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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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einen laufenden Code zeigten, den sie nicht erkannte. Auch benahmen sich die Autodoks im Tank seltsam und liefen auf dem Glas herum, als wollten sie unbedingt etwas Unerträglichem entrinnen. Amistad hatte Sanders jeden Zugriff auf dieses Wesen verwehrt, ja schien sogar nervös zu werden, wenn sie diesem auch nur nahe kam. Die ganze Lage hatte ihr allmählich Angst gemacht, bis sie herausfand, worum es hier ging. Dann war sie einfach nur wütend geworden.
    »Ein wesentlicher Aspekt einer Annahme der Realität wäre es«, erklärte die große Drohne, »wenn er ins Freie gehen könnte, ohne eine Atemmaske zu tragen.«
    »Mit dieser Prothese braucht er keine.«
    »Eben.«
    Sanders versuchte, ihren Ärger zu beherrschen, sich strikt an die Fakten zu halten. »Du bist also nicht bereit, irgendeinen Eingriff in seinen Kopf vorzunehmen, aber du bist absolut bereit,ihn auch ohne seine Einwilligung einem umfassenden Eingriff an anderer Stelle zu unterziehen?«
    »Du hast dich dem gleichen Eingriff unterzogen und weißt, welche Freiheit er dir hier auf Masada verliehen hat. Die hiesige Luft atmen zu können, das macht dich zu einer echten Masadanerin statt zu einer besitzlosen Immigrantin.«
    »Quatsch.«
    Die Drohne fuhr fort, als hätte Sanders gar nichts gesagt. »Sobald wir mit der Lunge und dem Blutbild fertig sind, und nebenbei, sobald wir den mechanischen Arm durch eine tankgezüchtete Version ersetzt haben, die seit Jahren im Regal liegt, kann das Neuwachstum der Gesichtsnerven und des äußeren Gewebes beginnen und er wird aufs Neue deiner Fürsorge übergeben.«
    »Du erlaubst mir, ihm das Gesicht zurückzugeben?« Sanders wollte das wirklich gern tun, wusste aber auch, dass die Drohne sie gewissermaßen zu bestechen versuchte.
    »Ja, uns ist klar, dass die Schäden im Kopfbereich, die während der Datenübertragung durch den Techniker entstanden, nicht von Belang sind – sie zu beheben, hat an sich noch keine Auswirkung auf diese Daten.«
    »Also hast du mit den Scannern in der Prothese alles erfahren, was du nur kriegen konntest. Das ist trotzdem Quatsch, Amistad.«
    »Möchtest du das vielleicht erklären?«
    »Das Vermögen, ins Freie zu gehen, ist für seinen Realitätssinn nicht maßgeblich«, sagte sie und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. »Tatsächlich würde ihn die Fähigkeit, ins Freie zu gehen, seinem früheren Leben entfremden – seine aktuellen Erfahrungen unwirklicher für ihn machen. Wenn du ihm die Realität unter die Nase reiben wolltest, würdest du ihm eine Atemmaske aufsetzen und ihn draußen im Flötengras neben dem nächsten Kapuzler deponieren.«
    »Ich sehe, dass du es verstehst.«
    »Verdammt richtig! Du führst irgendetwas im Schilde, und ich bin nicht sicher, dass deine Vorgesetzten damit einverstanden wären.«
    »Ich habe hier umfassende Befugnisse.«
    »Warum, Amistad? Warum?«
    »Es ist kompliziert.«
    »Ich bin komplizierte Dinge gewöhnt.«
    »Die Integration der Elemente aus dem Download des Technikers wird einen kritischen Nexus erreichen, woraufhin er sich selbst dazu anhalten wird, sich den neu erwachten Erinnerungen zu stellen.«
    »Er wird eine Entdeckungsreise antreten?«
    »Ja.«
    »Er kann nicht mal laufen.«
    »Wie du schon festgestellt hast: Sein Versäumnis zu gehen ist nicht körperlich bedingt.«
    Sanders wandte sich von der Drohne ab und blickte zu Tombs hinüber, der in diesem neu installierten Tank im Fruchtwasser trieb, während die Autodoks um ihn herumhuschten und noch nicht mit ihrer Arbeit begonnen hatten. Er hatte sich mal wieder selbst k. o. geschlagen, nachdem er mithilfe seines Computers Zugriff auf die Atheterdatenbank genommen hatte. Sanders hatte ihn sauber gemacht, ihn ins Bett gebracht und dort zurückgelassen, während sie das eigene Bett aufsuchte. Als dann jedoch ein seltsames Scharren und gespenstische Geräusche aus dem Sanatorium kamen, führte sie das hierher. Sie hatte gerade noch einen kurzen Eindruck von etwas Großem und Bedrohlichem erhascht, das am Ende eines dunklen Korridors außer Sicht verschwand – der erwähnte »Mitarbeiter« –, ehe sie Amistad und ihren eigenen Schützling fand.
    »Weißt du, wann diese Reise beginnt?«, fragte sie.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, antwortete die Drohne.»Du musst ihn im Auge behalten, alle Veränderungen in seinen Verhaltensmustern festhalten und mich sofort informieren, sobald solche Veränderungen eintreten.«
    Die Autodoks erstarrten sämtlich für eine Sekunde, sprangen dann

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