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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bestellen, oder kann ich Sie fahren?«
    »Nein, Madame, besten Dank. Sie sind zu gütig.«
    Poirot wanderte zum Dorf und bog bei der Kirche von der Straße ab. Er schritt über eine kleine Brücke. Gleich dahinter stand ein großer Wagen unter einer Buche. Der Chauffeur öffnete die Tür, Poirot stieg ein und zog aufseufzend die Lackschuhe aus. »Wir können jetzt zurückfahren«, sagte er.
    Der Wagen setzte sich gemächlich in Bewegung. Der Anblick eines jungen Mannes, der Autostopp machen wollte, war so alltäglich, dass Poirot den bunt gekleideten Jüngling mit der wallenden Mähne kaum beachtete. Doch als sie an ihm vorbeikamen, setzte sich Poirot mit einem Ruck auf. »Halten Sie bitte«, sagte er zu dem Chauffeur. »Ja, und jetzt ein Stückchen zurück… Wir könnten den jungen Mann mitnehmen.«
    Der Chauffeur warf einen verblüfften Blick über die Schulter. Er traute seinen Ohren nicht. Aber da Poirot nickte, gehorchte er.
    Der junge Mann namens David kam an die Tür. »Ich dachte schon, Sie würden mich stehen lassen«, erklärte er munter. »Nett von Ihnen.«
    Er stieg ein, ließ ein kleines Bündel, das er über der Schulter getragen hatte, auf den Boden gleiten, glättete die kupferfarbenen Locken und sagte: »Sie haben mich also wieder erkannt.«
    »Oh, das liegt wohl eher an Ihrer auffallenden Kleidung.«
    »Finden Sie das auffallend? Wirklich? Meine Freunde und ich sind alle so angezogen.«
    »Die von Dyck’sche Schule. Sehr kleidsam.«
    »Ach, darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Aber Sie haben Recht.«
    »Sie sollten noch einen Kavaliershut und einen Spitzenkragen tragen, wenn ich mir diesen Vorschlag erlauben darf.«
    Der junge Mann lachte. »Na, ich glaube, so weit gehen wir doch nicht. Mrs Restarick kriegt schon zu viel, wenn sie mich bloß sieht. Ich erwidere ihre Gefühle übrigens aufs Herzlichste. Aus Restarick mache ich mir auch nichts. Wirtschaftsbosse sind sagenhaft unattraktiv, finden Sie nicht?«
    »Das kommt auf den Standpunkt an. Sie haben ein Auge auf seine Tochter geworfen, wenn ich recht unterrichtet bin.«
    »Wie reizend Sie das formulieren.« David grinste. »Ein Auge auf die Tochter werfen. Warum nicht? Aber die Sache ist nicht ganz so einseitig, wie das klingt. Sie hat auch ein Auge auf mich geworfen.«
    »Und wo ist Mademoiselle zurzeit?«
    David drehte sich zu ihm um. »Warum fragen Sie das?«
    »Ich würde sie gern kennen lernen.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie Ihr Typ ist, ebenso wenig wie ich, übrigens. Norma ist in London.«
    »Aber ihrer Stiefmutter haben Sie gesagt…«
    »Muss man einer Stiefmutter immer gleich alles sagen?«
    »Und wo ist sie in London?«
    »Sie arbeitet bei einem Innenausstatter in der King’s Road, in Chelsea. Ich komme im Moment nicht auf den Namen. Susan Phelps heißt die Besitzerin, glaube ich.«
    »Aber dort wohnt sie nicht. Haben Sie ihre Adresse?«
    »Ja. Warum interessiert Sie das so?«
    »Es gibt viele Dinge, die einen interessieren können.«
    »Was, zum Beispiel?«
    »Na, der Grund, warum Sie heute in Restaricks Haus gegangen sind, heimlich, meine ich.«
    »Ich gebe zu, dass ich durch die Hintertür gekommen bin.«
    »Und was haben Sie im oberen Stock gesucht?«
    »Das ist meine Sache. Ich möchte nicht unhöflich sein – aber sind Sie nicht reichlich neugierig?«
    »Gewiss, ich lasse meiner Neugier die Zügel schießen. Ich würde gern genau wissen, wo die junge Dame sich aufhält.«
    »Aha. Der liebe Andrew und die liebe Mary – der Teufel soll sie beide holen! – haben Sie angestellt. Stimmt, was? Die wollen sie finden?«
    »Bisher wissen sie meiner Meinung nach noch nicht, dass sie verschwunden ist.«
    »Jemand muss Sie engagiert haben!«
    »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Scharfblick!«
    »Ich wollte herausbekommen, was Sie im Schilde führen. Deswegen hab ich Sie angehalten. Ich hoffte, ich könnte was aus Ihnen rausquetschen. Norma ist mein Mädchen. Aber das wissen Sie wohl?«
    »Ich habe so etwas läuten hören«, sagte Poirot vorsichtig. »In dem Fall müssten Sie doch wissen, wo sie ist, Mr – oh, entschuldigen Sie, aber ich kenne nur Ihren Vornamen.«
    »David Baker.«
    »Mr Baker, sollten Sie vielleicht Streit gehabt haben?«
    »Nein. Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Wann ist Miss Norma Restarick gewöhnlich nach London gefahren, am Sonntagabend oder am Montagmorgen?«
    »Verschieden. Es gibt einen frühen Bus, mit dem man kurz nach zehn in London ist. Norma kommt dann etwas zu spät ins Geschäft. Aber

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