Die Verlockung des Glücks Teil 2
lebt. Und sie braucht ihn. Und alles andere ist vorerst nebensächlich.
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Im Krankenhaus habe ich das Gefühl, dass es mindestens tausend Ärzte und Schwestern sein müssen, die mich untersuchen. Matt steht die ganze Zeit besorgt an meiner Seite und hält meine Hand fest. Ich vermute stark, dass die meisten weniger um meine Gesundheit besorgt sind, als daran interessiert, einen Blick auf den großen Matthew Johnson zu werfen.
Doch mir ist gerade ohnehin alles egal. Sie haben mir vorhin anscheinend irgendein Beruhigungsmittel gespritzt und ich befinde mich in einem angenehmen Dämmerzustand. Wenn mir alles zu viel wird, dann schließe ich einfach kurz die Augen. Sobald ich sie wieder öffne, blicke ich in Matts Gesicht, das sich voller liebevoller Besorgnis über mich beugt. Er weicht nicht von meiner Seite, nur zum Röntgen darf er nicht mit.
Statt mit mir zu reden, unterha lten sich die Ärzte nur mit ihm. Vermutlich würde ich mich darüber ärgern so ignoriert und übergangen zu werden, wenn ich gerade nicht mit soviel Gleichgültigkeit beseelt wäre.
Ich höre zu, wie der Arzt Matt erzählt, dass es ein glatter Durchschuss war und ich unglaubliches Glück gehabt habe ; Knochen und größere Gefäße sind wie durch ein Wunder heil geblieben. Die Wunde wird also versorgt und verbunden; ich bekomme ein Antibiotikum und werde an den Tropf gehängt, weil sich mein Kreislauf einfach nicht richtig stabilisieren lassen will. Außerdem erzählen die Ärzte etwas von einem Schock. Sie wollen mich gerne über Nacht zur Beobachtung da behalten, nicht zuletzt deshalb, weil ich immer noch Fieber habe. Völlig irrational und wie ein kleines Kind umfasse ich Matthews Hand fester, klammere mich richtig daran fest. Der Gedanke, die Nacht alleine im Krankenhaus verbringen zu müssen, ist mir abscheulich. Der Schreck von vorhin, der mir immer noch in den Gliedern sitzt, sowie mein von Medikamenten benebeltes Hirn, machen aus dieser Kleinigkeit eine riesengroße Sache. Am liebsten würde ich mich gerade heulend und kreischend an Matt klammern, um bloß nicht alleine bleiben zu müssen. Irgendwie gelingt es mir dann doch, ein letztes bisschen Stolz zu aktivieren und mich zusammenzureißen. Ich blinzele entschlossen die Tränen weg, die in meine Augen treten und versuche, die Contenance zu wahren.
Matthew bemerkt es natürlich trotzdem.
„Ich bleibe noch bei dir, bis du eingeschlafen bist. Und morgen früh komme ich dich gleich holen und bringe dich wieder nach Hause“, flüstert er in mein Ohr, nachdem ich in ein freies Zimmer geschoben worden bin.
Lange muss er nicht bleiben. Nachdem sich die Zimmertür geschlossen hat und ein wenig Ruhe eingekehrt ist, fordern die viele Aufregung und der mir verabreichte Medikamentencocktail ihren Tribut. Ich brauche keine fünf Minuten, bis ich in einen tiefen, festen Schlaf falle.
Beim Aufwachen dröhnt mir der Kopf und mein rechter Oberarm pocht schmerzhaft. Bis ich mich orientiert habe und wieder weiß, wo ich bin und was gestern Abend passiert ist, brauche ich einen Moment. Der eklige Geschmack, den ich im Mund habe, sorgt dafür, dass ich mich beinahe übergeben muss. Da jedoch bei meinem Glück genau dann der Arzt hereinkommen wird und mich hinterher deswegen noch einen Tag länger hierbehalten will, reiße ich mich zusammen. In meiner Hand steckt immer noch der Zugang für den Tropf, aber die Infusionsflasche scheint vergangene Nacht noch jemand abgehängt zu haben. Nachdem ich mich in dem kleinen Zimmerchen kurz umgesehen habe, setze ich mich langsam an die Bettkante und versuche aufzustehen. Mein Ziel ist das kleine Badezimmer, das an mein Krankenzimmer gleich angrenzt. Ich muss dringend zur Toilette und ich muss mir die Zähne putzen. Und wenn es keine Zahnbürste geben sollte, dann muss ich mir wenigstens den Mund ausspülen. Mit diesem Geschmack in meinem Mund kann ich kein einziges Wort mit jemandem sprechen. Wenn es schon so schmeckt, möchte ich lieber gar nicht erst wissen, wie es riecht …
Beim Versuch aufzustehen wird mir sch windelig. Ich ignoriere das sanfte Drehen um mich herum einfach und nach ein paar zaghaften, kleinen Schritten scheint sich mein Kreislauf zu stabilisieren.
Nachdem ich auf der Toilette gewesen bin, werfe ich einen vorsichtigen Blick in den kleinen Spiegel über dem Waschbeck en und bekomme einen Schreck. Ich sehe furchtbar aus, meine Augen sind verquollen und mein Gesicht ist aschfahl. Mit kaltem Wasser versuche ich, einen Ansatz
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