Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis
Kimmuriel, der einige Zeit später zu Jarlaxle in den Hauptraum des Erdgeschosses kam. »Aber zumindest hat er aufgehört zu schwören, dass er Euch den Kopf abschneiden wolle.«
Jarlaxle, der einen der unterhaltsamsten Tage seines langen Lebens hinter sich hatte, lachte auf. »Er wird wieder zur Besinnung kommen und dann endlich von dem Schatten Drizzt Do'Urdens frei sein. Dafür wird Artemis Entreri mir noch Dank sagen.« Er hielt inne und dachte kurz nach. »Oder zumindest«, korrigierte der Söldner sich, »wird er mir innerlich dankbar sein.«
»Er hat versucht zu sterben«, stellte Kimmuriel tonlos fest. »Als er sich mit dem Dolch auf Drizzt gestürzt hat, stieß er einen Schrei aus, der den Ausgestoßenen warnte. Er versuchte zu sterben, und wir – ich auf Euren Geheiß – haben es verhindert.«
»Artemis Entreri wird zweifellos neue Gelegenheiten für solche Dummheiten finden, wenn er diesen Kurs beibehält«, erwiderte der Söldnerführer achselzuckend. »Und wir werden seiner Dienste nicht ewig bedürfen.«
In diesem Augenblick kam Drizzt Do'Urden die Treppe herab. Seine Kleidung war zerfetzt, und er streckte seinen geschundenen Arm aus, war aber ansonsten nicht allzu schwer verwundet.
»Rai'gy wird hundert Jahre lang zur Herrin Lloth beten müssen, um ihre Gunst wiederzuerlangen, nachdem er die von ihr gewährten Heilzauber auf Euren sterbenden Körper angewendet hat«, meinte Jarlaxle lachend. Er nickte Kimmuriel zu, der sich verbeugte und den Raum verließ.
»Möge sie ihn für diese Gebete an ihre Seite holen«, erwiderte Drizzt trocken. Er konnte sein Gewitzel jedoch nicht aufrechterhalten, nicht nach all dem, was er gerade durchlebt hatte. Er musterte Jarlaxle ernst. »Warum habt Ihr mich gerettet?«
»Zukünftige Gefälligkeiten?«, fragte Jarlaxle mehr, als dass er sie forderte. »Vergesst es.«
Und wieder musste Jarlaxle lachen. »Ich beneide Euch, Drizzt Do'Urden«, sagte er in vollem Ernst. »Stolz hat bei Eurem Kampf nicht die geringste Rolle gespielt, nicht wahr?« Drizzt zuckte mit den Schultern; er verstand nicht ganz.
»Nein, Ihr wart völlig frei von diesem hinderlichen Gefühl«, meinte Jarlaxle. »Dir brauchtet Euch nicht zu beweisen, dass Ihr Artemis Entreri überlegen wart. Ich bewundere Euch wirklich dafür, einen solchen inneren Frieden und ein solches Selbstvertrauen gefunden zu haben.« »Ihr habt meine Frage noch immer nicht beantwortet.«
»Ein gewisses Maß an Respekt, nehme ich an«, antwortete Jarlaxle achselzuckend. »Vielleicht glaubte ich, dass Ihr es nach Eurer würdigen Vorstellung nicht verdient habt, zu sterben.«
»Hätte ich also den Tod verdient, wenn meine Vorstellung nicht Euren Ansprüchen genügt hätte?«, fragte Drizzt. »Warum entscheidet Jarlaxle darüber?«
Der Söldner wollte erneut lachen, beherrschte sich aber aus Respekt vor Drizzt. »Oder vielleicht habe ich meinem Priester auch Eurem toten Vater zuliebe erlaubt, Euch zu retten«, sagte er, und diese völlig überraschende Aussage ließ den Waldläufer zusammenzucken. »Natürlich kannte ich Zaknafein«, erklärte Jarlaxle. »Er und ich waren Freunde, sofern man überhaupt sagen kann, dass ich Freunde habe. Wir waren nicht sosehr verschieden, er und ich.« Drizzt legte seine Stirn in zweifelnde Falten.
»Wir haben beide überlebt«, erklärte Jarlaxle. »Wir haben beide einen Weg gefunden, in einem feindseligen Land zu gedeihen, an einem Ort, den wir verabscheuten, den zu verlassen es uns jedoch an Mut fehlte.« »Aber jetzt habt Ihr ihn verlassen«, sagte Drizzt.
»Habe ich das?«, kam die Erwiderung. »Nein, indem ich mein Reich in Menzoberranzan errichtet habe, habe ich mich unlösbar mit der Stadt verbunden. Ich werde dort sterben, dessen bin ich mir sicher, und wahrscheinlich durch die Hand eines meiner Soldaten – vielleicht sogar durch die von Artemis Entreri.«
Aus irgendeinem Grund zweifelte Drizzt an dieser Behauptung und vermutete, dass Jarlaxle erst nach Jahrhunderten an Altersschwäche sterben würde.
»Ich hatte großen Respekt vor ihm«, fuhr der Söldner in ruhigem, ernstem Ton fort. »Vor Eurem Vater, meine ich, und ich glaube, dieses Gefühl wurde erwidert.«
Drizzt wog diese Worte sorgsam ab und stellte fest, dass er Jarlaxles Behauptung nicht widersprechen konnte. Trotz all der Grausamkeiten, zu denen der Söldnerführer fähig war, besaß er doch unleugbar einen Ehrenkodex. Jarlaxle hatte dies bewiesen, als sich Catti-brie in seiner Gewalt befunden und er ihre
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