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Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Titel: Die verlorene Ehre der Katharina Blum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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des
    Wohnkomplexes vertraut zu machen, wurde zwar in erster Instanz abgewiesen,
    aber niemand ist sicher, wie die zweite und die dritte Instanz entscheiden werden.
    Noch eins: der Zweitwagen ist schon abgeschafft, und kürzlich war ein Foto von
    Blornas wirklich ziemlich elegantem »Superschlitten« in der ZEITUNG mit der
    Unterschrift: »Wann wird der rote Anwalt auf den Wagen des kleinen Mannes
    umsteigen müssen?«
    52.
    Natürlich ist auch Blornas Verhältnis zur »Lüstra« (Lüding und Sträubleder
    Investment) gestört, wenn nicht gelöst. Man spricht lediglich noch von
    »Abwicklungen«. Immerhin bekam er von Sträubleder kürzlich die telefonische
    Auskunft: »Verhungern lassen wir euch nicht«, wobei das Überraschende für
    Blorna war, daß Sträubleder »euch« statt »dich« sagte. Er ist natürlich noch für
    die »Lüstra« und die »Haftex« tätig, aber nicht mehr auf internationaler Ebene,
    sogar nicht mehr auf nationaler, nur noch selten auf regionaler, meistens auf
    lokaler, was bedeutet, daß er sich mit miesen Vertragsbrechern und Querulanten
    herumschlagen muß, die etwa ihnen versprochene Marmorverkleidungen
    einklagen, die nur in Solnhofener Schiefer ausgeführt worden sind, oder Typen,
    die, wenn ihnen drei Schleiflackschichten auf Badezimmertüren versprochen
    wurden, mit dem Messer Farbe abkratzen, Gutachter anheuern, die feststellen,
    daß es nur zwei Schichten sind; tropfende Badewannenhähne, defekte
    Müllschlucker, die man zum Anlaß nimmt, vertraglich abgemachte Zahlungen
    nicht zu leisten – das sind so die Fälle, die man ihm jetzt überläßt, während er
    früher zwischen Buenos Aires und Persepolis nicht gerade ständig, aber doch
    ziemlich häufig unterwegs war, um bei der Planung großer Projekte mitzuwirken.
    Im militärischen Dienst nennt man das eine Degradierung, die meistens mit
    demütigenden Tendenzen verbunden ist. Folge: noch keine Magengeschwüre,
    aber Blornas Magen beginnt sich zu melden. Schlimm: daß er in Kohlforstenheim
    eigene Recherchen unternahm, um von dem örtlichen Polizeimeister zu erfahren,
    ob der Schlüssel, als man Götten verhaftete, innen oder außen steckte, oder ob
    man Anzeichen dafür gefunden habe, daß Götten eingebrochen sei. Was soll
    das, wo die Ermittlungen abgeschlossen sind? Das – es muß festgestellt werden
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    Heinrich Böll
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    – heilt die Magengeschwüre keinesfalls, wenn auch Polizeimeister Hermanns
    sehr nett zu ihm war, ihn keineswegs des Kommunismus verdächtigte, aber ihm
    dringend riet, die Finger davonzulassen. Einen Trost hat Blorna: seine Frau wird
    immer netter zu ihm, sie hat ihre scharfe Zunge immer noch, wendet sie aber
    nicht mehr gegen ihn an, nur noch gegen andere, wenn auch nicht gegen alle. Ihr
    Plan, die Villa zu verkaufen, Katharinas Wohnung freizukaufen und dorthin zu
    ziehen, scheiterte bisher nur an der Größe der Wohnung, was bedeutet: an deren
    Kleinheit, denn Blorna will sein Stadtbüro aufgeben und seine Abwicklungen
    zu Hause erledigen; er, der als Liberaler mit Bonvivant-Zügen galt, ein beliebter,
    lebenslustiger Kollege, dessen Parties beliebt waren, beginnt, asketische Züge zu
    zeigen, seine Kleidung, auf die er immer großen Wert legte, zu vernachlässigen,
    und da er sie wirklich , nicht auf eine modische Weise vernachlässigt, behaupten
    manche Kollegen sogar, er betreibe nicht einmal mehr ein Minimum an
    Körperpflege und beginne zu riechen. So kann man sich wenig Hoffnung auf
    eine neue Karriere für ihn machen, denn tatsächlich — hier soll nichts, aber
    auch gar nichts verschwiegen werden – ist sein Körpergeruch nicht mehr der
    alte, der eines Mannes, der morgens munter unter die Dusche springt, reichlich
    Seife, Desodorants und Duftwasser verwendet. Kurz: es geht eine erhebliche
    Veränderung mit ihm vor sich. Seine Freunde – er hat noch einige, unter anderem
    Hach, mit dem er im übrigen in den Fällen Ludwig Götten und Katharina Blum
    beruflich zu tun hat – sind besorgt, zumal seine Aggressionen – etwa gegen die
    ZEITUNG, die ihn immer wieder mit kurzen Publikationen bedenkt – nicht
    mehr ausbrechen, sondern offensichtlich geschluckt werden. Die Sorge seiner
    Freunde geht so weit, daß sie Trude Blorna gebeten haben, unauffällig zu
    kontrollieren, ob Blorna sich Waffen besorgt oder Explosivkörper bastelt, denn
    der erschossene Tötges hat einen Nachfolger gefunden, der unter dem Namen
    Eginhard Templer eine Art Fortsetzung von

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