers bildeten. Jetzt ging sie langsam auf die Kohlenpfanne zu, die auf einem eisernen Dreifuß direkt vor dem magischen Kreis stand, der auf den Boden gezeichnet worden war. Sobald diese Kohlenpfanne brannte, mußte sie das Zimmer verlassen, und daran dachte sie jetzt voller Enttäuschung. Sie kostete jede Sekunde in diesem selten geöffneten Zimmer aus, das von vielen der schönste Beschwörungsraum im ganzen Norden genannt wurde. Schon viele Male hatte sie darum gebeten, dabeisein zu dürfen.
    Aber Dendybar hatte ihr diesen Wunsch nie gewährt. Er begründete seine Entscheidung stets damit, daß sie ihn mit ihren Fragen zu sehr ablenken würde. Und im Umgang mit den Unterwelten war Ablenkung zumeist tödlich.
    Im magischen Kreis saß Dendybar jetzt mit untergeschlagenen Beinen und brachte sich mit einem Singsang in einen tiefen Trancezustand. Er nahm nicht einmal wahr, daß Sydney ihre Vorbereitungen fast beendet hatte, so tief war er mit seinem ganzen Denken und Fühlen in sich selbst versunken. Er erforschte sein Bewußtsein, um sicherzustellen, daß er für die vorliegende Aufgabe ausreichend gewappnet war. Er hatte nur ein Fenster zur Außenwelt offengelassen;

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