Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
Vom Netzwerk:
Spaß daran?«
    »Natürlich«, erwiderte Lea. Sie dachte an den Mittelaltermarkt, den sie gemeinsam mit Tom besucht hatte. Ein großes Zeltlager hatte im Schatten des Rotenfels für mittelalterliche Stimmung gesorgt. Kleine Jungen jagten einander mit Holzschwertern, die meisten Mädchen spielten Prinzessin. Ein Falkner mit einer Auswahl an Greifvögeln zog Neugierige an. An den Essensständen drängten sich die Hungrigen.
    Tom hatte Lea zuerst zu einem Stand mit sogenannten Spezereien geführt, wo sie sich zwei Tüten mit einer Auswahl an Trockenfrüchten kauften.
    Lea nahm die zweite Brötchenhälfte in die Hand und ließ Claire nicht aus dem Blick, während sie die nächsten Worte sagte: »Tom hat mir übrigens erzählt, dass es da noch jemanden gibt, der deinen Onkel Ludwig kannte.«
    »Großonkel Ludwig … Ach, wirklich?«
    »Eine Ilse.«
    »Ilse, so, so … Da muss ich mal nachdenken.«
    In Claires Gesicht zeigte sich weiter keine Reaktion, oder Lea bemerkte einfach keine. Unwillkürlich überlief sie ein Frösteln. Vielleicht sollte ich Rike einfach einmal hierher einladen, überlegte sie, vielleicht würde dich das ja zum Reden bringen.
    Lea hatte im Bett gelegen, als sie die erste Bewegung gespürt hatte, etwas Flatterndes in ihrem Bauch, so zart, dass sie zuerst an ihrer Wahrnehmung gezweifelt hatte. Manche sagten, diese erste Berührung fühle sich an, als tanzten Schmetterlinge tief in einem drinnen – und wenn Lea sich einen solchen Vergleich vorher auch nicht hatte vorstellen können, so fand sie ihn heute treffend.
    Mittlerweile wartete sie täglich sehnsüchtig auf die Bewegungen ihres kleinen Schmetterlings. Manchmal erwischte sie sich auch dabei, dass sie über ihren gewölbten Bauch strich und in sich hineinhorchte. Wenn sie an ihr Kind dachte, fühlte sie sich so sicher, wie sie sich noch nie zuvor gefühlt hatte.
    Inzwischen wusste es auch Claire. Lea kämpfte gegen ihr schlechtes Gewissen darüber an, dass sie es Rike noch nicht gesagt hatte. Immerhin würde Rike Großmutter werden, aber irgendetwas hielt Lea davon ab, ihr von der Schwangerschaft zu erzählen. Dabei waren die Zeiten doch vorbei, in denen man sich darüber Sorgen machen musste, unverheiratet schwanger zu werden. Es gab keine Bastarde mehr, nicht in ihrer Welt.
    Vielleicht, überlegte Lea, liegt es daran, dass wir es verlernt haben, wirklich miteinander zu sprechen.
    Demnächst würde sie sich jedenfalls um Umstandskleidung kümmern, auch wenn sie sich bisher immer noch gut mit den üblichen Tricks behelfen konnte. Wahrscheinlich würde sie dann auch mit Rike sprechen, wenn ihr keine andere Möglichkeit blieb.
    »Wie habt ihr das damals nur gemacht?«, hatte sie Claire vor einigen Tagen gefragt, die neben ihr im Lehnstuhl saß und dem Dachdecker bei der Arbeit zusah.
    Es dauerte einen Augenblick, bevor Claire ihre volle Aufmerksamkeit auf die Enkelin richtete.
    »Ich hatte ein oder zwei Kleider, die mir weiter genäht wurden. Aber man erwartete ohnehin nicht, dass ich häufig vor die Tür gehe, als ich mit deiner Mutter schwanger war. Das schickte sich nicht.«
    Es hatte sich also nicht geschickt, vor die Tür zu gehen. Lea überlegte. Man konnte natürlich auch sagen, Claires Familie war offenbar wohlhabend genug gewesen, um der jungen Frau das Vor-die-Tür-Gehen versagen zu können. Mit neuem Interesse musterte Lea ihre Großmutter, doch die schien ihren Blick nicht zu bemerken. Die Vergangenheit war immer noch ein Buch mit sieben Siegeln.
    Claire stand jetzt auf. Seit sie vor einigen Tagen auf unebenem Grund gestürzt war, stützte sie sich während des Gehens auf einen ebenholzfarbenen Gehstock mit silberfarbenem Knauf, der ihrer Eleganz allerdings keinen Abbruch tat.
    »Ein guter Mann«, sagte sie.
    Lea folgte ihrer Handbewegung. Tom kümmerte sich seit gestern um die Fenster und die Fensterrahmen und war eben kurz hinter dem oberen Dachfenster zu sehen gewesen. Von gestern auf heute hatte er seine Haare raspelkurz geschnitten. Wie sich das wohl anfühlte? Lea bemerkte erst, dass sie eine Hand auf ihren Bauch gelegt hatte, als Claire sie prüfend ansah.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja, ja, natürlich.« Lea stand ebenfalls auf. »Ich werde auch noch ein bisschen weiterarbeiten.«
    Tom stand so unvermittelt am Fuß der Leiter, auf die Lea gestiegen war, um die letzten Tapetenreste auch aus den oberen Ecken zu entfernen, dass sie ins Schwanken geriet und fast gestürzt wäre.
    »He, Vorsicht!«
    Während Tom unten die Leiter

Weitere Kostenlose Bücher