Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme
sterben.« »Nehmt euren abscheulichen Freund mit und verschwindet«, höhnte ein anderer Reiter, »bevor meine Axt im Blut eines schwarzen Elfen badet! Denn dann müßte ich die besudelte Waffe wegwerfen!« Alle Reiter fielen in sein Lachen ein. Drizzt hatte die letzte Bemerkung nicht einmal gehört. Seine Aufmerksamkeit war auf einen Reiter gerichtet, der in der Gruppe weiter hinten stand. Er verhielt sich ruhig und beteiligte sich nicht an der Unterhaltung und nutzte dies aus, um sein Vorhaben unbemerkt in die Tat umzusetzen. Der Reiter hatte einen Bogen von der Schulter genommen und fuhr mit der Hand ganz langsam zum Köcher.
Für Bruenor war das Gespräch erledigt. Er wandte sich mit Wulfgar von den Reitern ab, um zur Brücke zu gehen. »Komm schon, Elf«, sagte er im Vorbeigehen zu Drizzt. »Ich wer de besser schlafen können, wenn wir von diesen Hunden, die von Orks abstammen müssen, weit entfernt sind.«
Aber Drizzt hatte noch eine Botschaft zu übermitteln, bevor er den Reitern den Rücken zuwandte. In einer blitzschnellen Bewegung riß er sich den Bogen vom Rücken, zog einen Pfeil aus seinem Köcher und ließ ihn durch die Luft schwirren. Er schlug in die Ledermütze des Möchtegernschützen ein, zog einen Mittelscheitel durch sein Haar und blieb in einem Baum direkt hinter ihm stecken. Sein vibrierender Schaft war eine unübersehbare Warnung.
»Unangebrachte Beleidigungen wie die von euch nehme ich an, ja ich erwarte sie sogar«, erklärte Drizzt den verschreckten Reitern. »Aber ich dulde keinen Versuch, meinen Freunden etwas anzutun, und ich verteidige mich selbst. Seid gewarnt, und das nur einmal: Falls ihr noch etwas gegen uns zu unternehmen versucht, werdet ihr sterben.« Er wandte sich abrupt ab und ging zur Brücke, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Die Reiter standen wie erstarrt und hatten bestimmt nicht mehr die Absicht, die Gruppe des Dunkelelfen zu behindern. Der Möchtegernschütze hatte nicht einmal seine Mütze gesucht.
Drizzt lächelte ironisch darüber, daß es ihm unmöglich war, sich selbst von den Legenden seiner Herkunft zu entlasten. Obwohl er einerseits gemieden und bedroht wurde, bot ihm die geheimnisvolle Aura der schwarzen Elfen einen wirkungsvollen Schutz vor möglichen Feinden, die von ihren Absichten immer schnell absahen.
Regis gesellte sich auf der Brücke zu ihnen und spielte mit einem kleinen Stein in seiner Hand. »Hatte sie schon gestapelt«, erklärte er seine improvisierte Waffe. Er warf den Stein in den Fluß. »Wenn es losgegangen wäre, hätte ich den ersten Wurf gehabt.«
»Wenn es losgegangen wäre«, berichtigte ihn Bruenor, »hättest du das Loch beschmutzt, in dem du dich versteckt hast!« Wulfgar dachte über die Worte nach, mit denen der Reiter sie vor ihrem Weg gewarnt hatte. »Trollmoor«, wiederholte er düster und sah zu dem Hang hinauf, der sich oberhalb des Weges zu dem verfluchten Land erstreckte, das vor ihnen lag. Harkle hatte ihnen von diesem Land erzählt. Von dem verbrannten Land und den bodenlosen Sümpfen. Von den Trollen und noch schlimmeren Scheußlichkeiten, für die es keinen Namen gab. »Wir gewinnen einen Tag oder noch mehr!« wiederholte Bruenor dickköpfig. Wulfgar war davon nicht so überzeugt. »Du bist entlassen«, sagte Dendybar zu dem Geist.
Während sich die Flammen in der Kohlenpfanne erneuerten und ihn seiner stofflichen Gestalt beraubten, dachte Morkai über das zweite Treffen nach. Wie oft würde Dendybar ihn noch rufen, fragte er sich. Der bunte Zauberer hatte sich von ihrer letzten Begegnung noch nicht völlig erholt und trotzdem gewagt, ihn bereits wieder zu beschwören. Was Dendybar mit der Gruppe des Zwerges vorhatte, mußte wirklich dringend sein! Angesichts dieser Vermutung verachtete Morkai seine Rolle als Spion des bunten Zauberers noch mehr.
Wieder allein im Zimmer räkelte sich Dendybar und löste sich aus seiner meditativen Haltung. Er lächelte bösartig, als er sich das Bild vor Augen führte, das Morkai ihm gezeigt hatte. Die Gefährten hatten ihre Reittiere verloren und marschierten jetzt in die gefährlichste Gegend des ganzen Nordens. In ungefähr einem Tag würde seine Gruppe, die sich auf seinen magischen Pferden in Windeseile fortbewegte, sie eingeholt haben, wenn sie sich auch dreißig Meilen nördlich hielt.
Sydney würde lange vor dem Dunkelelfen in Silbrigmond eintreffen.
Silbrigmond
Den Ritt von Luskan brachten sie tatsächlich schnell hinter sich. Entreri und seine Begleiter erschienen
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