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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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habe Ihnen in den Ohren gelegen, Sie sollten endlich was tun – und Sie hatten schon längst etwas unternommen? Und das haben Sie mir verschwiegen, Monsieur Poirot! Das ist ja richtig – richtig gemein!«
    »Madame, bitte, regen Sie sich nicht auf. Ich konnte nicht anders handeln.«
    »Die übliche faule Ausrede! Was haben Sie sonst noch getan?«
    »Ich habe arrangiert, dass ihr Vater mich mit der Suche nach ihr beauftragte. Dadurch konnte ich sie in Sicherheit bringen.«
    »Bei diesem Doktor Stillingwater?«
    »Stillingfleet. Ja.«
    »Und wie haben Sie das geschafft?«
    »Ich habe mich ihm quasi aufgezwungen. Ich bin zu ihm gegangen und habe behauptet, ich hätte einen Brief von ihm bekommen, in dem er mich um meinen Besuch bat.«
    »Und das hat er Ihnen geglaubt?«
    »Aber ja. Ich habe ihm den Brief gezeigt. Es war auf Firmenpapier geschrieben und mit seinem Namen unterzeichnet – allerdings nicht in seiner Handschrift.«
    »Wollen Sie damit etwa sagen, dass Sie den Brief geschrieben haben?«
    »Ja. Ich hatte darauf getippt, dass er neugierig werden würde und mich sehen wollte. Nachdem ich damit Recht behalten hatte, musste ich mich auf mein Geschick verlassen und improvisieren.«
    »Haben Sie ihn über diesen Dr. Stillingfleet informiert?«
    »Nein, das habe ich niemand gesagt. Das war zu gefährlich.«
    »Für Norma?«
    »Ja, oder sie war für einen anderen gefährlich. Diese beiden Möglichkeiten gab es von Anfang an. Der Versuch, Mrs Restarick zu vergiften, wirkte nicht sehr überzeugend – das zog sich zu sehr in die Länge, es war kein ernsthafter Mordversuch. Dann war da dieser fragmentarische Bericht über einen Revolverschuss in den Borodene Mansions – und noch eine Geschichte über Schnappmesser und Blutflecken. Immer, wenn etwas Derartiges geschieht, weiß Norma nichts davon, kann sich an nichts erinnern und so weiter. Sie findet Arsen in der Schublade, erinnert sich aber nicht, dass sie es hineingelegt hat. Sie behauptet, sie habe Gedächtnislücken, es fehlten ihr manchmal Stunden, sie wisse nicht, was sie in der Zeit getan habe. Das zwingt einem die Frage auf: Ist das, was sie sagt, richtig – oder erfindet sie es aus irgendeinem Grund? Ist sie das Opfer einer ungeheuerlichen, irrsinnigen Verschwörung – oder ist sie etwa das Haupt dieser Verschwörung? Stellt sie sich selbst als Geisteskranke dar, weil sie einen Mord plant und auf verminderte Zurechnungsfähigkeit plädieren will?«
    »Heute war sie ganz anders. Ist Ihnen das auch aufgefallen? Ganz anders. Nicht mehr so – so wirr.«
    Poirot nickte.
    In der Wohnung und im Hausflur wurde es lauter. Poirot und Mrs Oliver wurden durch die Unruhe abgelenkt.
    »Glauben Sie…?«, fragte Mrs Oliver und verstummte. Poirot war ans Fenster gegangen. Er sah auf den Hof hinunter. Ein Krankenwagen stand vor dem Eingang.
    »Nehmen Sie ihn jetzt mit?« Mrs Olivers Stimme zitterte. Plötzlich sagte sie mitleidig: »Armer Pfau!«
    »Er hat Ihr Mitleid wirklich nicht verdient.«
    »Er war so prächtig anzusehen… Und so jung!«
    »So sind die Frauen!« Poirot öffnete die Tür vorsichtig einen Spalt breit und spähte hinaus. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
    Sobald er fort war, spähte auch sie durch den Türspalt. Dann ging sie ans Fenster, um den Hof zu beobachten.
    Als Poirot ein paar Minuten danach leise ins Zimmer zurückschlich, erklärte sie: »Eben ist Mr Restarick mit einem Taxi gekommen. Claudia war bei ihm. Sind Sie in Normas Zimmer gewesen? Oder wo wollten Sie sonst hin?«
    »In Normas Zimmer tagt die Polizei.«
    »Wie ärgerlich für Sie. Was ist eigentlich in diesem komischen Beutel, den Sie da plötzlich haben?«
    Poirot konterte: »Und was haben Sie in dieser Stofftasche?«
    »In meiner Einkaufstasche? Zwei Avocadobirnen. Wieso?«
    »Weil ich Ihnen dann gern diesen Beutel anvertrauen würde. Können Sie ihn einstecken? Aber bitte nicht drücken.«
    »Was ist das denn?«
    »Etwas, das ich zu finden hoffte – und auch gefunden habe… Ach, endlich kommen die Dinge in Gang.«
    Und wirklich: In der Wohnung wurde es wieder lebhaft. Restaricks laute, zornige Stimme war zu hören. Claudia kam herein, um zu telefonieren. Durch die halb geöffnete Tür sahen sie einen Polizeistenografen, der zur Nachbarwohnung ging, um die Aussagen von Frances Cary und Miss Jacobs aufzunehmen. Es herrschte eine Atmosphäre geordneter Betriebsamkeit, die erst wieder abflaute, als zwei Männer mit Kameras sich entfernten.
    Dann gesellte sich plötzlich

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