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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Whisky anbieten?«
    »Ja, gern.«
    Poirot klingelte nach George, der den Whisky und einen Siphon brachte und sich wieder zurückzog.
    »Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte sich Poirot.
    »Meine Papiere wieder beschaffen. Hatte sie in einem Banksafe. Da habe ich sie rausgeholt, um sie durchzusehen. Warum soll ich schließlich keine Memoiren schreiben? Tun die anderen auch alle. Ich habe also meine Papiere geholt und sie zusammen mit der Kleinen sortiert. Und jetzt kommt’s: Die Papiere, die ich gesucht habe, w a ren nicht da.«
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich. Wir haben erst gedacht, wir hätten sie übersehen, aber ich sage Ihnen, Poirot, man hat sie mir gestohlen! Genau die Briefe, die ich für meine Memoiren brauchte.«
    »Was sind das für Briefe?«
    »Kann ich Ihnen leider nicht sagen, alter Freund. Das ist hochpolitisch und streng geheim.«
    »Ohne nähere Angaben wird es nicht leicht sein, sie wieder zu finden.«
    »Zunächst möchte ich wissen, wer sich dafür interessieren könnte.«
    »Wer hat die besten Möglichkeiten…«
    »Aha. Ich soll also die Kleine beschuldigen. Kommt nicht infrage. Sie sagt, sie war’s nicht, und ich glaube ihr. Verstanden?«
    Poirot seufzte leise. »Ja. Wer hatte außerdem Zugang zu den Papieren?«
    »Andrew und Mary. Aber Andrew interessiert sich nicht die Bohne dafür. Außerdem kann ich mir ihn einfach nicht als Spion vorstellen. Mary auch nicht. Die hat nur Augen für ihre Rosen. Dann ist da der Gärtner, aber der ist aus dem Dorf. Jetzt ist er dreiundachtzig. Und die Frauen, die im Haus rumwirtschaften und Lärm mit dem Staubsauger machen. Keine Spioninnen, wenn Sie mich fragen. Muss ein Fremder sein, auf jeden Fall. Natürlich, Mary hat eine Perücke.« Sir Roderick fuhr nach dieser seltsamen Bemerkung fort: »Ich meine, wegen der Perücke könnte man annehmen, dass sie eine Spionin ist. Stimmt aber nicht. Sie war krank und hat mit achtzehn die Haare verloren. Hatte keine Ahnung von der Perücke, aber dann blieb sie in einem Rosenstrauch hängen. Bitter für eine junge Frau, was?«
    »Mir war aufgefallen, dass sie so seltsam frisiert ist«, sagte Poirot.
    »Gute Geheimagenten tragen keine Perücken«, belehrte ihn Sir Roderick. »Die kriegen gleich eine kosmetische Operation verpasst. Trotzdem ist jemand an meine Papiere gegangen.«
    »Und dass Sie sie verlegt haben, ist unmöglich? Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    »Vor einem Jahr vielleicht. Ich weiß genau, dass sie damals alle da waren. Jetzt hat sie einer geklaut.«
    »Sie verdächtigen also weder Ihren Neffen noch seine Frau, noch das Personal. Wie steht’s mit der Tochter?«
    »Norma? Hm, bei Norma sind ein paar Schrauben locker. Ich meine, sie könnte eine Kleptomanin sein, aber dass sie in meinen Papieren rumstöbert, kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Verschließen Sie die Tür Ihres Zimmers – zum Beispiel, wenn Sie nach London fahren?«
    »Früher nie. Erst jetzt, wo es keinen Sinn mehr hat. Aber mein Schlüssel passt zu allen anderen Türen. Heutzutage kommen die Leute am hellen Tag ins Haus, trampeln überall herum, laufen in alle Zimmer, brechen die Schmuckkassette auf und hauen wieder ab. Kümmert sich keiner drum. Solche Rockers und Beatniks, oder wie man das Pack mit den langen Haaren und schmutzigen Nägeln nennt, habe ich selber im Haus rumschleichen sehen. Vermutlich Normas Freunde. Wäre früher nicht möglich gewesen. Aber schmeißen Sie sie mal raus, und nachher war’s Viscount Endersleigh oder Lady Charlotte Marjoribanks, was dann?«… Er schnaubte. »Gibt nur einen, der dahintersteigen kann… Sie, Poirot.« Nach dem letzten Schluck stand er auf. »Na, Sie übernehmen doch den Fall, oder?«
    »Ich werde es versuchen«, entgegnete Poirot.
    Es klingelte an der Wohnungstür.
    »Die Kleine«, sagte Sir Roderick. »Pünktlich auf die Minute. Fabelhaft, was? Könnte ohne sie nicht mehr nach London, wissen Sie. Bin blind wie eine Fledermaus.«
    George führte Sonja herein. Sie sah reizend aus. Poirot eilte liebenswürdig auf sie zu.
    »Enchanté, Mademoiselle.« Er beugte sich über ihre Hand.
    »Hoffentlich habe ich Sie nicht warten lassen, Sir Roderick.«
    »Pünktlich auf die Minute, kleines Fräulein«, sagte er. »Und jetzt müssen wir zum Bahnhof.«
    »Soll George Ihnen ein Taxi holen?«, fragte Poirot.
    »Das Taxi wartet schon unten«, wehrte Sonja ab.
    »Na, bitte, was habe ich gesagt! Sie denkt eben an alles.« Sir Roderick klopfte ihr auf die Schulter, und sie dankte ihm mit

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