Die verlorene Bibliothek: Thriller
Mal, dass Kyle sie in einem Moment des Frustes auf den richtigen Weg geführt hatte.
Emily schaute sich den Text unter dem Wappen an. Die ersten beiden Phrasen hatten ihren Wert bereits bewiesen, und darunter stand der dritte und letzte Hinweis.
Fünfzehn, wenn zum Morgen.
Die Phrase ergab keinen Sinn für Emily, doch im Augenblick suchte sie auch nicht nach der Bedeutung. Sie suchte nur nach etwas, das sie sagen konnte.
Emily drehte sich wieder zur Tür um und sprach laut und deutlich die sinnlose Phrase aus. »Fünfzehn, wenn zum Morgen!«
Eine gefühlte Ewigkeit tat sich nichts, und Emily verlor schon wieder die Hoffnung. Was, wenn das auch nicht richtig ist? Das war der letzte Hinweis, den sie hatte.
Dann … ein Klicken.
Emilys Blick flog zur Klinke, und sie schaute zu, wie sie langsam heruntergedrückt wurde. Die Tür schwang auf. Und dahinter stand wieder der Mann und schaute ihr in die Augen.
»Kommen Sie herein.«
KAPITEL SECHZIG
11:40 U HR
Jason und sein Partner hatten ihr Ziel aus sicherer Entfernung durch einen Gang nach dem anderen verfolgt, und wann immer sie stehen geblieben war, waren auch sie stehen geblieben. Die Frau war vollkommen auf ihre Mission fixiert; überraschend war nur, dass sie nicht zu wissen schien, wonach sie überhaupt suchte. Tatsächlich wussten die Freunde mehr über ihr Ziel als sie, auch wenn dessen Identität bis vor wenigen Minuten noch unbekannt gewesen war.
Die Identität des Bibliothekars, den zu finden Emily Wess sich so eifrig bemühte, war ihnen im selben Augenblick klar geworden, als Emily die Kelleranlage betreten hatte. Von den vier Kandidaten, die der Rat als potenzielle Bibliothekare in der Stadt identifiziert hatte, arbeiteten drei in den oberen Büros der Bibliotheca Alexandrina und nur einer unten.
»Es ist Antoun«, hatte er seinem ganzen Team per Sammel-SMS mitgeteilt. In den Kellergängen mit ihren Steinwänden durfte er noch nicht einmal ein Flüstern riskieren, wenn Wess ihn nicht hören sollte. Die Freunde im gesamten Gebäude verstanden sofort, was die kurze Nachricht bedeutete, und positionierten sich dementsprechend neu. Der Mann, der Antoun beschattet hatte, zog sich von seinem Posten zurück. Nachdem sie das Ziel identifiziert hatten, wollten sie ihm nicht mehr zu dicht auf die Pelle rücken. Ein verschreckter Bibliothekar war nicht mehr nützlich, ganz zu schweigen von einer verschreckten Emily Wess. Jason und sein Partner hatten die Verfolgung nun persönlich übernommen.
Ihre einzige Sorge war, dass Emily Wess oder der Mann sie sehen könnten. Dass auch andere sie in den Gängen entdecken könnten, kümmerte die beiden Freunde hingegen nicht. Bei ihrer Landung in Ägypten hatten gefälschte Ausweise auf sie gewartet, und die trugen sie nun am Revers. Und ihre grauen Anzüge mochten zwischen den Touristen ja fehl am Platz gewirkt haben, doch hier unten passten sie gut. Wenn jemand sie sich genauer ansah, dann würde er nur zwei Computerexperten sehen, die sich um die Rechner kümmerten, an denen es hier keinen Mangel gab. Und die beiden Freunde sahen nicht nur danach aus, sondern hatten auch genügend Erfahrung, um ihre Rollen überzeugend zu spielen.
Nach mehreren Minuten des Suchens war ihr Ziel vor einer bestimmten Tür stehen geblieben. Irgendetwas dort hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Jason gab seinem Partner ein Zeichen, und die beiden Freunde positionierten sich rechts und links an der Ecke, wo der kleinere Gang in den größeren mündete. Die schlechten Lichtverhältnisse hier waren perfekt, um etwas zu sehen, ohne selbst gesehen zu werden.
Als die Tür sich geöffnet hatte und der Mann erschienen war, hatte Jason rasch gehandelt. Er hatte sein Handy herausgeholt und ein Foto des Mannes gemacht, und mit ein paar Tastendrucken hatte er es an den Sekretär geschickt.
Antoun , dachte er. Sie hatten ihren Bibliothekar.
Emily Wess hingegen kannte den Mann ganz eindeutig nicht . Es war wirklich eine seltsame Szene: Die Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen; Dr. Wess blätterte in ein paar Papieren rum und redete mit sich selbst, dann wurde die Tür erneut geöffnet. Der dunkelhäutige Antoun, nach außen hin ein respektabler Bibliotheksangestellter, starrte Emily Wess kalt an. »Kommen Sie herein«, sagte er.
Jason wusste, dass nun die Zeit zu handeln gekommen war. Als Wess das Büro betrat und Antoun die Tür hinter ihr schloss, setzte Jason sich in Bewegung und holte ein kleines digitales Gerät aus seiner Tasche.
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