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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Gesicht des Knirpses, und die Schüsse hallten in dem geschlossenen Raum wie Donner.
    Minerva war außer sich vor Wut. Sie begann zu schreien, lange bevor irgendwer sie hören konnte. »Verschwinden Sie, Kong. Raus!«
    Das schrie sie immer wieder, oder jedenfalls etwas in diesem Sinne, bis das Summen in den Ohren der anderen nachließ. Als Minerva begriff, dass Kong ihren Befehl ignorierte, wechselte sie zu Taiwanesisch.
    »Ich habe meinem Vater davon abgeraten, Sie einzustellen. Sie sind ein aufbrausender und gewalttätiger Mann. Wir führen hier ein wissenschaftliches Experiment durch. Dieser Dämon nützt mir überhaupt nichts, wenn er tot ist, haben Sie das verstanden, Sie Hitzkopf? Ich möchte mich mit unserem Gast unterhalten, und deshalb werden Sie jetzt gehen, da Sie ihm offensichtlich Angst einjagen. Verlassen Sie den Raum, sonst ist Ihr Vertrag das Papier nicht wert, auf dem er steht.«
    Kong rieb sich den Nasenrücken. Er brauchte sämtliche Geduldsreserven, um diese kleine Nervensäge nicht augenblicklich abzuschießen. Selbst wenn er dann ihren Wachtrupp am Hals hätte. Doch es wäre idiotisch, alles aufs Spiel zu setzen, nur weil er unfähig war, sich noch ein paar Stunden zu beherrschen. Fürs Erste würde er sich mit einer weiteren Unverschämtheit begnügen.
    Kong zog einen kleinen Spiegel aus der Hosentasche und zupfte die gegelten Haarsträhnen zurecht. »Gut, ich gehe, kleines Mädchen, aber pass auf, wie du mit mir redest. Du könntest es sonst bedauern.«
    Minerva zog nur die Augenbrauen hoch. »Was Sie nicht sagen.«
    Kong steckte den Spiegel ein, zwinkerte Nr. 1 zu und verschwand.
    Nr. 1 fand das Zwinkern alles andere als vertrauenerweckend. In der Dämonenwelt zwinkerte man seinem Gegner in der Schlacht zu. Damit gab man ihm zu verstehen, dass man vorhatte, ihn als Nächsten zu töten. Und Nr. 1 hatte ganz deutlich den Eindruck, dass der stachelhaarige Menschenmann genau dies im Sinn hatte.
    Minerva seufzte, hielt einen Moment inne, um sich zu beruhigen, und widmete sich dann wieder der Befragung ihres Gefangenen. »Fangen wir von vorne an. Wie heißt du?«
    Nr. 1 nahm an, dass er diese Frage unbesorgt beantworten konnte. »Ich habe keinen richtigen Namen, weil ich noch nicht gekrampft habe. Früher hat mich das ganz schön gequält, aber jetzt habe ich wohl andere Sorgen.«
    Minerva erkannte, dass sie ihre Fragen eindeutiger formulieren musste. »Wie nennen die anderen dich?«
    »Welche anderen? Die Menschen? Oder die Dämonen?«
    »Die Dämonen.«
    »Ach so... Sie nennen mich Nummer Eins.«
    »Nummer Eins?«
    »Genau. Es ist kein toller Name, aber einen anderen habe ich nicht. Und ich tröste mich damit, dass es immer noch besser ist als Nummer Zwei.«
    »Aha. Nun, Nummer Eins, ich nehme an, du möchtest wissen, was hier vorgeht.«
    Nr. 1 sah sie mit großen, flehenden Augen an. »Ja, bitte.«
    »Gut.« Minerva setzte sich ihrem Gefangenen gegenüber hin. »Vor zwei Jahren ist einer von eurem Rudel hier aufgetaucht. Einfach so, mitten in der Nacht, auf der Statue von D'Artagnan im Innenhof. Er hatte Glück, dass er nicht aufgespießt wurde. D'Artagnans Schwert hat ihm den Arm durchbohrt. Die Spitze ist abgebrochen und in der Wunde stecken geblieben.«
    »War das Schwert aus Silber?«, fragte Nr. 1.
    »Ja, ganz recht. Später haben wir natürlich begriffen, dass das Silber ihn in unserer Dimension verankert hat, denn normalerweise wäre er ja in die eigene zurückgesogen worden. Dieser Dämon war niemand anders als Abbot. Meine Eltern wollten erst die gendarmes rufen, aber ich überredete sie, das arme, halb tote Wesen ins Haus zu tragen. Papa hat hier einen kleinen OP-Saal, für besonders öffentlichkeitsscheue Kunden. Er hat Abbots Brandwunden behandelt, aber die silberne Spitze haben wir erst ein paar Wochen später bemerkt, als die Wunde sich entzündete und Papa die Stelle geröntgt hat. Es war spannend, Abbot zu beobachten. In der ersten Zeit verfiel er jedes Mal in geradezu psychotische Raserei, sobald sich ihm ein Mensch näherte. Er wollte uns alle töten und schwor, seine Armee würde kommen und die gesamte Menschheit auslöschen. Er führte lange Streitgespräche mit sich selbst. Das war nicht nur wie bei einer gespaltenen Persönlichkeit, es war, als steckten zwei Wesen in einem Körper. Ein Krieger und ein Wissenschaftler. Der Krieger raste und schlug um sich, dann schrieb der Wissenschaftler Formeln an die Wand. Ich wusste, dass ich auf etwas Wichtiges gestoßen war. Etwas

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