Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
Dies war der Wille Lloths, und Baenre war die ausführende Hand der Spinnenkönigin. Dies war der Höhepunkt von Oberin Baenres Macht, der Gipfel der ihr von Lloth verliehenen Ehre. Wie konnten Auro'pol und Zeerith es wagen, solche blasphemischen Gedanken zu hegen?
Sie schaute böse zu Auro'pol hinüber, die einfach schnaubte und fortblickte – vielleicht das Schlimmste, was sie hätte tun können.
Baenre gab Methil telepathische Befehle, die dieser an den Glabrezu weitergab. Die Seite an Seite schwebenden Flugscheiben folgten gerade den Töchtern Baenres um eine Biegung des Tunnels, als sich große Kneifer um Auro'pols schlanke Taille schlossen, sie von ihrer Flugscheibe zerrten und der mächtige Glabrezu die Oberin Mutter vor sich in die Luft hielt.
»Was hat das zu bedeuten?« verlangte Auro'pol zu wissen und versuchte erfolglos, sich frei zu winden.
»Ihr wünscht meinen Tod«, antwortete Baenre.
Quenthel und Bladen'Kerst eilten an die Seite ihrer Mutter, und beide waren sehr darüber erstaunt, daß Baenre so offen gegen Auro'pol vorging.
»Sie will meinen Tod«, informierte Baenre ihre Töchter. »Sie und Zeerith glauben, daß Menzoberranzan ohne Oberin Baenre ein besserer Ort wäre.«
Auro'pol sah zu dem Illithiden hinüber, der offenkundig der einzige war, der sie hatte verraten können. Baenres Töchter, die während dieses langen, beschwerlichen Marsches selbst des öfteren verräterische Gedanken gehegt hatten, blickten Methil ebenfalls an.
»Oberin Auro'pol wird Zeuge Eures Ruhmes werden«, warf Quenthel ein. »Sie wird Zeuge des Todes des Abtrünnigen werden und wissen, daß Lloth mit uns ist.«
Auro'pols Züge beruhigten sich bei dieser Aussage, und sie wand sich erneut, um den stählernen Griff des Tanar'ri zu lockern.
Baenre beäugte ihre Widersacherin mit gefährlichem Blick, und Auro'pol, hochmütig bis zuletzt, gab es ihr mit gleicher Härte zurück. Sie war der Überzeugung, daß Quenthel recht hatte. Baenre brauchte sie als Zeugin. Sie auf ihren Platz zu verweisen würde auch Zeeriths Loyalität stärken und damit die Drowarmee stärken. Baenre war eine bösartige alte Hexe, aber sie war immer sehr berechnend gewesen und nicht bereit, einen Zoll ihrer Macht einer gefühlsmäßigen Befriedigung zuliebe zu opfern. Man nehme nur Gandalug Heldenhammer, der noch immer am Leben war, obgleich Baenre ihm mit Sicherheit während der langen Jahrhunderte seiner Gefangenschaft oftmals am liebsten das Herz aus der Brust gerissen hätte.
»Oberin Zeerith wird froh sein, vom Tod Drizzt Do'Urdens zu hören«, sagte Auro'pol und senkte respektvoll den Blick. Diese Geste der Unterwürfigkeit würde genügen, nahm sie an.
»Der Kopf Drizzt Do'Urdens wird Beweis genug für Zeerith sein.«
Auro'pols Kopf schoß wieder hoch, und auch Baenres Töchter blickten ihre Mutter überrascht an.
Baenre ignorierte sie alle. Sie sandte Methil eine Botschaft, der diese erneut an den Glabrezu weitergab, und die großen Kneifer begannen damit, sich um Auro'pols Taille zusammenzuziehen.
»Das könnt Ihr nicht tun!« rief Auro'pol aus und keuchte bei jedem Wort. »Lloth ist mit mir! Ihr schwächt Euren eigenen Kriegszug!«
Quenthel stimmte ihr aus vollem Herzen zu, schwieg aber, da sie sich bewußt war, daß der Glabrezu noch einen freien Kneifer besaß.
»Das könnt Ihr nicht tun!« kreischte Auro'pol. »Zeerith wird...« Ihre Worte gingen in ihrem Schmerz unter.
»Drizzt Do'Urden hat Euch getötet, bevor ich Drizzt Do'Urden töten konnte«, erklärte Oberin Baenre es Auro'pol. »Absolut glaubwürdig, und es macht den Tod des Abtrünnigen um so befriedigender.« Baenre nickte dem Glabrezu zu, und die Kneifer zerrissen Fleisch und zerbrachen Knochen, als sie sich schlossen.
Quenthel blickte weg, Bladen'Kerst beobachtete das Schauspiel mit einem breiten Grinsen.
Auro'pol versuchte, ein letztes Mal zu schreien, im Sterben noch einen Fluch gegen Baenre auszustoßen, aber ihr Rückgrat zerbrach, und ihre Kraft verebbte. Die Kneifer schlossen sich, und Auro'pols Körper fiel in zwei Teilen zu Boden.
Bladen'Kerst schrie entzückt auf, begeistert von dieser Demonstration der Macht ihrer Mutter. Quenthel hingegen war aufgebracht. Baenre hatte eine gefährliche Grenze überschritten. Sie hatte eine Oberin Mutter getötet, und sie hatte es zum Schaden des Kriegszuges gegen Mithril-Halle und aus rein persönlichen Gründen getan. Quenthel, die Lloth aus tiefstem Herzen ergeben war, konnte eine solche Dummheit nicht
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