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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ein großer, schlaksiger junger Mann mit roten Haaren zu ihnen. Von Mrs Oliver nahm er keine Notiz, sondern wandte sich sofort an Poirot:
    »Was hat sie getan? Jemand ermordet? Wer ist das? Der Freund?«
    »Ja.«
    »Hat sie’s zugegeben?«
    »Scheint so.«
    »Das genügt mir nicht. Hat sie sich schuldig bekannt?«
    »Ich hab es nicht von ihr gehört. Aber ich konnte sie auch nicht selber fragen.«
    Ein Polizist öffnete die Tür. »Dr. Stillingfleet?«, fragte er. »Der Polizeiarzt würde Sie gern einen Moment sprechen.«
    Dr. Stillingfleet ging mit ihm hinaus.
    »Das ist also Ihr Dr. Stillingfleet«, sagte Mrs Oliver. »Hm. Der dürfte der Polizei noch zu schaffen machen, was?«

23
     
    C hefinspektor Neele schrieb ein paar Worte auf ein Blatt Papier, dann sah er die fünf im Zimmer Anwesenden der Reihe nach an. Seine Stimme klang kühl und unpersönlich. »Miss Jacobs?«, fragte er den Polizeibeamten, der an der Tür stand. »Sergeant Conolly hat ihre Aussage zwar protokolliert, aber ich würde ihr doch gern noch ein paar Fragen stellen.«
    Kurz darauf wurde Miss Jacobs hereingeführt. Neele erhob sich, um sie zu begrüßen.
    »Ich bin Chefinspektor Neele«, sagte er und reichte ihr die Hand. »Es tut mir leid, dass ich Sie noch einmal belästigen muss. Könnten Sie mir wohl mit Ihren eigenen Worten schildern, was Sie gesehen und gehört haben? Ich möchte ein klares Bild bekommen. Es ist sicher quälend…«
    »Nein, quälend ist es nicht«, sagte Miss Jacobs und setzte sich auf den Stuhl, den er ihr zurechtgerückt hatte. »Natürlich war es ein Schock, aber ich bin ja nicht persönlich beteiligt.«
    »Also, Miss Jacobs, was haben Sie gesehen und gehört?«
    »Wahrscheinlich unterscheidet es sich von dem, was ich vorhin gesagt habe«, erklärte sie überraschend. »Wissen Sie, ich meine das so: Man versucht, alles so genau wie möglich zu beschreiben, und fügt dabei unbewusst Dinge hinzu, die man gesehen zu haben glaubt. Aber ich will es versuchen. Es begann mit lauten Schreien. Ich bin erschrocken. Ich dachte, jemand müsse verletzt worden sein, und rannte schon zur Tür, als draußen dagegen gehämmert wurde. Ich machte auf, es war eine meiner Nachbarinnen – eine von den drei jungen Damen, die in Nr. 67 wohnen. Den Namen weiß ich leider nicht, aber ich kenne sie vom Sehen.«
    »Frances Cary«, warf Claudia ein.
    »Sie war kaum zu verstehen und stammelte, dass jemand tot sei – jemand, den sie kenne – David… den Nachnamen habe ich nicht mitgekriegt. Sie schluchzte und zitterte. Ich hab sie in meine Wohnung gebracht und ihr einen Schnaps gegeben, dann bin ich rübergegangen, um selber nachzusehen. Sie wissen, was ich dort gefunden habe. Soll ich es beschreiben?«
    »Vielleicht nur kurz…«
    »Ein junger Mann, einer dieser modernen jungen Männer – in Samt und Rüschen und mit langen Haaren – lag auf dem Fußboden. Ich erkannte sofort, dass er tot war. Sein Hemd war steif von Blut.«
    Stillingfleet beobachtete Miss Jacobs aufmerksam.
    »Dann merkte ich auf einmal, dass ein Mädchen im Zimmer war. Sie hielt ein Küchenmesser in der Hand. Sie wirkte ganz ruhig und gesammelt – höchst merkwürdig.«
    Stillingfleet fragte: »Hat sie etwas gesagt?«
    »Sie sagte, sie sei im Bad gewesen, um das Blut von ihren Händen abzuwaschen – und dann hat sie wörtlich gesagt: ›Aber das lässt sich gar nicht abwaschen, nicht wahr?‹ Dann legte sie das Messer auf den Tisch und setzte sich hin.«
    »Was hat sie sonst noch gesagt?«, fragte Chefinspektor Neele nach einem Blick auf einen Notizzettel, der vor ihm lag.
    »Etwas über Hass. Dass man niemand hassen sollte…«
    »Hat sie nicht auch ›armer David‹ gesagt? Das hatten Sie Sergeant Conolly gegenüber erwähnt. Und dass sie frei von ihm sein wollte.«
    »Ja, das habe ich vergessen. Sie hat etwas davon gesagt, dass er sie gerufen habe – und dann noch etwas von Louise.«
    »Was hat sie über Louise gesagt?«, fragte Poirot und beugte sich gespannt vor. Miss Jacobs betrachtete ihn zweifelnd.
    »Eigentlich nichts. Sie hat nur den Namen erwähnt. ›Wie bei Louise‹, sagte sie und schwieg dann. Zuvor hatte sie das über den Hass gesagt, dass man niemand hassen solle…«
    »Und dann?«
    »Und dann sagte sie mir ganz ruhig, ich müsse die Polizei anrufen. Das habe ich dann auch getan. Wir saßen hier im Zimmer, bis die Polizei kam… Ich dachte, ich sollte sie besser nicht allein lassen. Wir haben nicht mehr gesprochen. Sie schien tief in Gedanken

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