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Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande

Titel: Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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nachdenken, und wenn sie mir enthüllt werden, wird sich auch der Weg zur Erlösung für dich und deinen schwächer werdenden Vater deutlicher zeigen. Hier.«
    Er griff nach einem alten Brotlaib, den er auf einem Karren an der Tür zum Flur abgelegt hatte, als er hereingekommen war, und schüttelte ihn kurz, um ein paar der Insekten davon zu entfernen, dann warf er ihn ihr zu. Sie fing ihn auf und drückte ihn fest und verzweifelt an ihre Brust. Das veranlasste Yinochek zu einem herablassenden Lachen.
    »Für dich ist das selbstverständlich ein Schatz«, sagte er. »Denn du verstehst nicht, dass deine größere Belohnung im Ergebnis meiner inneren Einkehr liegen wird. Du bist so in den Bedürfnissen des Körperlichen verwurzelt, dass dir jegliches Verständnis des Göttlichen versagt bleibt.«
    Mit einem verächtlichen Schnauben angesichts des ausdruckslosen Blicks und des tränenüberströmten Gesichts des Mädchens wandte sich Yinochek der Tür zu und zog sie auf. Er erschrak, als er sich einem gutaussehenden jungen Priester gegenüberfand.
    »Frommer Gositek«, grüßte er ihn.
    »Entschuldigt, Oberpriester«, sagte Papan Gositek, kreuzte die Arme auf Gürtelhöhe und verbeugte sich steif. »Ich hörte ...«
    »Ja, ich bin fertig«, erklärte Yinochek, warf einen Blick zurück und lenkte damit auch Gositeks Aufmerksamkeit auf die Frau, die langsam vor und zurück schaukelte und dabei das Brot umklammerte. Der Oberpriester wandte sich wieder dem jüngeren Priester zu.
    »Eure Abhandlung über das Versprechen Ibranduls erwartet mich in meinen Gemächern«, sagte er, und der junge Priester lächelte. »Es heißt, Eure Einsichten seien absolut brillant, und nach dem, was ich bereits gesehen habe, denke ich, dass diese Gerüchte durchaus glaubwürdig sind. So missverstanden ist dieser Gott, dessen Domäne der Tod selbst ist.«
    Gositeks Lächeln wurde breiter, trotz angestrengter Versuche, demütig dreinzublicken.
    »Eure Arbeit macht Fortschritte?«, fragte Yinochek, entzückt, den jungen Mann bei dieser stolzen Freude ertappt zu haben.
    »J-ja, Oberpriester«, stotterte Gositek und senkte respektvoll den Blick.
    Yinochek verbarg seine Erheiterung. Stolz wurde selbstverständlich als Schwäche betrachtet, ja sogar als Sünde, aber der alte Priester verstand, um was es wirklich ging: Ohne Stolz würde sich kein junger Mann die Mühe machen, diese intellektuellen Traktate zu verfassen. Er trat ein klein wenig beiseite, als Gositek den Kopf wieder zu heben begann, und gestattete dem Mann einen Blick auf das zitternde Mädchen.
    Gositeks Augen und ein Zucken der Zungenspitze über die Lippen verrieten seine Begierde.
    »Nehmt sie«, bot Yinochek an. »Sie hat Schmerzen, falls Euch das interessiert, aber Eure Arbeit ist wichtiger als ihr Wohlergehen. Lasst Euren irdischen Leidenschaften freien Lauf und findet anschließend einen Zustand tiefer Kontemplation. Ich bin mehr als neugierig auf Eure Abhandlung über die Anwerbungsstrategien auf der Fugue-Ebene. Der Gedanke, dass die Götter selbst um die Seelen derjenigen wetteifern, die sich noch keinem von ihnen verpflichtet haben, fasziniert mich und gibt uns Möglichkeiten, neue Gläubige für Selûne zu gewinnen.«
    Yinochek wandte sich dem Mädchen zu. »Deine tote Mutter ist noch nicht im Paradies«, sagte er und versuchte nicht einmal, sein verächtliches Grinsen zu verbergen. »Der Fromme Gositek hier«, er trat beiseite, so dass sie den jüngeren Mann besser sehen konnte, »betet für sie. Wenn du dich um seine Bedürfnisse kümmerst, wird das ihren Aufstieg sichern.«
    Er wandte sich wieder Gositek zu und zuckte die Achseln. »So wird es besser gehen«, sagte er und verließ den Raum.
    Als Yinochek sein Zimmer im zweiten und höchsten Stockwerk des Tempels erreichte, hatte er das Mädchen schon so gut wie vergessen. Er ging an seinem Schreibtisch vorbei, der poliert und von schöner Holzfarbe war, anders als das graue, grob gemaserte Treibholz, das in diesem Wüstenhafen häufig verwendet wurde. Das Holz war importiert, ebenso wie die meisten Einrichtungsgegenstände, Werkzeuge und Dekorationen des Tempels, der bei weitem das größte und großartigste Gebäude im Südwestviertel der sich immer weiter ausbreitenden Stadt war.
    Das Nachdenken über Göttliches erforderte eine inspirierende Umgebung.
    Yinochek ging zur Westtür, die zu dem privaten Balkon in dem großen Teil führte, der als Haus der Beschützerin bekannt war. Hier residierten die Priester von Selûne,

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