Die verlorene Ehre der Katharina Blum
die Karriere von S. zerstören.
Will die Polizei, will die Staatsanwaltschaft tatsächlich dem schandebedeckten
Götten glauben, der die Blum voll entlastet? Die ZEITUNG erhebt zum
wiederholten Male die Frage: Sind unsere Vernehmungsmethoden nicht doch zu
milde? Soll man gegen Unmenschen menschlich bleiben müssen!
Unter den Bildern von Blorna, Frau Blorna und der Villa:
In diesem Haus arbeitete die Blum von sieben bis sechzehn Uhr dreißig
selbständig, unbewacht, mit dem vollen Vertrauen von Dr. Blorna und Frau Dr.
Blorna. Was mag sich hier alles abgespielt haben, während die ahnungslosen
Blornas ihrem Beruf nachgingen! Oder waren sie nicht so ahnungslos! Ihr Verhältnis
zur Blum wird als sehr vertraut, fast vertraulich bezeichnet. Nachbarn erzählten
Zeitungsreportern, man könne fast von einem freundschaftlichen Verhältnis
sprechen. Gewisse Andeutungen übergehen wir hier, da sie nicht zur Sache gehören.
Oder doch! Welche Rolle spielte Frau Dr. Gertrud Blorna, die in den Annalen einer
angesehenen TH heute noch als die »rote Trude« bekannt ist! Wie konnte Götten
aus der Wohnung der Blum entkommen, obwohl ihm die Polizei auf den Fersen
war! Wer kannte die Konstruktionspläne des Appartementhauses »Elegant am
Strom wohnen« bis ins letzte Detail! Frau Blorna. Die Verkäuferin Hertha Sch.
und die Arbeiterin Claudia St. sagten übereinstimmend zur ZEITUNG: »Die, wie
die miteinander tanzten (gemeint sind die Blum und der Bandit Götten) – als
hätten sie sich schon ewig gekannt. Das war kein zufälliges Treffen, das war ein
Wiedersehen.«
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Als Beizmenne später intern kritisiert wurde, weil er Götten, von dessen
Aufenthalt in der Sträublederschen Villa er schon seit Donnerstagabend .
Uhr wußte, fast achtundvierzig Stunden unbehelligt gelassen und damit ein
weiteres Entkommen Göttens riskiert hatte, lachte er und sagte, Götten habe
schon ab Donnerstag um Mitternacht keine Chance mehr gehabt zu entkommen.
Das Haus liege im Wald, sei aber auf eine geradezu ideale Weise von Hochsitzen
»wie von Wachtürmen« umgeben, der Innenminister sei voll informiert und
mit allen Maßnahmen einverstanden gewesen, – es sei per Hubschrauber, der
natürlich nicht in Hörnähe gelandet sei, sofort ein Spezialtrupp in Marsch
gesetzt, auf die Hochsitze verteilt worden, am anderen Morgen sei die lokale
Polizeidienststelle durch weitere zwei Dutzend Beamte auf die diskreteste Weise
verstärkt worden. Das wichtigste wäre gewesen, Göttens Kontaktversuche zu
beobachten, und der Erfolg habe das Risiko gerechtfertigt. Es seien fünf Kontakte
ausgemacht worden. Und man habe natürlich diese fünf Kontaktpersonen erst
stellen und festnehmen, ihre Wohnungen durchsuchen müssen, bevor man
Götten festnahm. Man habe bei diesem erst zugegriffen, als er auskontaktiert
gewesen sei und leichtsinniger- oder frecherweise sich so sicher gefühlt habe, daß
man ihn von außen habe beobachten können. Einige wichtige Details verdanke
er übrigens den Reportern der ZEITUNG, dem dazu gehörenden Verlag und
den mit diesem Haus verbundenen Organen, die nun einmal lockere und nicht
immer konventionelle Methoden hätten, Einzelheiten zu erfahren, die amtlichen
Rechercheuren verborgen blieben. So habe sich zum Beispiel herausgestellt,
daß Frau Woltersheim ebensowenig ein unbeschriebenes Blatt sei wie Frau
Blorna. Die Woltersheim sei als uneheliches Kind einer Arbeiterin in Kuir
geboren. Die Mutter lebe noch, und zwar wo? In der DDR, und das keineswegs
gezwungenermaßen, sondern freiwillig; es sei ihr mehrmals, erstmalig , noch
einmal , ein weiteres Mal kurz vor dem Mauerbau angeboten worden, in
ihre Heimat Kuir zurückzukommen, wo sie ein kleines Haus und einen Morgen
Land besitze. Aber sie habe – und das dreimal und alle drei Male ausdrücklich
– abgelehnt. Noch ein paar Stufen interessanter sei der Vater der Woltersheim,
ein gewisser Lumm, ebenfalls Arbeiter, außerdem Mitglied der damaligen KPD,
der in die Sowjetunion emigriert sei und dort angeblich verschollen sei. Er,
Beizmenne, nehme an, auf den Vermißtenlisten der Deutschen Wehrmacht sei
diese Art von Verschollenen nicht zu finden.
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Da man nicht sicher sein kann, daß bestimmte, relativ deutliche Hinweise auf
Handlungs- und
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