Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verlorene Koenigin

Die verlorene Koenigin

Titel: Die verlorene Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
Vom Netzwerk:
Tür und stieg aus. »Also manchmal«, sagte sie, und ihre Stimme klang erschreckend ruhig und leise, »weiß ich es wirklich nicht.«
    Tania stürmte in ihr Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Sie atmete stoßweise und zitterte vor Wut. Sie ging zum Fenster und machte auf halbem Weg einen kleinen Seitwärtsschritt.
    Sofort stand sie im oberen Turmzimmer von Bonwn Tyr und der Mond warf sein fahles Licht auf sie. Ihr Zorn hatte sie aufgewühlt und erschöpft.
    Meine Güte, weißt du denn nicht, wer ich bin?
    Beinahe wäre ihr die Wahrheit herausgerutscht: So könnt ihr nicht mit mir umspringen. Ich bin eine Elfenprinzessin!
    Sie warf einen Blick über die Schulter und malte sich aus, wie ihre Eltern in ihr Zimmer kamen un d … ein leeres Bett vorfanden.
    »Mir doch egal«, sagte sie laut. »Sollen sie!«
    Sie drehte sich um, lief die schmale Wendeltreppe hinunter, überquerte den Steinboden und öffnete die Tür. Weiße Wolkenfetzen jagten über den sternenklaren Himmel. Der Mond leuchtete hell durch die Äste der Espenbäume, so groß und voll, dass Tania wie angewurzelt stehen blieb. Sie streckte beide Hände über den Kopf, sodass es aussah, als hielte sie den Mond in den Händen.
    Sie trat aus dem kleinen Wäldchen hinaus. In der Ferne erstrahlte hell der Palast: bernsteinfarben, orange, rot und tiefgelb. Irgendwo in der Nähe trällerte eine Nachtigall. Eine zweite antwortete von etwas weiter her. Ihre hohe Stimme perlte durch die kristallklare Luft.
    Tania kam sich vor wie ein Seemann, den es nach einem Schiffsunglück an den Strand einer friedlichen grünen Insel verschlagen hatte, und lief auf den Palast zu.
    Sie war noch nicht weit gekommen, da bemerkte sie plötzlich eine kleine dunkle Silhouette, die sich ihr langsam näherte. Sie hielt inne und spähte den langen mondbeschienenen Abhang hinunter.
    Es war ein Tier. Vielleicht ein Pferd? Nein, kein Pferd. Sie konnte ein mehrendiges Geweih auf seinem Kopf erkennen. Ein Hirsch!
    Voller Freude und Faszination setzte sich Tania ins Gras und wartete darauf, dass das Tier herankam. Jetzt konnte sie schon das Trappeln seiner Hufe im Gras hören. Gleich darauf erspähte sie das raue braune Fell und die schwarzen Vorderhufe. Die Muskeln des Hirsches waren angespannt. Tania nahm das regelmäßige Auf und Ab des Kopfes wahr. Das prachtvolle Tier blieb vor ihr stehen, senkte sein majestätisches Haupt und schnaubte. Das Mondlicht glänzte in seinen klugen Augen.
    »Hallo«, sagte Tania und streckte vorsichtig die Hand aus, um die samtweiche Schnauze zu streicheln.
    Wieder atmete der Hirsch prustend aus und stupste ihre Hand mit dem Kopf an, wobei er mit dem Vorderhuf ungeduldig auf dem Boden scharrte.
    Tania erhob sich. Das Tier schritt würdevoll einen Kreis um sie herum ab und hielt dann inne, den Blick auf den Palast gerichtet.
    »Ich soll auf dir reiten?«
    Ein Nicken des schweren Kopfes. Ein Schnauben.
    »Ich weiß aber nicht, ob ich aufsitzen kann.«
    Mit ihren Jeans konnte sie zwar reiten und das Tier schien auch genau dies von ihr zu erwarten, aber seine Größe schüchterte Tania ein.
    »Okay«, sagte sie. »Hoffentlich tue ich dir nicht aus Versehen weh.« Sie legte die Arme um seinen Hals, dann holte sie mit einem Bein Schwung und wuchtete sich hinauf. Sie wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, aber am Ende lag sie bäuchlings auf dem Rücken des Tieres.
    Tania zappelte, wand sich hin und her und schaffte es schließlich, ein Bein über den Rücken des Hirschs zu schwingen. Dann musste sie sich nur noch mit den Händen abstützen, um sich in eine sitzende Position zu bringen.
    Tania saß nun rittlings mit baumelnden Beinen auf dem Hirsch. Sie hatte ihre Hände flach auf die Schultern des Tiers gelegt. Die Geweihstangen erhoben sich vor ihr wie vielfingrige Hände. Mit einem zufriedenen Schnauben begann das Tier, den Hang hinunterzutraben, auf demselben Weg, den es gekommen war.
    Tania fand den Ritt ziemlich unbequem. Sie fühlte sich nicht besonders sicher auf dem breiten, knochigen Rücken und wurde wie eine Stoffpuppe durchgeschüttelt. Doch immerhin fiel sie nicht hinunter. Bald erreichten sie den Palastgarten, dessen Kiesbelag unter den Hufen des Hirsches knirschte.
    Sie näherten sich dem Wachhäuschen und Tania erblickte eine schlanke Gestalt auf den Eingangsstufen vor dem großen Türbogen.
    »Cordelia!«, rief sie. Natürlic h – wer sonst hätte einen Hirsch geschickt, um sie abzuholen?
    Cordelia winkte und lief ihr entgegen.
    Der Hirsch

Weitere Kostenlose Bücher