Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis
er nichts beweisen mußte. Jedenfalls nicht dem Meuchelmörder.
Drizzts Fehler in diesem Kampf waren kein Bluff, nichts, dessen Entreri ihn anklagen konnte. Drizzt würde auf jeden Fall verlieren, und er zog mehr Befriedigung daraus, wenn er Entreri nicht die Freude eines ehrlichen Sieges gab.
Aber der Meuchelmörder war, wie seine Handlungsweise zeigte, durch die Wendung, die die Geschehnisse genommen hatten, nicht völlig überrascht worden.
»Deine letzte Chance«, reizte ihn Entreri. »Hier trennen sich unsere Wege. Ich gehe durch die Tür da hinten, und die Dunkelelfen gehen wieder in ihre dunkle Welt hinunter.«
Drizzts violette Augen zuckten für einen winzigen Moment zur Seite, zu der Nische, und diese Bewegung bestätigte Entreri, daß Drizzt die Betonung des Wortes ›hinunter‹ nicht überhört hatte und daß ihm der offenkundige Hinweis auf die verhüllte Rutsche nicht entgangen war.
Entreri warf sich plötzlich zur Seite, nachdem er sich dicht genug herangearbeitet hatte, um seinen Dolch wieder aufzunehmen. Es war ein gewagtes Manöver und ein Zug, der seinen Gegner bloßstellte, denn da Drizzt so mangelhaft kämpfte, hätte er es nicht nötig gehabt, das Risiko auf sich zu nehmen, nach seiner verlorenen Waffe zu hechten.
»Darf ich deine Katze umbenennen?« fragte Entreri und schob seine Hüfte vor, um eine große Gürteltasche zu zeigen, in der die schwarze Statuette durch einen offenen Spalt zu sehen war.
Der Meuchelmörder griff daraufhin schnell und hart mit einer Kombination aus vier Schlägen an, von denen jeder einzelne Drizzts Deckung hätte durchbrechen können, wenn er ihm ein wenig mehr Nachdruck verliehen hätte.
»Komm schon«, sagte Entreri laut. »Du kannst besser kämpfen! Ich habe deine Fähigkeiten zu oft gesehen - und sogar in diesen Tunneln hier -, um glauben zu können, daß du so einfach zu besiegen bist!«
Zunächst war Drizzt überrascht darüber, daß Entreri ihre private Unterhaltung so öffentlich führte, aber Vierna und die anderen hatten zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich bereits bemerkt, daß Drizzt nicht mit ganzem Herzen kämpfte. Aber trotzdem war es eine seltsame Bemerkung - bis Drizzt plötzlich die verborgene Bedeutung der Worte des Meuchelmörders verstand, das Angebot, das er machte. Entreri hatte sich auf ihre Kämpfe in diesen Tunneln bezogen, aber diese Gefechte hatten sie nicht gegeneinander ausgetragen. In jener ungewöhnlichen Situation hatten Drizzt Do'Urden und Artemis Entreri zusammen gekämpft, Seite an Seite und Rücken an Rücken und aus dem einfachen Verlangen heraus, gegen einen gemeinsamen Feind zu überleben.
Sollte es hier und jetzt wieder so sein? War Entreri so verzweifelt um einen ehrlichen Kampf mit Drizzt bemüht, daß er ihm seine Hilfe anbot, Vierna und ihre Bande zu besiegen? Wenn das geschah und sie gewannen, dann würde Drizzt in einem darauffolgenden Kampf zwischen ihm und Entreri ganz sicher einiges zu gewinnen haben, genug, um ihm einen ehrlichen Kampf zu liefern. Würden sie zusammen gewinnen oder zumindest entkommen, dann wäre der anschließende Kampf mit Entreri das einzige, was zwischen Drizzt und seiner Freiheit stünde.
»Tempus!« Der Ruf beendete für beide Gegner das Nachsinnen und zwang sie, auf die bevorstehende Ablenkung zu reagieren.
Sie bewegten sich in völliger Harmonie, als Drizzts Krummsäbel vorpeitschte und der Meuchelmörder seine Deckung aufgab, sich zurückfallen ließ und seine Hüfte so drehte, daß die Gürteltasche hervorragte. Blaues Licht schnitt sauber durch die Tasche, und die Statuette des magischen Panthers fiel zu Boden.
Die Tür, dieselbe Tür, durch die sie die Kammer betreten hatten, zerbarst unter dem Aufprall des fliegenden Aegisfang und warf den Drow, der davor gestanden hatte, zu Boden.
Drizzts erster Instinkt riet ihm, zur Tür zu eilen und zu versuchen, sich mit seinen Freunden zu vereinigen, aber er sah, daß diese Möglichkeit von der Vielzahl von Dunkelelfen, die herbeieilten, vereitelt wurde. Auch die andere Tür bot keine Hoffnung, denn beim ersten Anzeichen von Aufruhr hatte sie sich geöffnet, und eine Gruppe von Drow stürmte hinter dem Drider Dinin in den Raum.
Die Höhle blitzte in magischem Licht hell auf; aus jeder Ecke war ein Ächzen zu hören. Ein silberblitzender Pfeil schoß durch das zerschmetterte Portal herein und traf denselben unglücklichen Dunkelelfen, der gerade unter der zerstörten Tür hervorkrabbelte. Er stieß ihn zurück an die gegenüberliegende
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