Die vergessenen Welten 08 - Nacht ohne Sterne
vorbereitet, Mithril-Halle zu besuchen...«
Alustriel hielt inne und betrachtete Catti-brie eindringlich.
Catti-brie schniefte, riß sich dann aber zusammen. »Wulfgar ist tot«, sagte sie mit ruhiger Stimme, »und mein Vater ist nicht mehr so, wie Ihr Euch an ihn erinnert. Ich bin gekommen, weil ich Drizzt suche, der die Hallen verlassen hat.«
»Was ist geschehen?« wollte Alustriel wissen.
Catti-brie erhob sich. »Guenhwyvar!« rief sie und weckte den Panther. »Ich habe keine Zeit für Geschichten«, sagte sie barsch zu Alustriel. »Wenn Drizzt nicht nach Silbrigmond gekommen ist, dann habe ich bereits zuviel Eurer Zeit in Anspruch genommen - und auch zuviel meiner eigenen.«
Als sie zur Tür ging, bemerkte sie, daß diese kurz blau leuchtete. Ihr Holz schien sich auszudehnen und im Rahmen zu verkeilen. Sie trat dennoch heran und zog ohne Erfolg am Türgriff.
Catti-brie atmete mehrmals tief durch, zählte bis zehn und dann bis zwanzig und wandte sich dann zu Alustriel um.
»Da ist ein Freund, der mich braucht«, erklärte sie in gefährlich ruhigem Ton. »Ihr solltet lieber die Tür öffnen.« In späteren Tagen konnte Catti-brie es kaum glauben, daß sie Alustriel gedroht hatte, der Herrscherin der größten und mächtigsten Inlandstadt des Nordwestens! Sie hatte Alustriel gedroht, die zu den mächtigsten Magiern des ganzen Nordens gezählt wurde!
Zu jener Zeit jedoch meinte die feurige junge Frau jedes einzelne grimmige Wort ernst.
»Ich kann helfen«, bot Alustriel an. »Aber zuerst müßt Ihr mir berichten, was vorgefallen ist.«
»Drizzt hat diese Zeit nicht«, knurrte Catti-brie. Sie zerrte vergeblich an der durch einen Zauber verschlossenen Tür, dann schlug sie mit der Faust dagegen und schaute über die Schulter, um Alustriel anzufunkeln, die sich erhoben hatte und langsam auf sie zukam. Guenhwyvar lag noch immer auf dem Diwan, aber er hatte den Kopf gehoben und musterte die beiden Frauen scharf.
»Ich muß ihn finden«, sagte Catti-brie.
»Und wo wollt Ihr suchen?« erwiderte Alustriel, die ihre Hände in einer Geste der Friedfertigkeit ausgebreitet hatte, als sie auf die junge Frau zutrat.
Die einfache Frage nahm Catti-bries Zorn den Wind aus den Segeln. In der Tat, wo? fragte sie sich. Wo sollte sie auch nur anfangen zu suchen? Sie fühlte sich hilflos, wie sie so dastand. An einem Ort, wo sie nicht hingehörte. Hilflos und töricht, und das einzige, was sie wollte, war, wieder zu Hause zu sein, bei ihrem Vater und ihren Freunden, bei Wulfgar und Drizzt, und alles sollte wieder so sein, wie es gewesen war... bevor die Dunkelelfen nach Mithril-Halle gekommen waren.
Ein göttliches Zeichen
Catti-brie erwachte am nächsten Morgen in den Kissen eines weichen Bettes in einer luxuriösen Kammer, die mit feinen Spitzenbehängen ausgestattet war, so daß das gefilterte Sonnenlicht sanft ihre schläfrigen Augen berührte. Sie war an solche Orte nicht gewöhnt, war es nicht einmal gewöhnt, oberhalb des Erdbodens zu schlafen.
Sie hatte am vergangenen Abend ein Bad abgelehnt, obwohl die Herrin Alustriel ihr versichert hatte, daß die exotischen Öle und Seifen sie umschmeicheln und erfrischen würden. Für Catti-bries zwergisch geprägte Ansichten war das alles Unsinn und, schlimmer noch, Schwäche. Sie badete oft, aber in den kalten Wassern eines Bergflusses und ohne wohlriechende Öle aus fernen Ländern. Drizzt hatte ihr erzählt, daß die Dunkelelfen Feinde an ihrem Geruch aufspüren konnten, und zwar über Meilen hinweg durch die verwirrenden Kavernen des Unterreiches. Catti-brie fand es daher dumm, in aromatischen Ölen zu baden und damit möglicherweise ihren Feinden zu helfen.
An diesem Morgen jedoch, als das Sonnenlicht durch die dünnen Vorhänge schien und das Becken erneut mit dampfendem Wasser gefüllt war, überlegte die junge Frau es sich noch einmal. »Ihr seid wirklich hartnäckig«, verfluchte sie leise die Herrin Alustriel, da ihr klar war, daß es wahrscheinlich deren Magie war, durch die erneut Dampf von dem Wasser aufstieg.
Catti-brie betrachtete die Batterie von Flaschen und dachte an den langen und schmutzigen Weg, der noch vor ihr lag, ein Weg, von dem sie vielleicht niemals zurückkehren würde. Daraufhin stieg etwas in ihr auf, ein Bedürfnis, sich wenigstens ein einziges Mal gehen zu lassen, und bevor ihre praktische Seite etwas dagegen vorbringen konnte, schlüpfte sie aus ihren Kleidern und stieg in die heiße Wanne, in der sprudelnde Bläschen überall um sie her
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