Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
durchgebrannt und hat sie sitzen lassen. Wegen einer nichtsnutzigen Person, die einen miserablen Ruf hatte. Er hat einfach den Kopf verloren. Nach ein oder zwei Jahren war alles vorbei. Ein Dummkopf. Die jetzige Frau ist in Ordnung. Simon war da ganz anders – aber fürchterlich langweilig. Mir hat das gar nicht gepasst, als meine Schwester in die Familie geheiratet hat. Reich waren sie zwar – aber Geld ist nicht alles. Ich hab nie viel von den Restaricks gesehen.«
    »Ihr Neffe hat eine Tochter. Eine Freundin von mir hat sie kürzlich kennen gelernt.«
    »Ach, Norma. Ein dummes Gör. Zieht sich scheußlich an und hat einen widerwärtigen Knaben aufgegabelt. Leider sind sie heute ja alle gleich – langmähnige Burschen, Beatniks, Beatles und wie sie heißen. Da komm ich nicht mehr mit. Kann ihr Kauderwelsch nicht verstehen. Aber wen interessiert das schon, was ein alter Mann darüber denkt. Sogar Mary – und ich hab immer geglaubt, die wäre noch vernünftig – stellt sich manchmal fürchterlich an. Wenn’s um ihre Gesundheit geht, wird sie hysterisch. Sie müsste zur Beobachtung ins Krankenhaus! Was für ein Blödsinn! Möchten Sie was trinken? Whisky? Nein? Wollen Sie wirklich nicht zum Tee bleiben?«
    »Danke, aber ich muss wieder zu meinen Freunden.«
    »Na, Ihr Besuch war mir eine große Freude. Es tut immer gut, mal von den alten Zeiten zu reden. Sonja, bitte bringen Sie Monsieur – tut mir leid, jetzt ist mir doch Ihr Name wieder entfallen – ach ja, Poirot. Bringen Sie ihn zu Mary, ja?«
    »Nein, nein.« Poirot wehrte hastig ab. »Ich möchte Madame nun wirklich nicht mehr stören. Auf keinen Fall. Ich finde den Weg allein. Es war mir ein Vergnügen, Sie wieder zu sehen.«
    Er verließ das Zimmer.
    »Hab nicht die leiseste Ahnung, wer das gewesen ist«, sagte Sir Roderick, nachdem Poirot gegangen war.
    »Sie wissen nicht, wer das war?« Sonja sah ihn verblüfft an.
    »Ach, ich kenne die Hälfte der Leute nicht, die mich besuchen. Natürlich muss man sie anpeilen. Das lernt sich mit der Zeit. Mach ich auf Gesellschaften auch so. Es ist schlecht, wenn man beinahe blind und taub ist. Wir haben uns damals, gegen Ende des Kriegs, mit einem Haufen Franzosen angebiedert. Kann mich kaum noch an einen erinnern. Aber der war bestimmt dabei. Der hat mich gekannt, und ich kannte die meisten Leute, von denen er gesprochen hat. Die Geschichte von dem gestohlenen Auto stimmte auch. War natürlich stark übertrieben. Na, ich glaube, er hat nicht gemerkt, dass ich mich nicht an ihn erinnert habe. Ein schlauer Fuchs, was? Aber ein typischer Franzose. Wie der tänzelt und sich windet und sich verbeugt und Kratzfüße macht, was? So, und wo waren wir stehen geblieben?«
    Sonja reichte ihm einen Brief und schob ihm vorsichtig eine Brille hin, die er sofort energisch zurückwies. »Kann das verdammte Ding nicht leiden. So viel sehe ich noch.« Er hielt den Brief dicht vor die Nase, kapitulierte aber bald und gab ihn ihr zurück.
    »Vielleicht doch besser, wenn Sie’s vorlesen.«
    Sie las ihm mit ihrer klaren, weichen Stimme vor.

5
     
    H ercule Poirot blieb einen Augenblick im Treppenhaus stehen. Er legte den Kopf schräg und lauschte. Kein Geräusch drang zu ihm herauf. Er trat ans Fenster. Mary Restarick war auf der Terrasse und machte sich wieder an die Gartenarbeit. Poirot nickte zufrieden und schlich durch den Flur. Er öffnete eine Tür nach der anderen: erst ein Bad, dann ein Wäscheschrank, ein unbenutztes Zimmer mit zwei Betten, dann ein von einer Frau bewohntes Einzelzimmer mit einem französischen Bett und einer Verbindungstür zum nächsten Raum. Vermutlich die Schlafzimmer von Mary und Andrew Restarick. Poirot ging auf die andere Seite des Treppenabsatzes. Zuerst kam ein Einzelzimmer, das momentan offenbar nicht bewohnt war, an den Wochenenden aber wohl bezogen wurde, denn auf dem Frisiertisch lagen Bürsten. Er horchte, schlich auf Zehenspitzen hinein und öffnete den Kleiderschrank. Es hingen einige Kleider darin, ländliche Garderobe.
    Die Schreibtischplatte war leer. Er zog vorsichtig die Schubladen auf. Nichts als Krimskrams und ein paar Briefe, die aber älteren Datums waren und nichts Wichtiges enthielten. Er machte die Schubladen wieder zu, ging nach unten, verließ das Haus und verabschiedete sich von Mrs Restarick. Ihre Einladung zum Tee lehnte er ab. Er habe seinen Freunden versprochen, rechtzeitig zurückzukommen, da er am frühen Abend wieder nach London müsse.
    »Soll ich Ihnen ein Taxi

Weitere Kostenlose Bücher